Ruben Zepuntke – vom Radsport zum Triathlon

 © Alexander Vejnovic, das-fotostudio-duesseldorf.de

Wir treffen den gebürtigen Düsseldorfer Ruben Zepuntke (29) am Medienhafen. Zwischen seinem dezidiert geplanten Rad- und Lauftraining hat er sich extra ein bisschen Zeit für ein persönliches Gespräch genommen.
Er kommt last minute mit einem verschmitzten Lächeln. „Sorry, ich habe mich bei meinem Radtraining ein bisschen mit der Strecke verschätzt.“ Während unser Fotograph Alexander Vejnovic ein paar Portraitaufnahmen von Ruben macht, kommt zufällig ein Fahrradkurier von den Rotrunners vorbei und fragt, ob er ein Selfi mit Ruben machen kann. Klar kann er.
Holger (49) ist nicht nur ein großer Fan, sondern auch Mitglied im TTD,
Triathlon Team Düsseldorf, dem Heimatverein von Ruben.
Bis 2017 war Ruben Zepuntke als Radprofi erfolgreich, unter anderem im World Tour Team bei Cannondale Drapac, Sunweb und Rabobank. Seit 2019 hat der Sportler sich dem Triathlon verschrieben und zeigt auf der Langdistanz (Ironman: 3,8 km Schwimmen, 180 km Rad und 42,2 km Laufen), dass er noch ganz andere Talente hat. Im Interview verriet uns der Ausnahmesportler, was ihn zum Wechsel bewogen hat und welche Ziele er sich für die Zukunft gesetzt hat.

Wie bist du überhaupt zum Radsport
gekommen?

Als ich 12 Jahre alt war, war ich mit meinen Eltern im Urlaub am Gardasee. Währenddessen ist eine Tour de France-Etappe in Karlsruhe zu Ende gegangen. Wir haben die vielen Leute an der Strecke gesehen und angehalten. Dann habe ich in Sekundenschnelle das Feld vorbeifahren gesehen und war so begeistert von der Geschwindigkeit, dass ich unbedingt Rennrad fahren wollte. Das habe ich dann am Gardasee auch gemacht. Als wir aus dem Urlaub zurückkamen, habe ich mir von meinem Taschengeld mein erstes Rennrad gekauft. Mit U 15, das war mein erstes erfolgreiches Radsport-Jahr, habe ich bereits 30 Radrennen gewonnen. Damals war ich im Verein SG Radschläger Düsseldorf. Mein damaliger Trainer Sascha Grünewald hat mir in den ersten Jahren sehr geholfen. Meine Eltern natürlich auch. Dann wurde ich NRW Meister, kam in die Nationalmannschaft und wollte Deutscher Meister werden. So wuchs dann auch der Wunsch irgendwann Profi zu werden. Das habe ich dann in 2012 geschafft. Beim Team Rabobank wurde ich zuerst Kontinentalprofi. Im Jahr 2015 wurde ich dann World Tour Fahrer, das ist quasi die erste Liga. 

Was war der Grund für deine Abkehr vom Radsport?

Leider bin ich 2016 schwer gestürzt und habe mir einen komplizierten Bruch am Arm zugezogen. Dadurch habe ich keinen Anschlussvertrag mehr bekommen und konnte auch nicht an der Tour de France teilnehmen, die ja 2017 in meiner Heimatstadt Düsseldorf stattfand, obwohl die Tour de France-Teilnahme mit den Sponsoren und dem Team ein langfristig vereinbartes Ziel war. Danach wollte ich unabhängig von Leuten werden, die nur von außen ein Urteil fällen, ohne tatsächlich die Details zu kennen. Ich habe mich immer um ein kollegiales Verhältnis bemüht. Am Ende wurde ich aber von den sportlichen Leitern und dem Management getäuscht. So geht man mit Menschen nicht um. Daher habe ich den Entschluss gefasst, dass ich in einem solchen Team nicht bleiben wollte. Ich möchte mein eigener Chef sein – und das bin ich jetzt.

Also ist der Umgang im Radsport immer noch so schlecht wie sein Ruf?

Es wird auf jeden Fall besser, vor allem in den letzten Jahren hat sich einiges getan. Aber es gibt noch einige Leute, sportliche Leiter etc., die in der Vergangenheit Doping zugegeben haben und diese haben aus meiner Sicht keine gute Einstellung gegenüber den Sportlern. 

Ist Doping denn heute im Radsport immer noch ein Thema?

