Wie eine eingeschlagene Autoscheibe dabei half, mein Pferd zu retten
Nein, ein Pferd gehört nicht in ein Auto und passt auch gar nicht hinein, sei das Pferd noch so klein und das Auto noch so groß. Mein Pferd musste daher auch nicht wie manche Hunde im Sommer, die bei Hitze allein im Auto zurückgelassen werden, durch eine eingeschlagene Autoscheibe gerettet werden. Es war ganz anders. Um die Geschichte hinter der Überschrift zu erzählen, muss ich aber etwas ausholen …
Alexandra von Hirschfeld und ihr Pferd Chablis
Der Autoeinbruch
Ich bin ein sehr tierlieber Mensch und neben Pferden habe ich auch zwei Hunde. Mit diesen wollte ich abends vor der Dämmerung auf dem Weg zum Stall noch einen Spaziergang im Wald machen. Ich parkte mein Auto am Waldrand und da mir meine Schultertasche beim Spazierengehen lästig war, ließ sich sie im Fußraum meines Autos zurück. Als ich nach rund einer halben Stunde zurückkehrte, sah ich schon von weitem, dass das fatal leichtsinnig gewesen war. Auf der Beifahrerseite klaffte ein Loch, wo eigentlich die Autoscheibe hätte sein müssen. Scheibe eingeschlagen, Handtasche gestohlen – der Klassiker. Alles weg, Portemonnaie, Scheckkarten, Ausweis, Autopapiere und Haustürschlüssel. Zum Glück hatte ich mein Handy in der Jackentasche und konnte direkt die EC-Karten sperren lassen.
Wenn es zu einem solchen Schadenfall gekommen ist, stellt man bei der Regulierung schnell fest, ob man gut versichert ist. In meinem Fall läpperten sich die Kosten auf eine Summe von nahezu 10.000 Euro, denn die Haustürschlüssel gehörten zur Schließanlage eines Mehrfamilienhauses, die infolgedessen ausgetauscht werden musste. Dazu kamen noch die Streitereien mit der Hausgemeinschaft, die „not amused“ war.
Stress mit der Versicherung
Früher hatte ich alle meine Versicherungen in einer Hand bei einer Allianz-Vertretung. Doch dann machte sich mein Versicherungsbetreuer als freier Makler unabhängig und ich blieb ihm als langjährige Kundin treu, so dass ich jetzt Verträge mit vielen verschiedenen Versicherungsgesellschaften hatte. Aus heutiger Sicht ein Fehler. Einzig meine Tierversicherungen hatte ich bei der auf Tiere spezialisierten Allianz-Agentur von Romanus Lüke abgeschlossen. Hier gab es auch niemals Schwierigkeiten bei der Schadenregulierung. Nach der negativen Erfahrung mit dem Autofenster beschloss ich also, alle meine Versicherungen auf den Prüfstand zu stellen und zur Allianz zurückzukehren. In diesem Zug erweiterte ich auch die bestehende Tier-Versicherung bei der Allianz auf eine Tierkrankenversicherung für Pferde mit integrierter OP-Versicherung.
Ein halbes Jahr verging, das Ereignis mit dem Autofenster war längst vergessen, als mein Pferd, ein wunderschöner achtjähriger Holsteiner Schimmel namens Chablis, plötzlich krank wurde. Er scharrte mit den Hufen, warf sich immer wieder auf den Boden und zeigte so an, dass er starke Schmerzen hatte. Es war eine Kolik, eine für Pferde unter Umständen tödliche Krankheit. Ich benachrichtigte meine Tierärztin, die mir nach eingehender Untersuchung empfahl, das Pferd direkt in eine Pferdeklinik zu bringen, da sich der Darm verlagert hatte. Ich brachte Chablis also in die Pferdeklinik Leichlingen. Die Ultraschalluntersuchung vorort bestätigte die Diagnose einer Darmverlagerung.
