Seit mehr als zwei Jahrzehnten lebt Volker Hanke in New York und führt als Tourguide deutschsprachige und internationale Besucher durch die Stadt, die niemals schläft. Seine Walking-Tours sind bekannt für persönliche Eindrücke abseits der üblichen Touristenpfade. „Ich wollte meinen Besuchern immer etwas Persönliches bieten – Lieblingsorte, Geheimtipps und echte Geschichten aus dem New Yorker Alltag“, erzählt er. Auch Düsseldorf ist ein zentraler Punkt in seinem Leben: „Ich lande immer in Düsseldorf, wenn ich nach Deutschland fliege. Wahrscheinlich bin ich der Mensch mit den meisten Transatlantikflügen zwischen Düsseldorf und New York.“
Fotos: Bernd Obermann, New York, N.Y.
Was fasziniert dich an New York?
New York ist unglaublich vielseitig. Du hast gigantische Wolkenkratzer und Straßenschluchten, aber auch kleine charmante Viertel wie Greenwich Village. Der Central Park ist eine grüne Oase und du kannst mit der U-Bahn sogar zum Strand fahren. Außerdem ist die Stadt ein Schmelztiegel. Es gibt zig verschiedene Zeitungen auf Chinesisch, Spanisch oder Italienisch – New York ist eine eigene Welt.
Wie hat sich deine Arbeit als Tourguide unter Trump verändert?
Während der ersten Amtszeit kamen deutlich weniger Besucher aus Deutschland. Sie wollten nicht in ein Land reisen, das unter einem solchen Präsidenten stand. Unter Obama hatten wir einen richtigen Boom, weil er in Deutschland so beliebt war. Was jetzt kommt, bleibt noch abzuwarten.
Volker Hanke mit Touristen am Times Square in New York.
„Oft werde ich gefragt: ‚Was ist bei euch los mit Trump?‘ und ich antworte: ‚Was ist denn bei euch los mit der AfD?‘“
Volker Hanke, Tourguide in New York, N.Y.
Was denkst du über Trump und seine Politik?
Trump ist der Inbegriff von Spaltung. Er befeuert Rassismus und hetzt gegen Einwanderer. Seine Kampagnen sind voller Unsinn. Studien belegen, dass Immigranten eine geringere Wahrscheinlichkeit haben, kriminell zu werden als native Amerikaner. Sie arbeiten hart, verkaufen in New York Obst auf der Straße oder kleine Snacks in der U-Bahn. Doch Trump verbreitet das Bild von Verbrechern und Drogenschmugglern.
Sind Fremdenfeindlichkeit und der Rechtsruck in Politik und Gesellschaft ein Symptom unserer Zeit?
Ich denke schon, vor allem aber auch dadurch, dass rechte Politiker noch Öl ins Feuer gießen. Sie nutzen Angst und Spaltung als Werkzeug. Oft werde ich von meinen Kunden gefragt: ‚Was ist bei euch los mit Trump?‘ und ich antworte: ‚Was ist denn bei euch los mit der AfD?‘ Der Mechanismus ist der gleiche: Migranten werden als Sündenböcke herangezogen – ob für wirtschaftliche Probleme, soziale Spannungen oder Kriminalität. Die eigentlichen Herausforderungen wie soziale Gerechtigkeit oder Bildung bleiben ungelöst.
„Trump ist der Inbegriff von Spaltung. Er befeuert Rassismus und hetzt gegen Einwanderer.“
Wie erlebst du den Kulturkampf in den USA?
Trump hat den Kulturkampf auf die Spitze getrieben. Abtreibung, Schwulenhochzeit, Transgender – alles Themen, die künstlich hochgekocht werden, während die eigentlichen Probleme offenbleiben. Es geht darum, die Leute abzulenken. Die Menschen schauen nur noch auf ihr eigenes Portemonnaie. Das gilt übrigens auch für viele Latinos, die selbst oft Einwanderer sind und trotzdem vermehrt Trump gewählt haben. Diese Indifferenz und mangelnde Empathie machen mich fassungslos.
Wie hat sich die gesellschaftliche Stimmung in der Trump-Ära verändert?
Die Spaltung wurde extremer, der Kontrast zwischen Arm und Reich wurde stärker sichtbar, besonders während der Pandemie. Es kam sogar zu Plünderungen und Ausgangssperren. Das hat mich schockiert, obwohl ich schon viel früher damit gerechnet habe. Die Kids sehen auf Social Media Videos von Kim Kardashian in teuren Klamotten und leben selbst in bitterer Armut. Also liegt es nahe, sich die Sachen einfach zu stehlen.
Gibt es in deinem Umfeld Menschen, die Trump positiv sehen?
Ja, einige meiner Bandkollegen, sie mögen ihn zwar nicht, sind aber von den Demokraten enttäuscht. New York bleibt eine liberale Blase, aber es gibt hier mehr Trump-Fans, als man denken würde – einfach weil die Stadt so groß ist.
„Die Demokraten sind auch keine Heiligen. Aber wenn die Alternative der ‚Orange Adolf‘ ist, weiß man, wo die Prioritäten liegen müssen.“
Wie siehst du die Demokraten?
Die sind auch keine Heiligen. Sie taktieren genauso. Aber wenn die Alternative der ‚Orange Adolf‘ ist, weiß man, wo die Prioritäten liegen müssen. Die Demokraten müssen sich klarer positionieren, statt sich auf halbgare Lösungen zu verlassen.
Hast du je überlegt, New York zu verlassen?
Ja, hier alt zu werden, ist kaum möglich – es ist einfach zu teuer. Vielleicht ziehe ich irgendwann nach Ostwestfalen zurück. Düsseldorf wäre natürlich auch eine Option, aber da ist das Leben auch fast so teuer wie in NYC.