Ja, aber der Radsport ist definitiv sauber. Wenn nicht sogar eine der saubersten Sportarten der Welt. Dafür lege ich die Hand ins Feuer. Ich bin in der Generation Profi geworden, die von einer starken Aufklärung und neuen Strukturen profitiert haben, die der BDR (Bund deutscher Radfahrer) und die Anti Doping Agentur geschaffen haben. Bei uns jüngeren Radfahrern ist das auch eine Frage der Ehre, dass wir damit nichts zu tun haben wollen. In der Jugend haben wir es schon ohne Doping geschafft, dann schaffen wir es jetzt auch. Natürlich gibt es ab und zu mal ein schwarzes Schaf, vielleicht jemand, der Existenzängste hat und ein Mittel nimmt, um schneller zu sein. Aber solche Sportler fallen sofort auf die Nase, weil die Tests extrem präzise sind. Urinproben werden gespeichert und dann vielleicht nochmal in vier, fünf Jahren analysiert, weil es dann noch bessere Verfahren gibt, um auf andere Dinge zu testen. Bei der Tour de France in diesem Jahr bin ich mir sicher, dass alle sauber waren, die mitgefahren sind. 

Hast du Vorbilder?

Als ich noch jünger war, war Jan Ulrich mein großes Vorbild.

Aber auch das Anti-Vorbild …

Definitiv, dazu gibt es auch eine besondere Geschichte. Im Jahr 2006 startete die Deutschlandtour in Düsseldorf. Ich war bei der Teampräsentation vor Ort, weil ich die Radprofis sehen wollte. Im Vorfeld wurde ich für ein Gewinnspiel auf die Bühne geholt und gefragt, wer mein Lieblings-Radfahrer sei. Ich antwortete: „Jan Ulrich nicht mehr.“ Das wurde dann der Aufmacher für eine große Story in der Süddeutschen Zeitung.

Wohin hat sich der Sport seitdem entwickelt?

Der Sport hat sich in den letzten Jahren sehr verändert. Ich sehe das ja auch im Triathlon, seien es die Carbonschuhe oder Laktatmesser, die alle Sportler jetzt immer dabei haben, um Blutlaktat zu messen und zu wissen, ob man in der richtigen Trainingszone ist. Das hatten wir  vor fünf Jahren noch nicht. Mittlerweile wird durch diese Gadgets, ob Trainingsüberwachung per Uhr, Aufzeichnung des Schlafs usw. der Sport stark professionalisiert. Mein Trainer kann mir schon heute sagen, dass ich in fünf Tagen einen sehr guten Tag haben werde und dann machen wir richtig hartes Training.

Besteht nicht die Gefahr, dass Trainingsdaten gehackt werden?

Ja, das ist auch schon passiert. Es wurden bereits Trainingsplattformen gehackt, um die Daten zu veröffentlichen. Soldaten der US-Army verwendeten z. B. die Plattform Strava für ihr Training und ISIS konnte anhand der Trainingsdaten sehen, wo sie entlang laufen in Afghanistan und konnten zielgenau ihre Bomben platzieren.

 © Ruben Zepuntke, https://zepuntke.com/media

Was begeistert dich am Triathlon?

Mich faszinieren alle Extreme, ob Bergsteigen oder andere Extremsportarten. Da habe ich einen Hang zu. Ich habe immer schon gedacht, wenn ich meine Karriere einmal beende, werde ich mich mit Triathlon fit halten. Das kam dann eher als gedacht. Dann bin ich auch noch einmal Profi geworden, was auch gar nicht so geplant war.

Wie ist es denn dazu gekommen?

Ich dachte mir, ich bin noch viel zu jung, um ganz mit dem Profi-Sport aufzuhören. Die Skills im Radfahren hatte ich bereits, ich bin auch schon deutscher Meister im Einzelzeitfahren geworden. Und Einzelzeitfahren macht man ja auch im Triathlon. Dann habe ich mich für ein paar Triathlon-Wettkämpfe gemeldet und jeden gewonnen, auch vor Bundeliga-Startern, weil ich über sechs Minuten herausholen konnte auf dem Rad nach dem Schwimmen. Beim Laufen bin ich auch gut. Aber woran ich gemerkt habe, dass ich eine echte Chance habe, zurück in die Weltspitze zu kommen, ist, dass ich sehr gut schwimmen kann. Schwimmen und Radfahren sind meine besten Disziplinen. Beim Triathlon komme ich mit der Gruppe der Sportler mit Schwimmhintergrund aus dem Wasser. Im Jahr 2018 habe ich den Ironman Hamburg mit 40 Minuten Vorsprung in der Age Group gewonnen. Dann kamen die ersten Profi-Trainer auf mich zu. Mein erstes Profi-Triathlon-Jahr war 2019. Bei meinem ersten Rennen konnte ich Jan Frodeno (Platz 1 Bestenliste deutscher Triathleten auf der Ironman-Distanz) sehr ärgern. Ich habe ihn sehr lange gejagt, bis kurz vor dem Ziel und bin dann Dritter geworden. Obwohl ich nicht viele Rennen absolviert habe, die auf die Weltrangliste einzahlen, bin ich momentan auf dem 80. Platz. Bei den Weltmeisterschaften in St. George (Utah, USA), für die ich mich qualifiziert habe, möchte ich im Oktober auf der Mitteldistanz (1,9 km Schwimmen, 90 km Rad, 21,2 km Laufen) nochmal richtig angreifen und Weltranglistenpunkte sammeln. Nächstes Jahr beim Ironman Worldchampionchip in Hawaii anzutreten ist mein großes Ziel. Dazu möchte ich mich im November beim Ironman Arizona qualifizieren. 

