Ein Abschied, der das Leben feiert

Ein helles, warmes Büro mit Backsteinwänden auf der Schirmerstraße in Pempelfort. Keine Traueranzeigen im Schaufenster, keine Engel, kein Sarg, keine Urne. Drinnen sitzen Marie Thiermann und Diana Kampschulte, zwei junge Frauen, die nicht wie klassische Bestatterinnen aussehen. „Stimmt, viele Menschen kommen zu uns rein und fragen, was wir eigentlich machen und ob wir eine Kreativschmiede sind“, lacht Marie Thiermann.

 Im Januar 2022 öffnete lebenslicht seine Pforten und steht für eine neue Form des Abschiednehmens: individuell, kreativ und voller Leben. Statt von Trauerfeiern sprechen die beiden Gründerinnen auch von Lebensfeiern und sind damit in Düsseldorf und im Umfeld die einzigen. „Wir gestalten Abschiede so, wie sie zu den Verstorbenen und ihren Angehörigen passen“, erklärt Diana Kampschulte.

Kennengelernt haben sich die beiden Frauen im August 2019, als die Diplom-Designerin Marie Thiermann nach einer Ausbildung zur Trauerbegleiterin ein Praktikum bei der Bestatterin Diana Kampschulte machte. Kampschulte war eine der ersten, die eine Ausbildung zur Bestattungsfachkraft, die es in Deutschland erst seit 2003 gibt, absolvierte. Sie sind überzeugt, dass sich die Bestattungsbranche im Umbruch befindet: „Früher war alles starr und uniform. Heute fragen die Menschen: Was passt zu uns? Was passt zu ihm oder ihr?“

Fotos: Johanne Tönnies

„Der Verlust schmerzt, aber es ist schön zu sehen, was der Verstorbene alles hinterlassen hat.“
Diana Kampschulte, Inhaberin Lebenslicht

|

Dörte Berendes-Schaefer

Marie Thiermann

ist vor vier Monaten Mutter geworden, treibt Fitness, macht Yoga und
liebt lesen. Die Familienarbeit teilt sie sich mit ihrem Mann Nils Thiermann, der bei  lebenslicht  die Trauerbegleitung anbietet und außerdem die DEG coacht. Beide gehen gerne zum Essen.

Lebenswege prägen Abschiede

Die beiden hatten sich zwar nicht gesucht, aber gefunden – und die Idee, sich als Bestatterinnen selbstständig zu machen, ergab sich wie von selbst, Ende 2021 gründeten sie lebenslicht. Eine der ersten Lebensfeiern für einen Verstorbenen fand in einer Eventhöhle im Neandertal statt mit einem Kranz aus Steinen und Farn. Es folgten Lebensfeiern in dem Atelier einer Künstlerin, in einer irischen Kneipe und in einer Reithalle. „Der Verstorbene wollte, dass sein Pferd dabei sein sollte und da war es einfacher zum Pferd zu gehen. Auch seine Hunde konnten dabei sein“, erinnert sich Marie Thiermann.

Also ist lebenslicht ein Bestattungsunternehmen für ungewöhnliche Locations und eine eher jüngere Klientel? „Keineswegs“, so die beiden Unternehmerinnen, die auch schon über 90-Jährige begleitet haben. Es muss nicht bunt und fancy sein, wichtig sei, dass es zum Verstorbenen passe. Die Locations müssten auch nicht teuer sein, man könne auch zu Hause oder im eigenen Garten feiern. Auch traditionelle Erdbestattungen in der Kapelle mit Pfarrer und Exequien begleiten sie. „Ein Pfarrer hat gerade zu mir gesagt: Wenn ich mit euch zusammenarbeite, weiß ich, dass es schön wird und ich sehe, wie gut eure Arbeit den Angehörigen tut“, erzählt Diana Kampschulte.

„Unsere Feiern sind so individuell wie die Menschen selbst.“
Marie Thiermann, Inhaberin Lebenslicht

|

Dörte Berendes-Schaefer

Diana Kampschulte

tanzt und trainiert eine Jazz-Modern-Dance-Gruppe, die in der zweiten Bundesliga tanzt. Sie ist im Vorstand der Bürgerstiftung Erkrath. Gemeinsam mit ihrem Mann teilen auch sie sich die Familienarbeit mit den beiden Töchtern (zwei und vier Jahre). Die beiden lieben es zu kochen.

Abschiednehmen ist wichtig, um den Verlust  eines geliebten Menschen zu verarbeiten.

Abschied ohne Schablonen

Dieser Ansatz zeigt sich auch in der Mitarbeit der Angehörigen: Ob das Bemalen von Särgen, das Gestalten der Karte oder das Dekorieren der Urne mit getrockneten Blüten aus dem eigenen Garten – jede Form der Beteiligung am Abschied ist möglich und erwünscht. „Das gibt den Trauernden ein Gefühl der Kontrolle zurück“, erklärt Marie. „Es ist eine Art der Trauerarbeit, die wir begleiten.“  Einige Angehörigen möchten beim Waschen der Verstorbenen dabei sein, auch wenn sie nur die Strümpfe anziehen. Andere malen einen Sternenhimmel in das Innere des Sarges. Extra berechnet wird die Arbeit an der Werkbank zur Verzierung von Sarg oder Urne nicht, stattdessen gibt es Raum, Material, Zeit und Unterstützung vom mittlerweile fünfköpfigen Team.

Wie die Feier und die Beisetzung aussehen sollen, dafür erarbeiten die Unternehmerinnen mit ihrem Team nach einem zweistündigen Gespräch ein Konzept, einen roten Faden. Dieser findet sich wieder im individuellen Kartendesign, bei der Lebensfeier, in der Trauerrede, der Beisetzung und in der Dekoration. Bei den Lebensfeiern ist das Team von lebenslicht mit vor Ort, baut auf und ab, dekoriert und gestaltet Erinnerungen zum Mitnehmen. Auch ein seelisches Testament kann man bei lebenslicht hinterlassen. Marie Thiermann besuchte Sterbende im Hospiz, die Botschaften für die Hinterbliebenen hatten.

Die Preise für die Dienstleistungen sind transparent auf der Website zu finden, auch das unterscheidet lebenslicht von anderen Unternehmen in diesem Dienstleistungssektor. Ab März 2025 erweitert das Unternehmen seine Räumlichkeiten um 150 Quadratmeter. Mehr Platz für das Besondere. „Wir wollen das Leben feiern – auch, wenn es endet.“

Pin It on Pinterest