Raum und Zeit stehen im Mittelpunkt der Kunst von Hiroyuki Masuyama. Er verdichtet sie zu Kompositionen, die mit der Wahrnehmung des Betrachters spielen. Wir trafen den in Japan geborenen Künstler zu einem Interview in seinem Atelier im Reisholzer Hafen.

Masuyama, 4.200 Holzfragmente und 30.000 Stck. Fieberglas, 2010
Innenansicht der Holzkugel mit Simulation des Sternenhimmels auf der Nord- und Südhalbkugel

Seine Zeitreisen führen Masuyama beispielsweise zu bekannten Künstler-Kollegen aus der Vergangenheit. Masuyama besucht Orte, die William Turner und Caspar David Friedrich als Motive gewählt haben, und hält sie fotografisch fest. Aus hunderten von Aufnahmen komponiert er die Werke neu und lässt ihre Faszination in einer zeitgenössischen Form neu aufleben. „Ich habe hier zur gleichen Jahreszeit und bei gleichem Wetter fotografiert, wie Friedrich im 19. Jahrhundert gezeichnet hat. Ich habe etwa 300 bis 500 Fotos von jedem Ort auf meinem Computer zusammengefügt, so wie er die Gemälde in seinem Atelier mit den Zeichnungen der Landschaften komponiert hat. Auch die Größe meiner Werke entspricht den Maßen ihrer romantischen Vorbilder. Meine fotografischen Arbeiten und Friedrichs Ölgemälde scheinen fast gleich zu sein. Die Unterschiede liegen in der Entstehungszeit (etwa 190 Jahre Abstand), der Technik (Malerei und Fotografie) und dem Künstler“, sagt Hiroyuki Masuyama.

Film und Fotografie sind jedoch nicht die einzigen Stilmittel von Masuyama, auch die Malerei und Bildhauerei nutzt der Künstler als Ausdrucksform. So schafft er dreidimensionale Installationen, wie z. B. mit seinem Werk „Sphären von Masuyama“. Die großen, glatt polierten Hohlkugeln bestehen aus Tausenden von Holzfragmenten. Dreißigtausend winzige Löcher unterschiedlichen Kalibers lassen das Licht von außen herein. Sie simulieren präzise die Positionen und die Leuchtkraft der Sterne auf der Nord- und Südhalbkugel. Glasfaserstifte sitzen in den Öffnungen und geben die Spektralfarben der Himmelskörper wieder. Wer Masuyamas Sphären besteigt, erlebt einen atemberaubenden dreidimensionalen Sternenhimmel. „Ich habe eine Kugelform von 260 cm Durchmesser aus etwa 4.200 kleinen Holzstücken gebaut. In der Kugel befindet sich ein runder Eingang, durch den man ins Innere der Kugel gelangen kann. Wenn die Tür geschlossen ist, kann man den gesamten Nachthimmel vom Nordpol bis zum Südpol sehen“, erklärt Hiroyuki Masuyama. 

10 Fragen an Düsseldorfer Künstlerinnen und Künstler

Welchen Stellenwert nimmt Kunst in Ihrem Leben ein?

Kunst ist für mich ein Mittel, um mich selbst zu gestalten, nicht ein Ziel.

Welche künstlerischen Vorbilder haben Sie am meisten beeinflusst?

Ito Jakuchu (1716 – 1800), ein japanischer Maler der mittleren Edo-Periode, als Japan seine Tore zur Außenwelt geschlossen hatte. Viele seiner Gemälde behandeln traditionelle japanische Themen und zeigen ein hohes Maß an Experimentierfreude sowie moderne Stilelemente.

Welche anderen Berufe wären auch für Sie in Frage gekommen?

Philosoph, Instrumentenbauer, Astronom.

Was brauchen Sie, um schöpferisch tätig zu sein?

Liebe und Demut.

Woran arbeiten Sie gerade?

Ich bereite in diesem Sommer 2023 ein kulturelles Dorfbauprojekt vor, das verschiedene Menschen zusammenbringt. Die Dorfbewohner werden einen Monat lang gemeinsam ihre eigenen Häuser im Dorf bauen. Die Einbeziehung von sich selbst und anderen ist sehr wichtig. Ich betrachte die von den Künstlern geschaffene Gemeinschaft als ein neues Modell des Ausstellungsausdrucks.

Worauf legen sie momentan Ihren künstlerischen Schwerpunkt?

Mein künstlerisches Schaffen soll Menschen aus der Vergangenheit mit Menschen aus der Gegenwart und der Zukunft verbinden. Dabei bin ich Teil einer größeren kulturellen Bewegung in der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.

Welches Kunstmuseum würden Sie gerne leiten?

Ich bin Künstler und glaube nicht, dass ich für die Leitung eines Museums geeignet bin.

