Das TrebeCafé ermöglicht Ausstieg
Jasmin ist erst 14, als sie es zu Hause nicht mehr aushält. Sie landet auf der Straße. Zum Schlafen findet Jasmin eine Notschlafstelle. Und tagsüber?
Es gibt viele Gründe, warum Mädchen und junge Frauen obdachlos werden. Oft ist es eine Kombination aus persönlichen, sozialen und strukturellen Problemen. Zu den häufigsten Ursachen gehören Familienkonflikte, häusliche Gewalt oder Missbrauch. Auf der Straße geraten sie schnell in ein Umfeld, das von Drogen und Kriminalität geprägt ist. Jasmin fand zum Glück den Weg ins TrebeCafé. Hier gibt es Frühstück oder Mittagessen, eine gemütliche Ecke zum Ausruhen und die Möglichkeit zu duschen oder Wäsche zu waschen.
Das 1996 gegründete TrebeCafé der Diakonie Düsseldorf ist eine Anlaufstelle für Mädchen und junge Frauen (bis 27 Jahre) in schwierigen Lebenssituationen. Es bietet einen geschützten Raum für alle, die von Wohnungslosigkeit, Armut oder anderen Problemen betroffen sind. Das Café ist ein Ort, an dem sie tagsüber zur Ruhe kommen, sich aufwärmen können, warme Mahlzeiten erhalten und einfach einmal durchatmen können.
„Jahr für Jahr suchen immer mehr Frauen unsere Hilfe. Diese werden zunehmend jünger und konsumieren mehr harte Drogen wie Crack, Heroin oder Kokain als in den letzten Jahren“, erklärt Maria Peixoto, Teamleiterin des TrebeCafés. Als Grund für die Zunahme harter Drogen sieht Maria Peixoto die Corona-Pandemie. „In Corona-Zeiten ist die Prävention und Jugendhilfe nahezu gänzlich weggebrochen, dieJugendämter waren schlecht erreichbar. Um vulnerable Familien hat sich rund zweieinhalb Jahre niemand mehr richtig gekümmert“, sagt sie. Seit über elf Jahren ist die engagierte Erziehungswissenschaftlerin an der Seite der jungen Frauen und hilft ihnen dabei, von der Straße wegzukommen. Und das mit einer sehr guten Erfolgsquote. Rund 50 Prozent der 300 Mädchen, die jährlich im TrebéCafe betreut werden, schaffen den Ausstieg und können sich ein stabiles Leben aufbauen.
In diesem Film erzählt Jasmin, wie sie es weg von der Straße geschafft hat
Männer haben keinen Zutritt
Mädchen und junge Frauen haben es auf der Straße besonders schwer. Denn das Leben dort ist hart und gewalttätig. Da ist es wichtig, wenigstens einen geschützten Ort zu haben, zu dem Männer keinen Zutritt haben. Im TrebeCafé finden die Mädchen und jungen Frauen Raum zur Begegnung und zum Austausch mit anderen Frauen, die ihnen zuhören und sie ernst nehmen. Die Atmosphäre ist respektvoll und wertschätzend, was besonders wichtig ist, da viele der Besucherinnen negative Erfahrungen gemacht haben und nur schwer Vertrauen aufbauen können. Durch das niedrigschwellige Angebot wird den jungen Frauen die Hemmschwelle genommen, sich Hilfe zu holen. So schafft das TrebeCafé eine wichtige Möglichkeit zur Stabilisierung und ist oft der erste Schritt, um neue Hoffnung zu schöpfen und in ein selbstbestimmtes und geordnetes Leben zurückzufinden.
