Der Düsseldorfer Schauspieler Patrick Mölleken blickt mit 31 Jahren bereits auf eine 21-jährige Filmkarriere zurück. Seine Filmographie und seine Auszeichnungen füllen Seiten. Der Interview-Termin mit ihm war reine Glückssache. Mölleken kam gerade aus London, von der Premiere des Kinofilms „Bonhoeffer“. Dort spielt er den älteren Bruder des Widerständlers Dietrich Bonhoeffer. Wir trafen ihn in Derendorf und waren gleich per Du. Und weil Patrick mit seiner Lederjacke etwas von James Dean hat, stand er nicht nur vor der Leinwand zum Shooting, sondern saß am Ende in der Autogarage auf der Münsterstraße am Lenkrad eines Porsche 356 1600 Super.

Lampenfieber, Angst vor Auftritten – das scheint dir fremd zu sein?

Stimmt, das war nie mein Problem. Mit der Bühne kam ich das erste Mal im Alter von fünf Jahren auf einer Kreuzfahrt mit meiner Familie in Berührung. Die abendlichen Shows an Bord hatten mich unglaublich beeindruckt: das Spotlight und wie gebannt die Leute zugeschaut haben. Das hat auch die Moderatorin Christine Dähn gespürt: Sie fragte mich kurzerhand, ob ich sie während des großen Galaabends auf der Bühne unterstützen möchte. Den Gästen gefiel es, wie ich sie vorne im Anzug begrüßte, und sie fragten später spaßeshalber nach einem Autogramm. An diesem Abend hat es bei mir Klick gemacht.

Patrick Mölleken, fotografiert von Jochen Rolfes

Deine erste TV-Rolle hast du dann tatsächlich auf dem Traumschiff gespielt. Und dann mit 13 Jahren eine Schauspielschule in Köln besucht. Neben der Schule?
Ja, fünf Jahre lang parallel zur Schulzeit. Mein Abitur habe ich erfolgreich abgeschlossen, und tatsächlich studiere ich gerade auch noch Betriebswirtschaftslehre an der Heinrich-Heine-Universität.

 Warum? Du bist Schauspieler, Sprecher und Produzent. Oder möchtest du damit sichergehen, dass du mit deiner Produktionsfirma nicht pleite gehst?
(lacht) Ich komme aus einer unternehmerisch geprägten Familie. So interpretiere ich auch meine Arbeit. Ich gehöre nicht zu den Künstlern, die nur in kreativen Sphären schweben. Die Filmbranche ist ein hartes Geschäft, das ich zum Glück mittlerweile in- und auswendig kenne. Sich da behaupten zu können, ist keine Selbstverständlichkeit. Ökonomische Kenntnisse sind sehr hilfreich – insbesondere für meine eigenen Projekte.

 Zu wem hast oder hattest du enge Beziehungen beim Filmen?
Ich durfte einige Schauspielerinnen und Schauspieler kennenlernen, die mich durchaus geprägt haben. Uwe Friedrichsen war ein wichtiger Mentor für mich. Er stand sein ganzes Leben vor der Kamera und auf der Bühne und hat mich unter seine Fittiche genommen. Kennengelernt habe ich ihn während unserer gemeinsamen Dreharbeiten zu „Das Traumschiff – San Francisco“. Wir waren bis zu seinem Tod eng befreundet. Mit Ulrich Tukur habe ich vor 14 Jahren zusammen „Rommel“ gedreht. Wir gehen sehr freundschaftlich miteinander um. Ein wichtiger Wegbegleiter ist zudem Bruno Eyron für mich geworden, seitdem wir 2014 gemeinsam in England vor der Kamera standen. Aus dieser besonderen Freundschaft sind mehrere Herzensprojekte entstanden, so wie unser historisches Drama „Das letzte Mahl“.

„In dir muss brennen, was du in anderen entzünden willst.“ Zitiert Patrick Mölleken, Schauspieler und Produzent, den Kirchenvater Augustinus von Hippo

Zu deinem aktuellen Film, der seit dem 13. März in den bundesdeutschen Kinos läuft: Walter Bonhoeffer wurde nur 18 Jahre alt. Wie alt bist du im Film?
Die enge Beziehung zwischen Walter und Dietrich Bonhoeffer wird im Film über mehrere Jahre ihrer Kindheit erzählt. Zu Beginn ist Walter etwa 16 Jahre alt.