Düsseldorf hat eine lebendige Kunstszene, womit sind Sie zufrieden und wo wünschen Sie sich Veränderungen?

Ich freue mich über den sozialen Status der Künstler und über die Tatsache, dass sich Menschen aller Altersgruppen für Kunst interessieren. Künstler sollen zum Gegenstand von Investitionen gemacht werden und nicht Kunstwerke.

Welche Rolle wird die Kunst Ihrer Meinung nach im digitalen Zeitalter einnehmen?

Was nur Menschen können, lässt sich nicht digital erreichen: den menschlichen Geist zu beobachten und zu studieren und sich mit der geistigen Welt zu verbinden, die von der materiellen Welt getrennt ist.

Wie hat die Coronakrise Sie und Ihr künstlerisches Schaffen beeinflusst?

Durch die Schwierigkeiten in der Coronakrise haben Freundschaft, Hoffnung, Zuversicht und Freude einen anderen Stellenwert bekommen. Meine Kunst ist zu einem Mittel geworden, um Menschen miteinander zu verbinden.

„Mein Ziel als Künstler ist es, Erfahrungen über mich selbst zu sammeln“

„Wenn ich in den Nachthimmel schaue, sehe ich verschiedene Vergangenheiten. Ich überlege oft, was bedeutet ,jetzt‘ oder ,hier‘? Bin ich selbst hier und jetzt? Oder liegt meine Existenz zwischen einem Punkt 0 und der Unendlichkeit? Durch mich möchte ich den Mikrokosmos mit dem Makrokosmos verbinden.“ 

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Hiroyuki Masuyama

wurde 1968 in Tsukuba / Japan geboren. Von 1987 bis 1991 studierte er Ölmalerei und Wandmalerei bei Professor Yoshiaki Watanabe an der Hochschule für Bildende Künste und Musik in Tokio. Danach studierte er an der Kunstakademie in Düsseldorf und an der Kunsthochschule für Medien in Köln. Museen und Kunstgalerien in Europa und Japan haben zahlreiche Einzelausstellungen für den Maler, Zeichner, Bildhauer und Fotografen organisiert. Seine Werke befinden sich in vielen renommierten Sammlungen. Seit 2001 lebt und arbeitet Hiroyuki Masuyama in Düsseldorf.

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Ausstellung in „the pool“

AMANOGAWA 

Hiroyuki Masuyama 

21.4.2023 – 28.5.2023

In Japan wird die Milchstraße 天の川  AMANOGAWA genannt und bedeutet Fluss, der durch den Nachthimmel fließt. Hiroyuki Masuyama über seine Ausstellung: „Wir Menschen haben es noch nicht geschafft, Wissenschaft und Technik in Einklang mit der Natur zu bringen. Wir haben in Zukunft viele Herausforderungen auf globaler Ebene zu bewältigen. Wie sehen unsere Sterne aus, wenn wir sie aus einer weit, weit entfernten Galaxie betrachten? Können wir über Zivilisation, Wissenschaft und Technologie und die Zukunft der Menschheit in einem kosmischen Maßstab nachdenken?“

the pool
variable Öffnungszeiten – siehe Website
Tersteegenstraße 61-63, 40474 Düsseldorf

Tel.: 0151-46630968

the pool 
futuristische Kunst-Location im Schwimmbad

„the pool“ ist eine einzigartige Kunst-Location in der Kulturlandschaft Düsseldorfs. Eingegraben in die Erde erreicht man sie über die Rückseite des 1962 des von dem Düsseldorfer Architekten Paul Schneider von Esleben entworfenen Terrassenhauses an der Tersteegenstraße 63, zu dem auch ein Swimmingpool mit Sauna gehörte.
Kaum ist der Besucher die Stufen hinabgestiegen, taucht er ein in eine unterirdische Parallelwelt. Durch runde Deckenöffnungen fällt Tageslicht ein. Zusätzlich eröffnen große Fenster auf der einen Seite des einstigen Pools eine interessante Blickachse auf eine Treppe und einen kleinen Innenhof. 

2021 übernahm ein Kollektiv aus Künstlern und Architekten die Location, um sie unter dem Namen „the pool“ kulturell und künstlerisch zu nutzen. Das ehemalige Becken wurde mit Beton aufgefüllt und wird nun als Fläche für Installationen genutzt. 

„Wir als Dreierteam aus Kunst und Architektur wachsen im Kunstverein e.V. zusammen und bringen immer neue Impulse aus verschiedenen Richtungen zueinander. In Zukunft wird noch stärker bildende Kunst in den Ausstellungen mit verschiedenen Musikrichtungen fusionieren. The pool ist dabei eine lebendige Plattform für ganz unterschiedliche künstlerische Positionen, vorausgesetzt sie sind von hohem Anspruch, stark und einzigartig.“

   Die Initiatoren von the pool Gabi Luigs,
   Heinke Haberland und Michael Krey

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