Marktinsider prognostizieren unter anderem aufgrund der aktuell hohen Inflationsrate eine weitere Zinserhöhung im Jahresverlauf. Wer aktuell über den Kauf oder Bau einer Immobilie nachdenkt oder Modernisierungsmaßnahmen an einer vorhandenen Immobilie finanzieren möchte, sollte dies nicht auf die lange Bank schieben, sondern sich den jetzt noch niedrigen Zinssatz sichern. Wir sprachen mit Holger Knille, Leiter Immobilienfinanzierung der Stadtsparkasse Düsseldorf, über Chancen, Risiken und neue Möglichkeiten im Bereich der Baufinanzierung.
Laut aktuellen Prognosen zeichnet sich eine Trendwende bei den Zinsen für Immobilienkredite ab. Welche Empfehlungen geben Sie vor diesem Hintergrund an Häuslebauer, Wohnungskäufer und Anschlussfinanzierer?
Ehrlich gesagt hat es mich auch überrascht, wie schnell das Zinsniveau gestiegen ist. Es hat innerhalb von vier bis sechs Wochen angezogen, da war da eine unheimliche Dynamik drin. Für mich ist zwar noch nicht ganz klar, ob das eine eindeutige Trendwende ist, aber es zeichnet sich ab, dass das Zinsniveau um ein Prozent, das wir noch zum Jahresanfang hatten, jetzt bei weitem nicht mehr gehalten wird. Da empfehlen wir schon, dass man zwar nichts überstürzt kauft, aber eben auch, dass man das Zinsniveau bei der persönlichen Lebenssituation berücksichtigt. Sprich, man zahlt ja jetzt fast das Doppelte als noch zu Jahresanfang und das muss eben vernünftig in die Planung passen. Wieviel Liquidität habe ich? Wieviel will ich fürs Wohnen ausgeben? Das war bereits bei dem niedrigen Zinsniveau wichtig, aber das muss man jetzt noch besser kalkulieren, weil die Wohnungspreise in Düsseldorf ja schon auf einem ambitionierten Niveau sind.
Welche Faktoren beeinflussen die Bauzinsen?
Momentan sind das vor allem volkswirtschaftliche Faktoren, in die natürlich auch das Kriegsgeschehen und Entscheidungen der EZB mit hineinspielen.
Welche Auswirkungen hat der Zinsanstieg auf die monatliche Rate und die Kosten?
Nehmen wir einmal ein Beispiel: bei einem Kredit von 300.000 EUR betrug zum Jahresanfang bei einem Zinsniveau von 1 % (plus 2 % Tilgung) die monatliche Rate ca. 750 EUR. Bei derselben Summe von 300.000 EUR beträgt die monatliche Rate bei einem Zinsniveau von 3 % (plus 2 % Tilgung) ca. 1.250 EUR. Also schon eine annähernde Verdoppelung. Das ist schon nicht ohne.
Zehn oder 15 Jahre finanzieren? Was ist bei der Zinsbindung zu beachten?
Nach wie vor merken wir natürlich, dass die Nachfrage in den Ballungszentren um Düsseldorf sehr hoch ist. Es ist natürlich immer wichtig zu fragen, wie langfristig man sich an einen Zinssatz binden will. Wir empfehlen eine langfristige Bindung mit Laufzeiten länger als 10 oder 15 Jahre. Wir sind eines der wenigen Institute, das eine 20jährige Festzinsbindung bieten. Das ist nach wie vor für den Immobilienkauf wichtig, um eine vernünftige Planungssicherheit zu haben. Dann habe ich die 20 Jahre lang die Garantie, dass der Zinssatz nicht steigt. Das heißt, ich habe eine feste Größe, mit der ich kalkulieren kann. Dann muss ich schauen, wie hoch ist denn die Restschuld nach dieser Festzinsbindung. Ich gebe mal ein Beispiel: Bei einer Kreditsumme von 480.000 EUR bleibt nach 15 Jahren, je nachdem, wie hoch die Tilgung ist, noch eine Restschuld von ca. 300.000 EUR. Bei einer längeren Festzinsbindung haben Sie vielleicht nur noch ca. 130.000 EUR Restschuld. Damit können Sie schon ganz anders planen.