 Das geht?
Ja, gar kein Problem mit einem guten Maskenbild. Früher sahen die jungen Menschen auch älter aus als heute.

Verabschiedung für immer: Walter Bonhoeffer (Patrick Moelleken), Mutter Paula Bonhoeffer (Nadine Heidenreich) am Steuer Vater Karl Bonheffer (Moritz Bleibtreu)

Die Zeitspanne, die die beiden Brüder hatten, ist kurz. Dietrich wurde knapp sechs Jahre nach Walter geboren …
Selbst während seiner Gestapo-Haft im Dezember 1944 hat Dietrich Bonhoeffer noch von Walter gesprochen, der im Ersten Weltkrieg gefallen war. Sein Tod war für die gesamte Familie ein tragischer Wendepunkt. Dietrich bekam Walters Bibel zur Konfirmation. Diese hielt er in Ehren, trug sie stets bei sich und arbeitete in ihr. Aufgrund ihres innigen Verhältnisses ist Walter eine Schlüsselfigur im Film. Umso mehr habe ich mich über das Vertrauen unseres Regisseurs Todd Komarnicki gefreut, der den Film geschrieben, produziert und inszeniert hat. Er hat übrigens auch „Sully“ gedreht. Die Weltpremiere von „Bonhoeffer“ fand im November 2024 im Regal Battery Park in New York City statt. Ein unvergesslicher Abend. Unsere Zuschauer haben sehr emotional reagiert, weil der Film tiefgehende Fragen zu Gerechtigkeit, Mut und Menschlichkeit aufwirft.

 Siehst du Parallelen zur Gegenwart?
Ja, der Film zeichnet erschreckend viele Parallelen zu unserer heutigen Zeit, wenn man an den wieder erstarkenden Antisemitismus, Nationalismus und Rechtspopulismus denkt – ebenso wie an die Aktualität der Themen Krieg und Frieden. In unserem Film gibt es eine Szene, in der Walter sich von seiner Familie verabschiedet und bereits ahnt, dass er nicht zurückkommen wird. Walter stirbt mit nur 18 Jahren in Francourt, weil er von Granatsplittern schwer verletzt wurde. Solche Szenen wiederholen sich bedauerlicherweise bis heute – sogar hier in Europa, wo sich die Ukraine seit drei langen Jahren gegen einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands verteidigen muss. Offenbar hat die Menschheit nichts aus der Vergangenheit gelernt.

Patrick Mölleken

Mit 10 Jahren stand er zum ersten Mal als „Junge an der Kartbahn“ in Alarm für Cobra 11 (RTL) vor der Kamera. Mit 13 Jahren war er Talkgast bei Harald Schmidts Late-Night-Show. Mit 16 Jahren wurde er mit dem Deutschen Hörbuchpreis ausgezeichnet. Mit 22 spielte Mölleken Hauptrollen in „König Laurin“ und dem „Tatort Dortmund – Hundstage“.

2019 verkörperte er in dem international prämierten historischen Film „Das letzte Mahl“ den jüdischen Nationalsozialisten Michael Glickstein am Tag der NS-Machtergreifung. Die viral gegangene Anti-Rassismus-Produktion „ABER“ mit dem Rapper Eko Fresh wurde mit dem Webvideopreis in der Kategorie „Sonderpreis für gesellschaftliche Verantwortung der Europäischen Union“ ausgezeichnet.

Mölleken spricht Englisch, Spanisch und Französisch fließend und Italienisch passabel. Eine Home-Story käme für ihn nie in Frage. Privates bleibt privat. Nicht zuletzt auch, weil er für seinen Anti-Rassismus-Einsatz Drohungen bekommen hat.

Fit hält er sich täglich im Home Gym und mit einer ausgewogenen Ernährung. Patrick Mölleken spielt Klavier, reist gerne und liebt Bewegung: Er fährt Fahrrad, spielt Tennis und Fußball, fährt Ski und golft. Aufgewachsen ist er in Mettmann, seine Familie kommt aus Düsseldorf. Sein Urgroßvater war Maschinenfabrikant in Hassels. Dessen Unternehmen hat unter anderem die Commerzbankkuppel an der Breite Straße/Ecke Benrather Straße, einen Turm der Marienkirche und Teile der Tribünen der Galopprennbahn gebaut.

Patrick Mölleken wohnt in Flingern, hat noch einen zweiten Wohnsitz in München. Er mag die japanische Kultur in Düsseldorf. Gastronomisch vermisst er seit der Pandemie sein Lieblingsrestaurant Kikaku. Wenn er am Rhein ist, fühlt er sich ein bisschen wie am Meer.

