Für unsere Ernährung war die Möglichkeit, Lebensmittel dauerhaft tiefzukühlen, eine Revolution in der Küche. In fast 98 Prozent der bundesdeutschen Haushalte befinden sich tiefgefrorene Lebensmittel. Auf jeden Einwohner kommen bei einem Volumen von 2,8 Milliarden Packungen TK-Produkte umgerechnet 33 Packungen pro Jahr. Und von Krise keine Spur: Der Absatz von Tiefkühlkost legte 2021 um 3,1 Prozent auf 3,77 Millionen zu. Erfinder der Tiefkühlkost war der Amerikaner Clarence Birdseye. Er hatte sich die Technik bei den Inuit abgeguckt und festgestellt, dass Fisch und Fleisch nach dem Auftauen so gut schmeckten wie frisch. Über den großen Teich nach Deutschland kamen die ersten Haushaltspackungen von Tiefkühlproduzenten 1955 zur Anuga Messe. 1974 gründete die Milchhof Eiskrem GmbH die eismann Tiefkühl-Service GmbH und läutete damit den Direktvertrieb von Eis, Torten und Tiefkühlkost in Westdeutschland ein. Heute bietet das Unternehmen mit Sitz in Mettmann und sechs Zentrallagern im gesamten Bundesgebiet über 700 Produkte an, die direkt ins Haus geliefert werden. Wir besuchten Elmar Westermeyer, der seit 2020 alleiniger Geschäftsführer von eismann ist, in seinem gut klimatisierten Büro.

„Als Lebensmittel-Lieferdienst haben wir in den letzten Jahren von der hohen Nachfrage profitiert.

Viele Mitarbeiter aus der Gastronomie sind bei uns erfolgreich geworden.“

Elmar Westermeyer, Geschäftsführer eismann

Laut einer aktuellen Studie des Deutschen Tiefkühlinstituts (dti) spielen auch in Krisenzeiten Tiefkühlprodukte in Deutschland eine zunehmende Rolle. Vielverwender greifen 15 Prozent öfter zur Tiefkühlkost. Bei den Jüngeren zwischen 18 und 39 Jahren gaben 17 Prozent an, mehr Tiefkühlkost zu konsumieren. Ein zukunftsträchtiger Markt?

Der Lebensmitteleinzelhandel setzte 2021 rund 2,09 Millionen Tonnen Tiefkühlprodukte um, der Außer Haus Markt 1,68 Millionen Tonnen – mit Trend nach oben. Wir haben in den letzten Jahren gute Geschäfte gemacht und konnten wachsen. Heute beliefern wir rund 700.000 Haushalte. Das Bundesgebiet decken wir mit unseren Eismännern und Eisfrauen zu 95 Prozent ab. Unsere Produkte sind zudem auch im Lebensmitteleinzelhandel erhältlich.

Machen Sie sich damit nicht selber Konkurrenz?

Nein, wir sehen das eher so: Gerade in Ballungsgebieten ist das eine gute Möglichkeit, Kunden unsere Produkte zu präsentieren. Und für die Märkte ist es eine Chance sich damit von ihren Mitbewerbern abheben zu können. Vor allem gängige Artikel wie Süßkartoffelpommes oder Kringelfritten werden gerne genommen, aber auch Spezialitäten wie Tartufo-Eis oder andere exklusive Kreationen.

Wo sitzt denn Ihre Kundschaft und wer ist Ihre Zielgruppe?

Wir sind vor allem im Speckgürtel der Metropolen vertreten. Und wir haben zwei Zielgruppen: Familien, in denen die Eltern die Einkaufszeit sparen und ihren Kindern mittags trotzdem ein leckeres Essen auf den Tisch stellen möchten. Die schätzen die Qualität und die Verfügbarkeit. Unsere zweite Zielgruppe sind die Best Ager, die Gruppe 65 plus, ein wachsender Markt.

$

Wer arbeitet für eismann?

In erster Linie selbstständige Partner. Insgesamt sind das in Deutschland, Italien, Österreich und den Niederlanden 2.300 Menschen. In Deutschland hat das Unternehmen rund 1.400 Mitarbeiter, davon 900 selbstständige Partner und rund 500 Angestellte.

Aber die hätten doch eigentlich Zeit einzukaufen und zu kochen …

Aber nicht alle sind mobil oder verkehrstechnisch gut genug angebunden. Manches ist auch einfach praktischer. Für viele Alleinstehende oder Paare ist es zu aufwändig, einen Kuchen zu backen. Unsere Kuchen und Torten sind vorgeschnitten und lassen sich stückweise auftauen. Was man auch nicht unterschätzen sollte, ist der persönliche Kontakt zum Eismann, der alle drei Wochen zu Besuch kommt und unverbindlich nachfragt, ob Bedarf besteht. Wenn Sie so wollen, gehören wir zur seltenen Spezies der Türverkäufer. Denn das Geschäft besteht nur zu 50 Prozent aus dem Produkt. Die anderen 50 Prozent bringen die Personen auf, die die Ware liefern. Diese genießen häufig großes Vertrauen und werden wie Freunde behandelt. Wir haben Kunden, die für den Eismann einen Schlüssel hinterlegen, wenn sie nicht zu Hause sind. Der Eismann packt alles in die Truhe. Wir haben Eismänner, die seit über 40 Jahren im Unternehmen tätig sind und schon die dritte Generation beliefern. Und auch der Umsatz steht und fällt mit den Eismännern. Es kommt vor, dass ein Eismann in seinem Gebiet durch Freundlichkeit, verkäuferisches Geschick und aktive Neukundenwerbung den Umsatz verfünffacht.

