Dem Darmkrebs zuvorkommen
Prävention rettet jedes Jahr 10.000 Menschenleben

Krebs? Betrifft mich nicht – so die stille Hoffnung. Einen Satz wie „Es tut mir leid, aber wir haben bei Ihnen einen bösartigen Tumor entdeckt“, möchte niemand hören. Eine Krebsdiagnose verändert das Leben von einer Sekunde auf die nächste. Betroffene fühlen sich wie im freien Fall. Rund 493.200 Krebserkrankungen zählt das Deutsche Krebsforschungszentrum jährlich. Davon endeten im Jahr 2022 laut Statista 231.533 Fälle tödlich. Krebs ist nach Herz- Kreislauf-Erkrankungen die zweithäufigste Todesursache – mit Darmkrebs auf Platz zwei bei den Männern, bei den Frauen auf Platz drei. Die gute Nachricht: Bei den über 55-Jährigen sind die Zahlen dank des gesetzlich geregelten Darmkrebs-Früherkennungsprogramms in Deutschland rückläufig.

Über die 10.000 Menschen, denen der Darmkrebs erspart geblieben ist, freut sich Dr. Konstantinos Zarras. Doch sind diese Zahlen für den Chefarzt der Klinik für Viszeral-, Minimalinvasive und Onkologische Chirurgie und Leiter des DarmkrebsZentrums im Marien Hospital in Pempelfort kein Grund für Entwarnung. Der Mediziner verweist auf eine aktuelle epidemiologische Studie der Universität Mailand. Diese geht davon aus, dass in einigen europäischen Ländern mehr Menschen zwischen 25 und 49 Jahren an Darmkrebs sterben werden als je zuvor. Besonders stark soll die Todesrate für 2024 in Großbritannien sein, bei Männern um 26 Prozent ansteigen, bei Frauen sogar um fast 39 Prozent. Wo liegen die Ursachen? Die Autoren der Studie nennen als Schlüsselfaktoren Übergewicht, Fettleibigkeit, Diabetes, Alkoholkonsum und zu wenig körperliche Aktivität. Ihre Empfehlung: das Alter der Darmkrebsfrüherkennung auf 45 Jahre herabzusetzen. In Deutschland können derzeit Männer ab 50 Jahren und Frauen ab 55 Jahren zur Darmkrebsvorsorge gehen.

Der Darm: das größte und komplexeste innere Organ des Menschen

Warum Darmspiegelungen wichtig sind
Stand heute erkranken jedes Jahr rund 54.000 Menschen in Deutschland an Darmkrebs, 20.000 sterben daran. Bei den meisten Patientinnen und Patienten fängt Darmkrebs mit Wucherungen an der Darmwand des Dickdarms an, den meist pilzförmigen Darmpolypen. Die sind in der Regel harmlos, doch besteht die Gefahr, dass sich diese Schleimhautzellen zu Krebszellen entwickeln. „Im Gegensatz zu anderen Krebspräventionen wie zum Beispiel der Mammographie oder der Prostata-Vorsorge kann der Gastroenterologe bei einer Darmspiegelung, der Koloskopie, gleich tätig werden, indem er die Polypen entfernt und anschließend im Labor untersuchen lässt“, erklärt Zarras. Für die Untersuchung wird der gesamte Dickdarm gespiegelt. Das geschieht mithilfe eines ca. anderthalb Meter langen, flexiblen und sehr dünnen Schlauchs, dem Koloskop. Am Ende des Koloskops befinden sich eine Lichtquelle und eine Videokamera. Werden Polypen oder verdächtige Schleimhautstellen entdeckt, werden sie mit einer kleinen Schlinge oder Zange entfernt, die der Arzt durch das Koloskop schiebt. Um eine bessere Sicht bis in die letzten Darmwindungen zu haben, wird während der Untersuchung der Darm mit Luft oder Kohlendioxid geweitet. Die Patienten sind währenddessen leicht sediert. Im Normalfall dauert die Koloskopie 20 bis 30 Minuten. Auch die Darmreinigung durch das Trinken von Elektrolytlösungen und Flüssigkeiten am Vortag und am Tag der Untersuchung hat sich in den letzten Jahren zugunsten der Patienten erheblich reduziert und geschmacklich verbessert.

Darmkrebstag am Schadowplatz
Dr. Zarras und seine Kollegin Dr. Victoria Fernandez-Jesberg, Fachärztin für Chirurgie und Viszeralchirurgie und Koordinatorin DarmkrebsZentrum, würden viel darum geben, wenn sie noch mehr Menschen motivieren könnten, es gar nicht erst zu einem Krankenhausaufenthalt kommen zu lassen. Beide machen sich stark für die Früherkennung und sind froh um jeden, der die Gelegenheit nutzte, am 16. März zum Darmkrebstag am Schadowplatz zu kommen. Den hatte auch in diesem Jahr der VKKD, der Verbund Katholischer Kliniken Düsseldorf, initiiert.