Die „Traumnovelle“, eine freie Adaption von Arthur Schnitzlers bekanntem Werk, habt ihr bei eurer Kinotour im Januar auch im Metropolkino in Düsseldorf vorgestellt. Der Film lief nur wenige Wochen …
In Deutschland lief der Film nicht allzu lange, aber das hat weniger mit dem Film selbst zu tun als mit den begrenzten Marketing-Möglichkeiten. Gegen die großen Blockbuster aus den USA anzukommen, ist mit einem vergleichsweise kleineren Budget eine unglaubliche Herausforderung. Die Rechnung ist relativ einfach: Idealerweise sollte man in das Marketing genauso viel investieren wie in die Produktion, um konkurrenzfähig zu bleiben. Trotzdem haben wir eine sehr gute Presseresonanz bekommen und international läuft der Film sogar richtig gut. Er wurde auf Englisch gedreht, was für den Weltmarkt entscheidend ist. Gerade gestern bekam ich sogar einen Fanbrief aus Japan – das fand ich ziemlich abgefahren und hat mich natürlich sehr gefreut. Ich spiele in dem Film den „Stranger“ („Der Fremde“), einen Dänen in Pilotenuniform. Mit ihm fremdzugehen, davon träumt Amelia, gespielt von Laurine Price.

Kannst du dir deine Rollen aussuchen?
Ja, und das ist ein echtes Privileg. In den vergangenen Jahren gab es immer wieder Situationen, in denen sich Produktionen zeitlich überschnitten haben. Deshalb versuche ich mittlerweile, gezielter auszuwählen, was mich wirklich anspricht und als Mensch weiterentwickelt. Besonders wichtig ist mir, dass die Filme vielleicht gesellschaftlich oder politisch einen Unterschied machen können. Dass man weiß, warum man diesen Job macht.

Aber ich habe auch festgestellt, dass die Projekte, bei denen ich selbst aktiv Einfluss nehmen konnte, oft die nachhaltigsten waren. Dafür habe ich ein gutes Gespür entwickelt. Ich denke, ich habe ein Talent dafür, mit Menschen zu kommunizieren und sie von meinen Ideen und von meiner Vision zu überzeugen. Am Ende des Tages möchte ich den Zuschauer bewegen und mitnehmen. Ihn so erreichen, dass er mit mir auf die Reise geht und sagt: Ich lasse alles liegen, ich bin bei dir.

 An welche Projekte denkst du da?
Unser historischer Kinofilm „Das letzte Mahl“ unter der Regie meines engen Freundes Florian Frerichs ist so ein außergewöhnliches Projekt, das mich bis heute begleitet. Es erzählt von dem Schicksal einer jüdischen Familie am 30.01.1933 – dem Tag der Machtergreifung Hitlers, der alles verändern sollte. Ich war zunächst als Schauspieler für eine der Hauptrollen besetzt. Da der Film aber schwierig zu finanzieren war und ich von Anfang an fest an dieses Projekt und seine Relevanz geglaubt habe, bin ich im nächsten Schritt auch als Koproduzent mit an Bord gekommen.

 2019 habe ich mit Romina Küper und Veronica Ferres in den Hauptrollen den Kurzfilm „Malou“ über eine mutige beinamputierte Tänzerin produziert, mit dem wir sogar ins Rennen um die 92. Academy Awards gehen durften. „Es wird besser“ war ein bewegender Kurzfilm zum Thema Cybermobbing mit Ursula Strauss.

Aktuell arbeiten wir an mehreren neuen Projekten. Unter anderem an einem Polizeithriller zum schweren Thema „Gewalt gegen Frauen“, der zunächst als Hörspiel realisiert werden soll. Noch in Postproduktion befindet sich eine Geschichte zweier junger Soldaten im Ersten Weltkrieg – ein Deutscher und ein Franzose, die sich schwer verwundet in einem Bombenkrater begegnen.

Wenn die berühmte Fee aus dem Märchen käme, welche drei Wünsche hättest du?
Auf jeden Fall nicht den großen Jackpot. Gesundheit für meine Familie und mich sind mir viel wichtiger. Und als drittes wünsche ich mir mehr Zeit. Denn wenn man Zeit hat, kann man alles verwirklichen, was einem am Herzen liegt.

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