Was verdient man denn als Eismann und was ist mit den Eisfrauen?

Der Anteil der Eisfrauen liegt momentan bei zwei bis drei Prozent, nimmt aber zu. Der Vertrieb ist ein Vollzeitjob und auch körperlich fordernd. Manche Kisten müssen in die fünfte Etage und auch Lkw fahren ist eine Herausforderung. Grundsätzlich hätten wir aber gerne mehr Frauen. Diese sind häufig im Verkaufsgespräch sehr stark. Der Verdienst als selbstständiger Partner ist attraktiv und während Corona noch einmal deutlich gestiegen, weil die Nachfrage einfach unglaublich hoch war. In dieser Zeit gab es Köche, aber auch Servicekräfte aus der Gastronomie und der Hotellerie, die wegen des Lockdowns nicht mehr arbeiten konnten. Die sind dann Eismänner geworden und haben den Kundinnen und Kunden gleich gute Zubereitungstipps gegeben. Viele schätzen ihre Selbstständigkeit und keiner fängt bei null an, sondern mit einem festen Kundenstamm. Trotzdem ist der Arbeitsmarkt für uns eine Herausforderung und wir sind immer auf der Suche.

Wie wichtig ist denn das Segment Eis, das dem Unternehmen vor 48 Jahren den Namen gab?

Eis hat für uns immer noch einen hohen Stellenwert. Eis steht im Katalog und auf unserer Website an erster Stelle. Aber das spiegelt nicht den Umsatz wider. Da liegen die Eisprodukte auf gleicher Höhe mit den Fertiggerichten, Geflügel, Fleisch, Kartoffeln, Beilagen und Gemüse.

Gesünder soll Tiefkühlkost auch sein, ist sie auch besser als die Kochboxen?

Der Vorteil liegt in der lückenlosen Tiefkühlkette. Bei uns kommt die Ware in einer beständigen Qualität an. Im Gemüsebereich ist Tiefkühlkost in puncto Frische, Vitamine und Nährstoffe unschlagbar. Nur wenn Sie Gemüse im Garten ernten und sofort zubereiten, können Sie das toppen.

Warum kocht der österreichische Fernsehkoch Johann Lafer für eismann?

Ich habe ihn einmal persönlich kennengelernt und gefragt. Er hat dann erst einmal 100 Produkte auf ihre Qualität geprüft. Dann hat er mich angerufen und gesagt: „Ich koche für euch.“ Damit hat er die Kochkunst der Steiermark zu uns gebracht. Wir verlosen auch Online-Kochevents mit ihm. Das ist für unsere Kunden ein Mehrwert, wie auch die Rezepte und Geschenkideen.

Wie modern und wie digital ist eismann?

Wir tun sehr viel, um unseren Kunden ein gutes Einkaufserlebnis zu bieten. Unser System mit regelmäßigen Besuchen ist ein reiner Service, es gibt kein Abo und keine Verpflichtung. Wer eine Email-Adresse hinterlegt hat und bargeldlos bezahlt, ist automatisch eismann Plus-Kunde und profitiert von zusätzlichen Angeboten. Weit mehr als die Hälfte unserer Kunden nutzt die App. Und wir haben unsere Eismänner digitalisiert. Sie brauchen jetzt nur ein Fahrzeug und unsere Verkäufer-App, über die sie ihr komplettes Geschäft managen.

Susan Tuchel

 

Wir haben Eismänner,

die seit über 40 Jahren im

Unternehmen tätig sind.“

Elmar Westermeyer, Geschäftsführer eismann

$

Elmar Westermeyer (45)

Er ist ein eismann-Eigengewächs und hat das Business von der Pike auf gelernt. Der gelernte Groß- und Außenhandelskaufmann studierte BWL in Bielefeld und kam als Trainee ins Unternehmen. Er lernte das Haustürgeschäft, Lkw fahren und Karten lesen. „Wir haben eines der besten Trainee-Programme in ganz Deutschland.“ Westermeyer arbeitete sich hoch zum Niederlassungs- und Vertriebsleiter, wurde Vertriebsdirektor, studierte in St. Gallen berufsbegleitend Unternehmensführung. 2020 wurde er alleiniger Geschäftsführer. „Die Mannschaft im Vertrieb vertraut mir. Selbstständige zu führen, ist eine hohe Kunst.“ Westermeyer ist verheiratet, hat drei Kinder und ernährt sich zu 30 Prozent aus der Tiefkühltruhe. Seine Favoriten: Alaska Seelachs, Mini- Schnitzel, schwäbische Eierspätzle, Maultaschen, Himbeertarte und Knusperhörnchen. Unter seiner Führung nahm die Digitalisierung Fahrt auf, Charity-Aktionen sind ihm wichtig. Nachdem er privat für einen Fußballplatz Geld gesammelt hatte, auf dem sich mehrere Generationen tummeln, konnten sich Vereine in diesem Jahr bei eismann für einen Fußballplatz bewerben. 2023 wird der TUS Ahrweiler einen neuen Soccerplatz bekommen. 

Pin It on Pinterest