Andere gehen acht Stunden täglich ins Büro,
wie sieht denn deine durchschnittliche
Trainings- bzw. Arbeitswoche aus?

Ich trainiere zwischen 18 bis 30 Stunden in der Woche. Ich gehe sechs Mal die Woche laufen, fünf bis sechs Mal schwimmen, sechs Mal Radfahren. Manchmal stehen am Tag auch vier Trainingseinheiten auf dem Programm. Ich trainiere auch sonntags.

Wieviele Rad-Kilometer machst du in der Woche?

Das kommt darauf an, worauf wir gerade den Fokus legen. Das können mal nur 100 km in der Woche sein, wenn ich gerade eine Laufwoche habe, in der ich schon 100 km laufe.

Wie wichtig ist das
Körpergefühl?

Sehr wichtig. Am Anfang der Saison habe ich den Fehler gemacht, dass ich nicht genug auf meinen Körper gehört habe. Ich habe mir gesagt, ich will dieses Jahr zu hundert Prozent performen und das ging nach hinten los. Härter, härter, härter, in Andorra beim Höhentraining habe ich übertrainiert. Auf 2.500 Metern Höhe habe ich meinen Körper extrem getriezt – und dann fragt man sich, warum man plötzlich 12 Stunden schlafen kann. Davon musste ich mich tatsächlich zwei, drei Monate regenerieren. Man hat halt die Reserve, aber es rächt sich hinterher. Dafür hatte ich auch noch sehr gute Wettkämpfe, habe auch einige gewonnen u. a. in Österreich, aber erst jetzt merke ich, dass ich wieder richtig back on track bin.

 © Ruben Zepuntke, https://zepuntke.com/media

Wo liegt denn dein Ruhepuls?

Um die 30 Schläge in der Minute.

Dein Körperfettprozentsatz?

Bei sechs Prozent.

Dabei siehst du jetzt nicht ausgezehrt aus?
Ja, das sagen mir viele, das haben mir auch viele im Radsport gesagt. „Ruben you look fat“, haben sie immer gesagt. Dann haben sie das Körperfett gemessen und festgestellt, dass ich gar nicht so dick bin.

Du bist viel auf Reisen zu Wettkämpfen um die ganze Welt,
musst deinen Alltag präzise an deinem Training ausrichten,
wie lässt sich das mit deiner Freundin vereinbaren, ist sie
auch Profi-Sportlerin?

Nein, das nicht, aber wir machen häufig Sport zusammen. Wenn ich z. B. im Allwetterbad schwimmen gehe, begleitet sie mich öfter, wir gehen auch gerne zusammen Radfahren oder laufen. Dann muss es für mich ganz locker sein. Sie hat aber auch Verständnis dafür, wenn ich härter trainieren und alleine laufen muss. Zu den nächsten Wettkämpfen nach Amerika wird sie wahrscheinlich mitkommen, sie hat mich auch in Andorra besucht. Sie verbindet das dann mit ihrem Urlaub. Auf den Wettkämpfen begleitet und unterstützt sie mich. Im Vorfeld bin ich dann häufig auch nicht so gut auszustehen, weil in dieser Phase alles nach meinem Kopf laufen muss. Manchmal ist das schwierig für uns, aber wir sind mittlerweile ein sehr gut eingespieltes Team. Alexandra von Hirschfeld

 © Filmrausch

RUBEN ZEPUNTKE 

Geburtsdatum: 29.01.1993 

Wohnort: Düsseldorf

Beruf: Triathlon-Profi

Trainer: Michael Ochmann & Alex Jasch

Verein: TT DÜSSELDORF

Bis 2017 Radprofi, unter anderem im World Tour Team bei Cannondale Drapac, Sunweb und Rabobank

Nationalkader Fahrer 2009 – 2014, WM-Teilnehmer und mehrmaliger deutscher Meister

Radbotschafter der Stadt Düsseldorf im Rahmen des Grand Depart 2017

seit Januar 2019 Triathlon-Profi

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