Kolik-Operation: besser als ihr Ruf
Die Ärztin erklärte mir, es sei möglich, dass der Darm von allein wieder in die richtige Lage zurückrutsche, anderenfalls müsse das Pferd operiert werden – ob ich dazu mein Einverständnis geben würde? Ich war zunächst schockiert. Eine Kolik-OP ist unter Pferdefreunden noch immer ein Schreckgespenst. Früher hieß es immer, die meisten Pferde würden eine solche Operation nicht überstehen oder sich davon nie wieder richtig erholen. Diese Ansichten sind aus meiner heutigen Erfahrung längst überholt. Natürlich zählt eine Kolik-Operation zu den schwersten Operationen in der Pferdemedizin – und ist für das Pferd ein tiefgreifender Eingriff, der auch zu nachfolgenden Komplikationen führen kann, jedoch belegen aktuelle Studien, dass rund 80 Prozent der operierten Pferde sich davon erholen und als geheilt aus der Klinik entlassen werden können. Ein hoher Anteil an Pferden, schafft es auch wieder zurück in den Turniersport: Vier von fünf entlassenen Pferden (83,7 %) gelang ein erfolgreiches Comeback in ihrer vorherigen bzw. angestrebten Disziplin.
Doch zum damaligen Zeitpunkt hatte ich große Angst mein Pferd, das für mich mehr als nur ein Sportpferd, sondern ein geliebtes Familienmitglied ist, zu verlieren. Entsprechend kullerten die Tränen. Die diensthabende Veterinärin klärte mich umfassend auf und konnte mir so einen Teil meiner Angst nehmen. Insgesamt war die Prognose für einen erfolgreichen Ausgang einer potenziell nötigen Operation sehr gut, da wir frühzeitig in die Klinik gekommen waren.
Die erste Kolik-Operation
Ich erklärte mich für den Fall des Falles mit einer Kolik-Operation einverstanden und überließ mein Pferd zunächst der Obhut der Ärzte und Pfleger der Pferdeklinik Leichlingen, die sich telefonisch bei mir melden wollten. Zu Hause angekommen, begann das Warten. Dann kam der Telefonanruf aus der Klinik – und ja Chablis musste operiert werden. Das OP-Team bereitete schon alles vor. Nach mehreren Stunden folgte die erlösende Nachricht: Die Operation war gut verlaufen, Chablis stand bereits wieder in seiner Box. Als ich ihn am nächsten Tag in der Pferdeklinik Leichlingen besuchte, fand ich ihn bestens versorgt vor. Er ließ zwar den Kopf hängen und man sah ihm an, dass der Eingriff ihn stark mitgenommen hatte, doch er machte einen stabilen Eindruck.
Eine Kolik-Operation dauert im Schnitt zwei bis vier Stunden. Bei der Operation musste Chablis‘ Bauch aufgeschnitten werden und der Darm vorsichtig entnommen werden. Verstopfungen, die sich gebildet haten, wurden sanft ausmassiert und der Darm wieder an der richtigen Stelle positioniert. Dann wurde der Bauch wieder verschlossen. Die Bauchnaht, die ja direkt nach der Operation wieder das volle Gewicht der inneren Organe tragen muss, sah sehr gut aus. Über einen Tropf wurde Chablis mit Flüssigkeit, Antibiotika und Schmerzmitteln versorgt. Bei einem reibungslosen Verlauf werden die vierbeinigen Patienten meist nach circa einer Woche nach Hause entlassen.
Unerwartete Komplikationen
Leider litt Chablis unter Verstopfungen und kolikte immer wieder, so dass er deutlich länger in der Klinik bleiben musste. Doch nach über zwei Wochen Boxenruhe war er endlich symptomfrei und durfte nach Hause. Die erste Nacht zu Hause verlief ereignislos. Das böse Erwachen kam während des folgenden Nachmittags. Wieder wälzte sich Chablis unter Schmerzen hin und her und schaute immer wieder zu seinem Bauch. Wir brachten ihn zurück in die Klinik.
