Anlagestrategien im Blick

Wer einen akademischen Heilberuf ausübt, also Arzt, Zahnarzt, Tierarzt oder Apothekerin ist, kann Kunde oder als Mitglied sogar Eigentümer und Teilhaber der Standesbank werden und sein Geld verwalten und für sich arbeiten lassen. Das genossenschaftliche Prinzip „Hilfe zur Selbsthilfe“ gilt nicht nur im Gesundheitsbereich, sondern auch für den Finanzsektor. Wir trafen uns mit Klaus Niedermeier, dem Leiter des Investment Research der Deutschen Apotheker- und Ärztebank, um mehr über die Anlagestrategien des Instituts zu erfahren.

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KLAUS NIEDERMEIER

// Statt Polizist oder Pilot wollte der gebürtige Ostfriese aus Leer schon als Schüler zur Bank gehen. Es folgte ein Studium der Betriebswirtschaftslehre in Frankfurt am Main mit Schwerpunkt Finanzen. Langweilig? Keineswegs. „Kapitalmärkte sind extrem vielseitig“, erklärt Niedermeier.
// Bei der apoBank fing er direkt nach dem Studium an und kehrte nach Erfahrungen bei anderen Banken wieder zurück. Seit 15 Jahren leitet er die Abteilung Investment Research.
// Zusammen mit seiner Frau und seinen drei Kindern reist er gerne durch die Welt, arbeitet im Garten oder fährt Mountainbike. Sein Herz schlägt für den FC Bayern München und für Musicals. Dafür geht es auch schon mal nach New York oder London, um das Phantom der Oper zu besuchen. Bei ABBA war er gleich drei Mal und empfiehlt das Musical in der englischen Version.

// Nach einem erfolgreichen Medizin- oder Pharmaziestudium gehen viele Heilberufler den Schritt in die Selbstständigkeit, übernehmen Praxen oder Apotheken. Warum braucht diese Berufsgruppe eine „eigene“ Bank?

Klaus
Niedermeier: Weil diese Berufsgruppe auch ganz eigene Anforderungen hat, vor allem, wenn sie als Unternehmer agiert. Als Standesbank kennen wir die Situation unserer Kundinnen und Kunden seit über 120 Jahren und gehen auf die veränderten Bedingungen ein. Nehmen Sie zum Beispiel die Altersvorsorge. Die Rente vom Versorgungswerk reicht heute nicht mehr aus für einen entspannten Lebensabend. Private Vorsorge ist keine Kür mehr, sondern Pflicht. Das hängt auch mit den Veränderungen auf dem Gesundheitsmarkt zusammen. Sie können heute als Arzt oder Apotheker nicht mehr davon ausgehen, dass der Verkauf der Praxis oder der Apotheke am Ende des Berufslebens ein wesentlicher Baustein der Altersvorsorge sein wird. Deswegen raten wir zur Diversifikation, also dazu, das Geld breit anzulegen und breit zu streuen. Dazu braucht es eine spezielle Anlagestrategie.

// Wo ist das Geld denn besser angelegt, in Aktien oder in festverzinslichen Anlagen?

Klaus Niedermeier:
An Aktien geht sicherlich kein Weg vorbei.
Fragt man Menschen, warum sie ihr Geld nicht am Aktienmarkt investieren, lautet die häufigste Antwort „zu unsicher“. Stattdessen wird in festverzinsliche Anlagen investiert. Das ist eigentlich paradox, denn sicher ist bei den meisten Festverzinslichen in Zeiten hoher Inflation vor allem eines: dass man mit ihnen reale Verluste erleidet.

// Zu Risiken und Nebenwirkungen soll man eigentlich den Arzt oder Apotheker fragen. Nun kommt gerade diese Zielgruppe zu Ihnen. Wozu raten Sie mit Blick auf die Märkte?

Klaus Niedermeier: Ruhe bewahren. Wenn wir beim Bild bleiben: Schlaflose Nächte als Nebenwirkung muss man nicht haben trotz der ewigen Auf und Abs der Aktienkurse, die wir in diesen politisch und wirtschaftlich unsicheren Zeiten aktuell erleben. Eine Portion Unsicherheit gehört bei jeder Geldanlage dazu, wenn man auskömmliche Renditen erzielen will. Da gibt es nichts wegzudiskutieren – ebensowenig wie bei den Nebenwirkungen auf den Beipackzetteln.

// Nicht jeder ist risikofreudig bei der Geldanlage. Wie gehen Sie damit um?

Klaus Niedermeier:
Genauso sorgfältig wie Ärzte ihre Diagnosen stellen und Therapien verordnen. Unsere Experten stellen für jede Kundin und jeden Kunden ein Portfolio zusammen, das breit aufgestellt ist und zur persönlichen Risikoneigung passt. In der Regel spürt man die Marktschwankungen dann wenig bis gar nicht.

