„Der nächste bitte“ Digitalisierung in Arztpraxen sollte verschreibungspflichtig sein

E-Rezepte, elektronische Patientenakte, Online-Terminbuchungen und Videosprechstunden: der Markt für digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) hat sich 2023 auf rund 125 Mio. Euro verdoppelt. Aber es knirscht und ächzt im IT-Getriebe. Zwei Drittel der Arztpraxen beklagt regelmäßig technische Probleme und das Gesundheitswesen gerät immer öfter mit Cyberangriffen in die Schlagzeilen.

Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) hat deshalb aktuell die Arztpraxen in den Fokus von zwei Studien gerückt. Denn im Gegensatz zum zentralen IT-Knotenpunkt, der so genannten Telematikinfrastruktur (TI), werden die Praxen nicht kontrolliert, obwohl sie mit sensiblen und personenbezogenen Patientendaten direkt an den Knotenpunkt angeschlossen sind.

In einer deutschlandweiten Umfrage wurde erhoben, wie die IT-Sicherheitsrichtlinie umgesetzt wird. Das Ergebnis: Zwei Drittel der Befragten setzen die Richtlinie nicht vollständig um. 10 Prozent gaben an, bereits mindestens einmal von einem IT-Sicherheitsvorfall betroffen gewesen zu sein. Parallel wurde in einigen Praxen eine Umfrage zu Cyberrisikofaktoren und Angriffsmöglichkeiten erfasst.

Dabei kamen teils schwerwiegende Sicherheitsmängel an den Tag: unzureichender Schutz vor Schadsoftware, mangelndes Patchmanagement und fehlende Back-ups. Außerdem hatte keine der Praxen eine Festplattenverschlüsselung für sensible Patientendaten.

Für Maximilian Reisch, den geschäftsführenden Inhaber von nobocom, sind die Ergebnisse der Studie keine Überraschung. Das Unternehmen mit Sitz in Mönchengladbach ist spezialisiert auf IT-Lösungen für Medizin und Business. Die Hard- und Software, auf die er und seine Mitarbeiter in Arztpraxen treffen, stammt entwicklungstechnisch teilweise noch aus den 90-er Jahren. „Und das Faxgerät ist immer noch präsent. Viele fragen als erstes: Was machen wir denn mit dem Fax?“, berichtet Reisch. Die Ergebnisse der BSI-Studien kann Reisch nur untermauern: „Die IT-Security wird oft vernachlässigt. Nicht selten gibt es keine Antivirenprogramme und als Firewall dient die gute alte Fritz-Box, von der jeder weiß, dass sie keine ist.“

„Die IT-Security wird oft vernachlässigt. Nicht selten gibt es keine Antivirenprogramme und als Firewall dient die gute alte Fritz-Box, von der jeder weiß, dass sie keine ist.“

Maximilian Reisch

Geschäftsführer, Nobocom

Der Unternehmer Maximilian Reisch hält das geradezu für fahrlässig, denn es geht um personenbezogene Daten von Patientinnen und Patienten. „Viele Praxisinhaber wissen nicht, dass sie im Falle eines Datenlecks oder eines Cyberangriffs persönlich und unmittelbar haften.“ Deshalb sollte eine Cyber-Security-Versicherung genauso selbstverständlich sein wie eine Gebäudeversicherung. Wer nachweisen kann, dass er alles technisch Mögliche getan hat und auch das Praxisteam geschult hat, steht im Versicherungsfall immer besser da. Das steht und fällt jedoch mit einer ganzheitlichen IT-Sicherheit. nobocom setzt dabei auf Hard- und Software made in Germany. Hersteller, Lieferanten, Server und Rechenzentren sind in Deutschland. „Wir legen großen Wert auf regionale Nähe und bieten unseren Kunden einen Service vor Ort mit entsprechenden Wartungsverträgen.“

Die volldigitale Praxis
Maximilian Reisch kennt das Business und die IT-Landschaft seit seinem Betriebswirtschaftsstudium an der Hochschule Niederrhein in Mönchengladbach. Noch während des Studiums fing er an Facharztpraxen und radiologische Einrichtungen softwaretechnisch zu beraten und zu versorgen – Kunden, die ihm bis heute treu geblieben sind. 2005 gründete er die nobocom GmbH, die mit sieben Fachinformatikern und einem Softwareentwickler für den digitalen Workflow sorgt. Radiologische Einrichtungen und Facharztpraxen machen ungefähr die Hälfte seines Geschäfts aus. Die andere Hälfte sind gewerbliche Kunden sowie Gesellschaften der öffentlichen Hand und so datensensible Unternehmen wie der Flughafen Mönchengladbach.