Neben grundlegenden Versorgungsangeboten unterstützt das neunköpfige Team aus Sozialarbeiterinnen, -pädagoginnen und Erziehungswissenschaftlerinnen die Besucherinnen auch mit psychosozialer Beratung und Begleitung. Die Mitarbeiterinnen helfen bei der Bewältigung von Alltagsproblemen, bieten Unterstützung bei Behördenangelegenheiten, begleiten sie zu Amtsterminen und helfen bei der Suche nach Wohnraum. „Viele unserer Besucherinnen wünschen sich vor allem eine eigene Wohnung“, erklärt Maria Peixoto. „Das Problem in Düsseldorf ist, dass es fast keinen bezahlbaren Wohnraum gibt.“
Auf Trebe sein
Der Ausdruck „Auf Trebe sein“ bedeutet: sich als Ausreißer herumtreiben. Nach dem Ersten Weltkrieg ist das Wort „treben“ in der Fachliteratur als Bezeichnung als ein „Entweichen aus den Fürsorgeanstalten“ nachweisbar. Heute wird der Begriff, der vermutlich aus dem Jiddischen stammt, gleichbedeutend für weg- und fortlaufen, streunen, untertauchen oder vagabundieren angewandt. Es handelt sich um Kinder oder Jugendliche, die ohne Anschluss an ihre Familie für eine gewisse Zeit obdachlos sind.*
*Lutz Röhrich / Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten, Herder-Verlag, Freiburg
Traumapädagogische Gestaltung
Vor fünf Jahren wurde das TrebeCafé komplett renoviert und neu gestaltet. Die gesamte Innenarchitektur ist darauf ausgerichtet, dass die Mädchen und Frauen hier zur Ruhe kommen können. So können sie sich z. B. in die Kuschel-Ecken zurückziehen und trotzdem Anteil daran haben, was um sie herum passiert. Im Zentrum steht ein großer Tisch, der zum Kaffeetrinken, Essen und Quatschen einlädt. Auch der Garten mit seinem Pavillon ist eine Oase inmitten der Stadt und wird gern frequentiert. Freies W-LAN und ein PC sind ebenfalls vorhanden. An diesem erledigen die Mädchen in erster Linie behördliche Angelegenheiten und Bewerbungen u. v. m.
Maria Peixoto im Garten des TrebeCafés, Foto: Bernd Obermann
„Unsere Hauptaufgabe ist es die traumatisierten Frauen zu entspannen. Durch das Leben auf der Straße haben sie einen extrem hohen Stress-Pegel und können nicht mehr klar denken“, sagt Maria Peixoto.
Foto: Bernd Obermann
Zum TrebeCafé gehört auch eine Kleiderbörse, die durch Kleiderspenden ermöglicht wird. Direkt im Eingangsbereich befindet sich ein großer Spiegelschrank, aus dem sich die Mädchen bedienen können, ohne um Erlaubnis fragen zu müssen. Zum Anprobieren gibt es eine Umkleidekabine wie in einer Boutique. Auch Schuhe, z. B. coole Sneaker, können sie sich einfach aussuchen. Zum schnellen Mitnahme-Angebot gehören zusätzlich Hygiene-Artikel, Tampons, Binden, Kondome & Co. ebenso wie Info-Broschüren über Verhütung, Vorsorge u. v. m. „Die Mädchen dürfen überall drangehen, wie zu Hause oder bei Freunden. Sie können sich ihre Post auch hierhin schicken lassen und ihre Habseligkeiten in einem Spind unterbringen“, sagt Maria Peixoto.
Spenden
Das TrebeCafé ist immer dringend auf Unterstützung angewiesen, wie z. B. durch die Stadtsparkasse Düsseldorf, die dem Rückzugsort aktuell 10.000 Euro spendete.
Spenden können Sie hier
Prävention
Damit nicht noch mehr Mädchen die Straße als Ort zum Leben wählen, lädt das TrebeCafé auch Schülerinnen mit ihrer Klasse ein, um zu zeigen: Es gibt Alternativen. Dabei können sich die Mädchen nicht nur ein Bild davon machen, wie es im TrebeCafé aussieht, sondern finden auch Gehör mit ihren eigenen Problemen. Denn ganz gleich ob Haupt-, Realschule oder Gymnasium – die Mädchen haben alle ihre eigenen Probleme.
Öffnungszeiten
Kontakt:
TrebeCafé
Maria Peixoto
0172 7280225
// Montag und Dienstag: 10 bis 13 Uhr
// Donnerstag bis Sonntag 17 bis 20 Uhr