Könnte man Glückshormone in einem großen Behälter sammeln, wäre dieser nach jedem Mitsingkonzert von Frau Höpker randvoll. Frauenquote? Die ist beim Laien-Ad-hoc-Chor immer erfüllt, wenn alle aus voller Kehle Popsongs, Schlager, Volkslieder und Evergreens mit Frau Höpker singen. Aber auch immer mehr Männer werden gesichtet. Die Profimusikerin und Entertainerin tourt durch ganz NRW und füllt Hallen. Wir trafen Frau Höpker im Romaneum in Neuss.

Ihre Markenbotschaft lautet „Frau Höpker bittet zum Gesang“ – das klingt ein bisschen nach Damenwahl und Tanzstunde.
Frau Höpker: Ich bin ein sehr höflicher Mensch und sieze mein Publikum grundsätzlich. Als ich vor 16 Jahren diesen Markennamen erfand, gab es durchaus kritische Stimmen wie: Das klingt wie „Frau Müller zum Diktat bitte“. Ich habe gesagt, lass mich mal machen. Und es hat funktioniert.

Schafft es nicht auch Distanz?
Frau Höpker: Ich finde gut, dass es in der deutschen Sprache die Höflichkeitsform gibt. Vielleicht habe ich mich auch so genannt, weil ich mich über Leute ärgere, die nicht höflich sind. Nur weil ich das Publikum sieze, bleibe ich ja nicht auf Abstand. Ich fahre bei jedem Konzert mein Radar aus, nehme die Stimmung und die Schwingungen der Sängerinnen und Sänger auf. Durch das gemeinsame Singen entsteht eine große Nähe und unglaubliche Intensität. Die Lichtstimmung auf der Bühne ist immer so, dass ich die Leute noch sehen kann und mit ihnen im Kontakt bin. Auch das Publikum nimmt sich wahr, jeder schaut aber auch mal nach links und rechts und hakt sich ein, wenn geschunkelt wird.

Weil Sie Kölnerin sind?
Frau Höpker: Ich bin Wahl-Kölnerin, aber Schunkeln und kölsche Lieder sind nicht nur im Rheinland beliebt. Bei meinen Konzerten in Buchholz bei Hamburg geht das Publikum genauso mit bei „Schenk mir dein Herz“ von den Höhnern. Ich sag‘ ja immer: Wer schunkelt, haut nicht. 

Aber in Köln hat alles angefangen?
Frau Höpker:
Ja, in einer Kneipe mit 40 Leuten. Mein Equipment war ein Piano, meine Stimme und eine Leinwand mit Liedtexten. Am Ende des Abends ging ein selbstgebauter Klingelbeutel herum. Heute singe ich in ganz NRW, in Rüsselsheim und Buchholz. Die Termine für 2025 stehen und mit 2026 sind wir in der Planung, weil die großen Hallen lange Vorlaufzeiten haben.

Statt Klingelbeutel gibt es heute Online-Tickets inklusive VRR und die sind meist schnell ausverkauft. Sind Sie eigentlich reich, Frau Höpker?
Frau Höpker:
Viele Menschen machen sich Gedanken darüber, was die Frau Höpker wohl so verdient. Sie versuchen die Anzahl der Menschen in der Halle zu schätzen. Für meine Verhältnisse bin ich tatsächlich reich. Denn im Vergleich zu fast allen meinen Kolleginnen und Kollegen, die monatlich sehen müssen, wie sie über die Runden kommen, kann ich das machen, was ich liebe und was ich über viele Jahre aufgebaut habe. Und damit führen mein Mann und ich ein sehr auskömmliches Leben ohne Existenzangst. Mein Reichtum ist das unabhängige, selbstbestimmte Arbeiten und Wirken, die Publikumsresonanz und der damit verbundene finanzielle Erfolg. Dafür bin ich von Herzen dankbar. Wir leben übrigens in einer 67 Quadratmeter großen Mietwohnung in Köln und dann gibt es noch ein kleines Büro, in dem ich arbeite und übe und alles lagere, was ich so für mein Business brauche. Wir leben bescheiden und nach dem Motto: Keep it simple.

Frau Höpker

„Ich bin der kleinste musikalische Nenner: Klavier, Stimme, Schluss.“

Aber Existenzängste konnten Sie schon während der Corona-Pandemie bekommen, oder nicht?
Frau Höpker:
Ich wurde auf einmal zur Hochrisikoveranstaltung erklärt. Als man von mir „Entleerungskonzepte“ für die Hallen verlangte, bin ich ausgestiegen. Während dieser Zeit hat mein Mann wieder als Heizungsbaumeister gearbeitet. 2022 gingen dann die ersten Konzerte wieder los. Wir haben viele verschobene Termine nachgeholt. Die Hallen füllten sich allmählich wieder. Heute ist alles wieder wie vorher und darüber bin ich natürlich mehr als froh.