Das Marien Hospital als Mitglied des Klinikverbunds war vor Ort und informierte über Vorsorge- und moderne Behandlungsmöglichkeiten. Das Marien Hospital ist eines von vier zertifizierten Darmkrebszentren in Düsseldorf und außerdem Vorreiter im Gebiet der robotischen Operationen. „Wir kümmern uns maximal und modern um Darmkrebs und haben die viszeralchirurgische Robotik in Düsseldorf etabliert“, so Dr. Zarras. Er operiert mit seinem Team mittlerweile 90 Prozent derDarmkrebserkrankungen mit dem Da Vinci-System. Denn der Roboter ermöglicht dem Chirurgen eine zehnfache Vergrößerung. Hinzu kommt ein Tremorausgleich. „Durch das Zusammenspiel von Mensch und Maschine entsteht eine enorme Präzision und damit auch Sicherheit“, so Zarras.

In England und Holland sind minimalinvasive Eingriffe mit ca. 70 oder sogar 90 Prozent bei Darmoperationen die Regel. Deutschland ist mit 30 Prozent chirurgisch betrachtet ein Entwicklungsland.

Dr. Konstantinos Zarras

Chefarzt der Klinik für Viszeral-, Minimalinvasive und Onkologische Chirurgie und Leiter des DarmkrebsZentrums , Marien Hospital Düsseldorf

Dr. Zarras operiert mit seinem Team mittlerweile 90 Prozent derDarmkrebserkrankungen mit dem Da Vinci-System. Denn der Roboter ermöglicht dem Chirurgen eine zehnfache Vergrößerung. Hinzu kommt ein Tremorausgleich. „Durch das Zusammenspiel von Mensch und Maschine entsteht eine enorme Präzision und damit auch Sicherheit“, so Zarras. 

Zertifiziertes DarmkrebsZentrum
In einer groß angelegten Studie wurde bestätigt, dass bei einer Behandlung in zertifizierten onkologischen Zentren die Überlebenschancen von Krebspatienten größer ist. Die Anforderungen an die Zertifizierung erstellt die Deutsche Krebsgesellschaft (DKG). Die Partner eines Zentrums müssen jährlich nachweisen, dass sie alle Anforderungen und Qualitätsindikatoren erfüllen. „Zertifizierte Darmkrebszentren bieten einen strukturierten und interdisziplinären Ansatz zur Diagnose und Behandlung von Patienten mit Darmkrebs. Durch ein gut koordiniertes Team aus Spezialisten wie Onkologen, Chirurgen, Radiologen und Pathologen wird eine umfassende Versorgung gewährleistet“, so Dr. Victoria Fernandez-Jesberg. „Sollten Sie jemals an Darmkrebs erkranken, kann diese Info für Sie lebenswichtig werden“, ergänzt der Chefarzt im Interview. Das Risiko für Patienten „zu versterben wurde um bis zu 26 Prozent gesenkt, wenn sie in einem zertifizierten Zentrum betreut wurden“, bestätigt Privatdozentin Dr. Simone Wesselmann, DKG-Bereichsleitung Zertifizierung. Das DarmkrebsZentrum im Marien Hospital erhielt die Zertifizierung bereits zum zehnten Mal. „Das hat in gewissem Sinne zu einer Zweiklassenmedizin geführt. Patienten, die sich selber schlau machen, kommen zu uns oder gehen in ein anderes zertifiziertes Darmkrebszentrum“, beschreibt Dr. Fernandez- Jesberg die medizinische Ausgangslage für die Betroffenen.

 Die überwiegende Mehrheit der Darmkrebsfälle entwickelt sich aus dem, was man im Allgemeinen Polypen nennt. Entferne ich die Polypen, lasse ich es erst gar nicht dazu kommen, dass sich daraus Krebszellen entwickeln. 

Dr. Konstantinos Zarras

Dr. Victoria Fernandez-Jesberg, Fachärztin und Koordinatorin des DarmkrebsZentrums, Marien Hospital Düsseldorf

Darmkrebs-Monat März
Am 16. März hatte der VKKD zum Darmkrebstag auf den Schadowplatz eingeladen. Über Circa 400 Menschen kamen und informierten sich. „Der Termin ist ein perfekter Reminder, die Vorsorgeuntersuchungen auch in Anspruch zu nehmen. Natürlich können sich alle ab der Altersgrenze das ganze Jahr über eine Überweisung zum Gastroenterologen geben lassen. Da gibt es auch keine Budgetierung der Hausärzte“, betont Dr. Konstantinos Zarras. Die Koloskopie sollte alle zehn Jahre durchgeführt werden. Bei familiärer Vorbelastung oder je nach Befund alle fünf Jahre.

Wie kann man selbst vorbeugen?
Wie bei den meisten Erkrankungen gibt es auch bei diesem Krankheitsbild ernährungsphysiologische Zusammenhänge. Alkohol, Tabakkonsum, rohes Fleisch und industriell verarbeitete Nahrung, Übergewicht und Fettleibigkeit erhöhen das Risiko ebenso wie zu wenig Bewegung. „Diese Faktoren sind altersunabhängig“, erklärt Dr. Zarras. Aber zugleich sind das die Schrauben, an denen diejenigen drehen können, die womöglich eine genetische Disposition in sich tragen. Hier kommt die Epigenetik ins Spiel, die es ermöglichen kann, den genetischen Code durch den eigenen Lebenswandel „umzuprogrammieren“.

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