Auch wenn der Männeranteil in der AWO bei nur 20 Prozent liegt, hat das „starke Geschlecht“ zweifellos seine Verdienste um Bildung, Förderung und das Wohlergehen der Menschen. So folgte im 101. Jahr seit Gründung der Arbeiterwohlfahrt Düsseldorf die Ausstellung „Männergesichter der AWO“ der zeitgeschichtlichen Ausstellung „Frauengesichter der AWO“ im vergangenen Jahr. Beide Ausstellungen hatten ihre Premiere im Atrium der Stadtsparkasse Düsseldorf. In den nächsten Monaten werden alle Gesichter gemeinsam auf Ausstellungswanderschaft in verschiedene Einrichtungen der Arbeiterwohlfahrt der Stadt gehen.

Düsseldorf kommt in der Geschichte der Arbeiterwohlfahrt eine bedeutende Rolle zu, denn die hiesige Ortsgruppe war 1920 eine der ersten Gründungen in der Weimarer Republik. Somit ist sie die „Keimzelle“ der Arbeiterwohlfahrt am Niederrhein, die für Solidarität, Toleranz, Freiheit, Gleichheit und Gerechtigkeit eintrat. Werte, die für viele Menschen das nackte Überleben sicherten: Es war die Zeit der Nähstuben und Armenküchen. Die AWO organisierte Lebensmittel und sammelte Kleidung für Hilfsbedürftige und Kriegsopfer des Ersten Weltkrieges.

Drei Männer waren bei der Ortsgruppe Düsseldorf von Beginn dabei: der gelernte Buchdrucker Wilhelm Beucker (*1879), Johann Helmig (*1881) und Paul Gerlach (*1888). Zwei von ihnen bezahlten ihre politische Gesinnung mit dem Leben. Johann Helmig wurde 1940 von der Gestapo verhaftet und in ein Gefängnis für politische Gefangene überbracht, weil er den Auf- und Ausbau der „illegalen“ SPD in der Naziherrschaft vorangetrieben hatte. Ihm wurde ein Vergehen gegen das sogenannte Heimtücke-Gesetz unterstellt. Nach seiner Inhaftierung verliert sich jede Spur. 

Der gelernte Schriftsetzer Paul Gerlach kam 1910 nach Düsseldorf und arbeitete als Redakteur bei der Düsseldorfer Volkszeitung. Ab 1922 leitete er die Hauptfürsorgestelle für Kriegsbeschädigte bei der Rheinischen Provinzialverwaltung. Gerlach engagierte sich ebenfalls in der SPD. Er wurde Stadtverordneter, Mitglied des Landtags der Rheinprovinz, Vorsitzender des SPD-Bezirks Niederrhein und 1928 in den Reichstag gewählt.  Nachdem er 1933 gegen Hitlers Ermächtigungsgesetz gestimmt hatte, wurde er in Schutzhaft genommen. Es folgten weitere Inhaftierungen. Paul Gerlach starb 1944 im KZ Sachsenhausen. 

Verbot und Auflösung der AWO

Nach der Machtübernahme durch das nationalsozialistische Regime wurde die Arbeiterwohlfahrt am 12. Mai 1933 verboten und offiziell aufgelöst. Den Mitgliedern in Düsseldorf gelang es jedoch, untereinander in Kontakt zu bleiben und den durch illegale Aktivitäten verfolgten jüdischen Mitbürgern und Sozialdemokraten zu helfen. Diese Unterstützung wurde nach der Reichspogromnacht im November 1938 sogar noch intensiviert.

Nach dem Zweiten Weltkrieg 

Nicht nur Düsseldorf, sondern auch die AWO musste nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wiederaufgebaut werden. Der gelernte Schlosser Karl Stein (1905-1975) wurde Mitglied im städtischen Wohlfahrts- sowie im Vertrauensausschuss und von der britischen Militärregierung in die Stadtvertretung berufen. Stein war von 1954 bis 1975 Mitglied im Vorstand. Etwa zeitgleich war Rudolf Seise (1920-2001) der erste hauptamtliche Geschäftsführer der AWO Düsseldorf. Seise machte sich stark für den Ausbau des Jugenderholungswerks der Stadt, für Kinder-, Jugend- und Lehrlingswohnheime sowie die Förderung der Ost-West-Begegnungen von Jugendlichen. 

Karl Trabalski (1923-2009) zeigte bereits als Jugendlicher Rückgrat und trat als einziger seines Jahrgangs nicht in die Hitlerjugend ein. Nach dem Abitur studierte er Philosophie, Staatswissenschaften, Betriebswirtschaftslehre und Soziologie an der Universität Leipzig. 1951 flüchtete er aus der DDR in die Bundesrepublik. Seit 1964 war er Mitglied der AWO Düsseldorf. Sein besonderes Engagement galt dem Ortsverein Gerresheim, den er seit 1992 leitete und der ihn 2003 zum Ehrenvorsitzenden ernannte. 

Wolfgang Sauermilch (1932–2019) war mehr als 60 Jahre Mitglied der Arbeiterwohlfahrt. Er arbeitete 35 Jahre hauptamtlich in verschiedenen Positionen und übte zahlreiche Ehrenämter aus. Mehr als 20 Jahre lang prägte er als Geschäftsführer die Geschicke des Bezirksverbandes Niederrhein. 

Hans Reymann (1925–1988) war von 1972 bis 1988 Vorsitzender der AWO Düsseldorf. In diese Zeit fiel der Umstrukturierungsprozess der AWO Düsseldorf von einer Helfer- und Förderer- zu einer Mitgliederorganisation. Neue Einrichtungen wie das Sozialzentrum in Eller und der erste Familientreff in Bilk entstanden. Die Jugendgerichtshilfe wurde erweitert. Heute gehört das Berufsbildungszentrum zu den größten Anbietern der Jugendberufshilfe in der Landeshauptstadt. 

Gunder Heimlich (1941–2014) setzte sich mit Sachverstand und viel Herz für die Kinder- und Jugendhilfe ein. Auf seine Initiative geht die Gründung eines landesweiten Bündnisses gegen Kinderarmut zurück, das ein Programm zur Armutsbekämpfung erarbeitete.

Bis heute ist die AWO eine Organisation, die von der Mitmenschlichkeit getragen wird, die sich der Nöte der Menschen annimmt, deren Stimmen oft nicht gehört werden. Für diese Menschen machten und machen sich viele weitere Männer der AWO bis heute stark. Stellvertretend für viele andere stehen die Namen von Dieter Hahne (*1939), Wolfgang Schulten (*1944) über Paul Saatkamp (*1935) bis hin zu Karl-Josef Keil (*1936) und Manfred Abels (*1951).

 © Heike Katthagen

Im September eröffnete Karin-Brigitte Göbel die Ausstellung „Männergesichter der AWO“ im Atrium der Stadtsparkasse Düsseldorf. Die Produktion der Banner und  Broschüren hatte das Finanzinstitut auch dieses Mal unterstützt.

Susan Tuchel

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