Über Frau Höpker

Frau Höpker, die als Katrin mit vier Schwestern in einem evangelischen Pfarrhaus groß wurde, saß mit fünf Jahren am Klavier, später kam noch die Querflöte dazu. Mit neun Jahren spielte sie alles nach, was im Radio lief. Mit 13 Jahren begleitete sie die Gemeinde ihres Vaters auf der Orgel. Mit 18 bekam sie den ersten Preis bei „Jugend jazzt“. Es folgten zahlreiche Konzerte, Studio-, TV- und CD-Produktionen. Sie beschreibt sich gerne als musikalische Gesellschaftstherapeutin. Ihr Markenzeichen: ein weißes Outfit, das aus geschneiderten Basisoutfits besteht, die sie mit Modulen wie Glitzermanschetten passend zur Musik aufpeppt. „Das war mir nach Jahrzehnten im Auftrittsbusiness in Schwarz wichtig. Ich wollte keinen Stress mehr mit meiner Garderobe.“ Sie isst jeden Tag zwei Äpfel und reist grundsätzlich mit eigener Verpflegung zum Auftrittsort. 50 Konzerte gibt sie im Jahr, bei denen sie darauf besteht, dass die Handys in der Tasche bleiben. Noch immer beantwortet sie alle E-Mails und kümmert sich auch um die 80-Jährige, die mit Rollstuhl dabei sein möchte. Wird die Stimmung zu ausgelassen, fängt sie alle mit einer Handbewegung wieder ein – und das funktioniert so gut, dass das im doppelten Sinne Schule machen sollte.

Ihre Mitsingkonzerte sind Kult, auch weil Sie niemand kopieren kann?
Frau Höpker:
Es gibt durchaus Nachahmerformate. Das sind Gruppen oder auch Solo-Musikerinnen oder -Musiker, aber die arbeiten fast alle mit Hilfe von Playbacks. Ich bin der kleinste musikalische Nenner: Klavier, Stimme, Schluss. Und ich habe mir im Laufe der Jahrzehnte für das Mitsingkonzert ein riesiges Repertoire mit 1.700 Datensätzen aufgebaut. Natürlich könnte ich einfach 20 Klassiker hintereinander spielen, aber mir geht es auch um Botschaften. Ebenfalls ein wichtiger Programmpunkt sind meine Medleys, die ich zusammenstelle, um z. B. an berühmte Komponisten oder Musiker zu erinnern. Im März ist mein langjähriger Freund Hans Blum im 96. Lebensjahr verstorben. Da habe ich neben Titeln wie „Im Wagen vor mir“ auch das Lied „Zigeunerjunge“ gespielt, den ersten großen Hit und künstlerischen Durchbruch für die Sängerin Alexandra.

Frau Höpker

„Ich genieße jeden Auftritt. Wenn ich in der Energie bin, ist das einfach super.“

Zigeunerjunge? Ja geht das denn?
Frau Höpker: Ja, das geht, wenn man den zeithistorischen Kontext kennt und vorab erklärt. Und ich kann „Aber bitte mit Sahne“ von Udo Jürgens mit der Liedzeile „Nur ein Mohrenkopf höchstens, denn Ordnung muss sein“ schlecht in Schokoschaumkuss umdichten. Lieder haben einen Sitz im geschichtlichen Kontext, den man rückwirkend nicht umschreiben sollte. Ich würde aber z. B. niemals „Delilah“ von Tom Jones singen, weil das Lied von einem Femizid handelt.

Wie erreichen Sie denn die jüngeren Generationen oder die Besucher mit Migrationsgeschichte?
Frau Höpker:
Klassiker wie Abba kennen eigentlich alle. Bei deutschem Liedgut und Schlagern hört es auch bei den jüngeren Generationen auf, außer, sie spielen sonntagnachmittags im Sauerland. Da kennen alle „Aber Dich gibt´s nur einmal für mich“. Was quer durch die Generationen gut ankommt ist mein Rock-Medley mit Songs wie „Eye of the tiger“, „Born to be wild“ und „The final countdown“. Aber nicht nur die Generationen sind unterschiedlich musikalisch sozialisiert. Es gibt eine „Musikmauer“ zwischen Ost und West. In Neustrelitz kennen zum Beispiel alle unsere Schlager aus den 70ern, während wir mit Ostrock nur Silly, Karat und die Puhdys verbinden. Da würde ich gerne musikalische Brücken schlagen.

Warum kommen Ihre Fans immer wieder?
Frau Höpker:
Das müssten Sie natürlich eigentlich meine Fans fragen, aber ich denke, dass sie spüren, wie glücklich singen macht. Und am Ende haben alle das Gefühl: Ja, ich bin toll. Ich kann singen. Und dann gehen sie beseelt nach Hause. Und das ist wirklich so: Zusammen sind wir immer ein phantastischer und jedes Mal auch ein einmaliger Chor. 

Termine für die nächsten Mitsingkonzerte

 

3. November 2024, Schauplatz, Langenfeld
9. und 10. November im Forum Corneliusfeld in Tönisvorst
1. Dezember in der Dumeklemmer-Halle in Ratingen
6. Dezember Seidenweberhaus in Krefeld
19. Dezember Stadthalle Neuss

Weitere Infos:
Mitsingen

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