Die zweite Kolik-OP
Ich war schon mit den Nerven am Ende, als wir durch das Tor der Notaufnahme fuhren. Nach der Untersuchung, die ergab, dass sich der Darm erneut verlagert hatte, war ich dann am Boden zerstört. Was nun? Eine zweite Kolik-Operation mit unklarem Ausgang? Ich war mir nicht sicher, ob ich dem Pferd und mir das noch einmal zumuten konnte. Der Tierarzt, der ihn untersucht hatte, sagte, dass Chablis ggf. erneut operiert werden müsse, wenn sich der Darm nicht von allein zurückbewege. Niedergeschlagen ließ ich ihn in der Betreuung der Klinik zurück und war mir ziemlich sicher, dass ich ihn „gehen lassen würde“, sollte das Schlimmste eintreten. Auch am nächsten Morgen hatte sich noch nichts geändert. Ich hatte über Nacht schon meine Entscheidung gegen eine zweite Operation getroffen und gab Chablis einen Kuss auf die Nüstern. Da wieherte er mich plötzlich so laut an, dass ich ein paar Schritte zurückweichen musste. Dieses Wiehern sagte eindeutig: „Ich will leben!“ Meine Entscheidung geriet ins Wanken. Ich tauschte mich noch einmal intensiv mit der Ärztin aus, die mir sagte, er habe gute Chancen, er sei noch jung und stark und habe die erste Operation auch gut weggesteckt. Abschließend sagte sie: „Er ist so ein tolles Pferd, wenn es meiner wäre, würde ich es machen.“ Daraufhin gab ich die Einwilligung zu einer zweiten Kolik-Operation.
Ein letzter Kuss zum Abschied? Nein Chablis wollte leben.
Die Rettung
Auch die zweite Operation hatte Chablis gut überstanden. Während ich am nächsten Tag ein deutlich mitgenommenes Pferd erwartet hatte, wirkte er auf mich vor allem eins: erleichtert, so als wollte er sagen: „Endlich habt ihr alles in meinem Bauch repariert!“ Der Darm hatte sich nicht nur verlagert, sondern seitlich an der Bauchwand verklebt. „Die Operation war goldrichtig“, sagte die Ärztin.“ Chablis musste zur Sicherheit noch zwei weitere Wochen in der Pferdeklinik Leichlingen bleiben und wurde vom Sorgenkind zum Liebling der Intensivstation. Durch die gute Betreuung – sein Zustand wurde im Stundentakt kontrolliert, täglich wurde sein Darm leicht bewegt und stimuliert – erholte sich Chablis sehr gut. Zum Glück heilte auch die zweite Bauchnaht perfekt aus. Als ich ihn dann endlich kurz vor Weihnachten 2022 abholen durfte, war das mein schönstes Geschenk.
Auch zu Hause im Stall zeigte er sich völlig unauffällig und durfte nach einer weiteren Woche Boxenruhe das erste Mal fünf Minuten an der Hand geführt werden. Mittlerweile bin ich bereits dabei ihn wieder anzutrainieren. Ich hoffe, dass er bis zum Frühsommer in seine alte Form zurückfindet. Was für ein Glück.
Ein großes Glück war auch, dass ich mir während dieser ganzen schweren Zeit zumindest über eine Sache keine Sorgen machen musste, nämlich wie ich die Operationen und den Klinikaufenthalt inklusive Nachsorge finanzieren soll. Denn nach dem Erlebnis mit der eingeschlagenen Autoscheibe hatte ich ja bereits die Pferdekrankenversicherung inklusive OP-Versicherung bei der Allianz abgeschlossen. Die Kosten, die durch die zwei Operationen entstanden sind, waren im höheren fünfstelligen Bereich und wurden bis auf wenige Euro komplett und völlig unproblematisch von der Versicherung übernommen.
Manchmal ist es so im Leben, dass sich eine auf den ersten Blick negative Erfahrung in etwas Gutes verwandelt. So sorgte letztlich die eingeschlagene Scheibe dafür, dass mein Pferd gerettet werden.