„Viele Praxisinhaber wissen nicht, dass sie im Falle eines Datenlecks oder eines Cyberangriffs persönlich und unmittelbar haften.“

Maximilian Reisch

Geschäftsführer, Nobocom

Bei den Facharztpraxen basiert der digitale Workflow auf einer individuellen und leicht bedienbaren Praxisverwaltungssoftware für alle Fachrichtungen. „Sie ist das Herzstück, auf dem alles andere aufbaut.“ Gerade hat das Unternehmen das neu gebaute MRT-Zentrum am Borussia-Park in Mönchengladbach hard- und softwaretechnisch ausgestattet und vernetzt. Dazu gehören ein effektives Praxismanagement mit einem geringeren Dokumentations- und Abrechnungsaufwand, die Befundung, die Organisation der Telefonzentrale über eine sichere IP-Telefonie sowie die Online-Terminkalender-Vergabe mit Doctolib.

„Dragon ist die Siri für Mediziner. Diese Spracherkennungssoftware beherrscht das medizinische Fachvokabular. Es gibt Praxen, die diktieren alles digital bei einer Fehlerquote von ein bis drei Prozent.“

Maximilian Reisch

Geschäftsführer, Nobocom

Eigene Software
Nicht ohne Stolz verweist der Geschäftsführer auf zwei Erfindungen seiner Softwareschmiede: auf Onkys, mit der die Ärzte eine Tumordokumentation und Krebsregistermeldung auf Knopfdruck haben sowie die Anbindung an Chemotherapieplanungstools. Ein weiteres USP auf dem Markt bietet das Unternehmen mit seiner zweiten Erfindung Econtys. „Diese zeigt tagesaktuell sämtliche Prozess- und Wirtschaftskennzahlen an und ist in der Lage alle Standorte zum Beispiel eines Praxisverbundes abzubilden“, erklärt Reisch, dem es bei allen Prozessen immer ums große Ganze geht. Wie wirtschaftlich eine volldigitale Praxis ist, merken die Kunden nach der Digitalisierung. „So musste die Stelle einer Mitarbeiterin, die in Rente ging, nach der Prozessverschlankung nicht mehr neu besetzt werden. Und in allen Praxen freuen die Mitarbeiter sich, wenn sie nicht mehr zwei Stunden in der Woche am Faxgerät stehen müssen.“ Fürs digitale Faxen sorgt eine Software, die das analoge Faxsignal umwandelt und gefaxte Dokumente digital der jeweiligen Patientenakte zuordnet.

Laut BSI-Präsidentin Claudia Plattner könnten viele Sicherheitsmängel in den Arztpraxen schnell und ressourcenschonend behoben werden. Den festen Schulterschluss zwischen allen Akteuren, den sie fordert, um die Digitalisierung des Gesundheitswesens weiter voranzutreiben, bietet nobocom Facharztpraxen und radiologischen Einrichtungen bereits seit über 20 Jahren. Für Maximilian Reisch ist das der Dreh- und Angelpunkt: „Die IT muss einfach laufen. Es geht auch um Menschenleben, um die Versorgung der Patienten.“

Keine IT-von der Stange
Ein 14-köpfiges Team managt den digitalen Workflow, der aus Hardware, Software, einem 24-Stunden-Monitoring und einem persönlichen Service rund um die Praxis-IT besteht. Kasten Maximilian Reisch Der Österreicher wurde in Neuwerk geboren und wohnt mit seiner Ehefrau in Viersen, die beiden Kinder sind mittlerweile flügge. Reisch fährt leidenschaftlich gern Motorrad, spielt Golf und segelt. Sein Herz schlägt für den mittleren Niederrhein. Der Unternehmer ist auch Mitglied beim BVMW und bewegt viel am Wirtschaftsstandort. Als Rotarier organisiert er nicht nur Veranstaltungen wie den Nierslauf, um zwei Sportplätze zu bauen, sondern steht selber am Start.

„Alle Praxen haben Fachkräftemangel. Jede Effizienzsteigerung ist essentiell und reduziert den wirtschaftlichen Druck.“

Maximilian Reisch

Geschäftsführer, Nobocom

Maximilian Reisch
Der Österreicher wurde in Neuwerk geboren und wohnt mit seiner Ehefrau in Viersen, die beiden Kinder sind mittlerweile flügge. Reisch fährt leidenschaftlich gern Motorrad, spielt Golf und segelt. Sein Herz schlägt für den mittleren Niederrhein. Der Unternehmer ist auch Mitglied beim BVMW und bewegt viel am Wirtschaftsstandort. Als Rotarier organisiert er nicht nur Veranstaltungen wie den Nierslauf, um zwei Sportplätze zu bauen, sondern steht selber am Start.

Pin It on Pinterest