Welche neuen Prozesse bietet die Stadtsparkasse Düsseldorf im Bereich der Baufinanzierung?
Weil wir gemerkt haben, dass die Geschwindigkeit, in der Objekte nachgefragt werden, gerade in Ballungszentren wie Düsseldorf sehr hoch ist, müssen Sie schon eine gewisse Verbindlichkeit haben, um das Objekt zu bekommen. Es gibt häufig die Situation, dass sich auf ein Objekt sehr viele Interessenten bewerben. Deshalb werden unsere Prozesse immer digitaler und schneller. Das beginnt bereits bei der Einreichung von Unterlagen, die früher persönlich übergeben oder per Post übersendet wurden. Heute gibt es elektronische Wege, diese direkt in den entsprechenden Ordner zu laden. Dann hat der Berater sie direkt an seinem Platz. Das ist ein Fortschritt, der auch immer wieder auf das Thema Geschwindigkeit am Markt einzahlt; wenn es darum geht, wie bekomme ich schnellstmöglich eine Zusage für meine Baufinanzierung, damit ich das Objekt auch bekommen kann.
Wie lange dauert das im Schnitt bis man eine Finanzierungszusage bekommt?
Im Idealfall erhalten Sie bereits im Gespräch mit Ihrem Baufinanzierungsspezialisten ein Angebot und eine Kreditzusage, die bereits auf das jeweilige Objekt ausgerichtet ist, an dem Sie ggf. Inter-esse haben.
Was bedeutet das kostenlose
Baufinanzierungszertifikat?
Mit dem Zertifikat stellen wir Kunden eine Größenordnung aus, die für sie finanzierbar ist. Damit ist das Zertifikat nicht nur eine sehr gute Sache, um zu reflektieren, wieviel Geld würde ich als Kunde überhaupt als Kredit bekommen, sondern auch ein Signal für den Makler oder Verkäufer um zu unterstreichen, dass ich liquide bin. Die meisten Makler in Düsseldorf machen nur Besichtigungstermine, wenn Sie eine Finanzierungszusage haben. Das ist ein positiver Effekt, den das Zertifikat bietet, weil wir dadurch eine höhere Geschwindigkeit bieten, die der Markt auch fordert. Es ist schon erstaunlich, wie schnell Objekte in Düsseldorf in guten Lagen verkauft werden. Um da den Zuschlag zu erhalten, müssen Sie schon kreditierbar sein.
Stichwort angestiegenes Preisniveau – wie kann man Kosten reduzieren?
Zunächst einmal sollte man sich klar machen, wieviel Immobilie ich mir leisten kann bzw. was zu meiner Lebenssituation passt, um dann zu überlegen, wie ich damit umgehe. Das fängt an bei Neubaumaßnahmen, diese werden tatsächlich schon über die letzten Jahre mit reduzierter Wohnfläche geplant. Wenn früher Durchschnittswohnungen mit 110 m2 bis 120 m2 gebaut wurden, werden heute eher Wohnungen mit 85 m2 geplant, aber mit intelligenten Grundrissen, so dass kein unnötiger Raum verloren geht. Darüber hinaus gibt es auch interessante Bestandsimmobilien in Düsseldorf. Vielleicht sollte man sich auch die Frage stellen, in wieweit ich bereit bin, ins Umland zu ziehen? Sprich die ganzen Städte rund um Düsseldorf, die ja eine sehr gute Infrastruktur haben. Diese sind in den letzten Jahren zwar auch preislich gestiegen und aufgewertet worden, aber immer noch günstiger als z. B. eine Innenstadtlage. Möchte ich lieber innerstädtisch wohnen, dann reicht mir vielleicht auch eine Wohnung mit 85 m2, um das avisierte Kostenniveau einzuhalten.
Alexandra von Hirschfeld