// Wenig bis gar nicht? Gilt das auch für das Krisenjahr 2022?

Klaus Niedermeier: Das Jahr 2022 war in der Tat ein Ausnahmejahr. Da mussten sowohl Aktien als auch Anleihen herbe Verluste hinnehmen. Aber wie so oft hilft ein Blick in die Finanzgeschichte: Wenn man sich die Entwicklung des US-Aktien- und Rentenmarktes in den letzten 150 Jahren anschaut, dann haben in 85 Jahren beide Segmente eine positive Performance erzielt. In weiteren 59 Jahren ist das zumindest einer Anlageklasse gelungen. Verbleiben also nur sechs Jahre, in denen beide mit Verlusten abgeschlossen haben.

// Wer sein Geld in der Vergangenheit auf dem Bankkonto parkte, fuhr entweder Null ein oder sogar Negativzinsen. Verlockt die Zinswende Kundinnen und Kunden wieder zu traditionellen Bankeinlagen und festverzinslichen Wertpapieren?

Klaus Niedermeier:
Ja, tatsächlich kann man seit der Zinswende auch bei Bankeinlagen und festverzinslichen Wertpapieren wieder Renditen erzielen. Aber die hohe Inflation macht diese Gewinne wieder zunichte. Wenn ich derzeit dem deutschen Staat zehn Jahre Geld leihe, bekomme ich dafür nominal etwa 2,7 Prozent an Zinsen. Die Inflationsrate lag im Oktober 2023 in Deutschland zuletzt bei 3,8 Prozent. Macht ein reales Minus an Kaufkraft von 1,1 Prozent. Ich muss also zwangsläufig über riskantere Anlageformen nachdenken, wenn ich Verluste vermeiden möchte.
// Also in Aktien anlegen …

Klaus Niedermeier:
Ein großer Vorteil von Aktien ist, dass sie sehr liquide sind und täglich sogar mehrfach Preise ermittelt werden. Das ist für ängstliche Anleger gleichzeitig einer ihrer größten Nachteile. Denn wenn man permanent die Wertentwicklung seines Portfolios beobachten kann, realisiert man auch jede einzelne Schwankung, die bei großen Portfolios schnell mehrere hundert oder gar tausende Euro ausmachen kann. Allerdings existieren diese Verluste zunächst einmal nur in den Büchern. Schlagend werden sie erst, wenn ich zu dem Zeitpunkt verkaufen muss. Und Verkaufsdruck sollte man bei jeder Kapitalanlage vermeiden.
// Wie sehen die Aktienmärkte im laufenden Jahr aus?

Klaus Niedermeier:
Die haben sich global ganz ordentlich entwickelt und liegen mit einer zweistelligen Prozentzahl im Plus, während die Rentenmärkte um die Nulllinie schwanken.
// Haben Sie auch für Nicht-Heilberufler einen Tipp im Bereich Kapitalanlage?

Klaus Niedermeier:
Ich plädiere immer dafür, bei einem Portfolio vergleichbare Maßstäbe wie in anderen Bereichen der Kapitalanlage anzulegen. Beim Kauf einer Immobilie bestimme ich beispielsweise Kriterien, die längerfristig erfüllt sein sollen, etwa die Lage, die Anzahl der benötigten Zimmer oder die Infrastruktur der Umgebung. Beim Portfolio ist es das Rendite-Risiko-Verhältnis. Es sollte über verschiedene Anlageklassen wie z. B. Aktien und Renten verteilt sein, aber auch innerhalb dieser Anlageklassen noch regional oder über so genannte Sub-Assetklassen breit gestreut werden. Mit einem breit diversifizierten Portfolio kann ich das Chance-Risiko-Profil deutlich verbessern und somit auch beruhigt schlafen.
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apobank – Daten & Fakten

// 1902 wurde die apoBank als „Kredit-Verein Deutscher Apotheker“ in Danzig gegründet. 1948 erfolgte ein Neuanfang durch die Gründung der „Westdeutschen Apothekerbank“ in Düsseldorf. Nun durften auch Ärzte bei der genossenschaftlichen Bank Kunde werden. // Heute ist die apoBank mit über 113.000 Mitgliedern und über 498.000 Kunden die führende Bank im Gesundheitswesen und Marktführer in den Bereichen Kreditgeschäft und Zahlungsverkehr.
// Finanziert werden Praxen und Apotheken, Ärztehäuser und Gesundheitszentren, Medizinische Versorgungszentren, aber auch Diagnose- und Therapiezentren.

https://www.apobank.de

Foto: © Deutsche Apotheker- und Ärztebank

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