Ihr zweiter Düsseldorf-Krimi ist soeben erschienen. Nach „Ein letzter Frühling am Rhein“, der in der Glamourwelt der Mode spielt, haben Sie jetzt einen Immobilienkrimi geschrieben, der in der „bürgerlichen Trotzburg“ Himmelgeist stattfindet.

Was hat Sie an diesem dörflichen Teil Düsseldorfs gereizt?
Da passiert der Mord an einem Ort, der friedlich Himmelgeist heißt, als könne hier kein böser Geist sein Unwesen treiben. Dieser Kontrast schreit zum Himmel. Darin wirkt für mich ein unheimlicher Reiz, die vordergründige Bravheit auszuspielen. Der Kriminalroman spielt auch in Oberbilk.

Um die Gegensätze zu Himmelgeist herauszuarbeiten?
Na ja, sie sind ja offensichtlich – und doch: Sie wie unter einem Mikroskop zu beobachten, dieses Treiben und Machen, die Art des Lebens und die Unterschiedlichkeit der Menschen, fließt in die Dramaturgie ein. Aber nicht nach typischer Krimi-Manier, dass die Polizei in jeder Zeile dem Mörder auf der Spur ist. Es muss sich entwickeln, um Hintergründe offenzulegen, wie Menschen ticken, warum sie eingeschüchtert oder aggressiv sind, wer zu wem hält und warum, wie sich Perspektiven verändern.

Wie nah ist der Roman an der Wirklichkeit dran, der nicht nur von der Jagd auf den Mörder, sondern auch von der Gentrifizierung in Oberbilk handelt?
Statt von Gentrifizierung spreche ich lieber von Wandel und der ist in Oberbilk tatsächlich rauschend. Da muss man sich nur einmal Mieten und Immobilienpreise anschauen. Selbst Himmelgeist verändert sich radikal, ummauert von neuen Bebauungsgebieten. Der dörfliche Charakter dieses Stadtteils steht unter Druck. Der Wandel ist wie eine Düne, sie wandert unaufhaltsam.

Stolpern Sie über die Themen und konstruieren dann die Mordfälle oder wachen Sie morgens auf und der Plot steht?
Die Aufwachnummer funktioniert nicht. Wenn sich ein Thema im Kopf festgesetzt hat, überlege ich die mögliche Auflösung des Falls und lege fest, welche Charaktere und Hintergründe die Figuren des Romans haben. Daraus entwickelt sich dann die Handlung.

Der Autor Frank Wilmes lebt und arbeitet in Düsseldorf. Foto: © Alexander Vejnovic

Wo waren Sie überall unterwegs für Ihre Recherchen zum Himmelgeist-Krimi?
Punktgenau dort, wo die Handlungen stattfanden, auch in Oberkassel und Unterbilk. Zu den Details zählt etwa, dass ich Entfernungen mit Zeitangabe abgelaufen bin, weil exakte Daten für die Polizeiarbeit grundlegend sind. In einer Kneipe in Oberbilk zum Beispiel ist häufig der bedeutende deutsche Kirchenkünstler Bert Gerresheim. Ihn habe ich im Roman natürlich anders genannt, aber das Drumherum bestimmter Szenen zu beschreiben, schafft Nähe.

Was reizt Sie an Kriminalromanen?
Jeder kann zum Mörder werden. Ich weiß, das ist eine unverschämte Aussage. Aber sie ist wahr. Das belegen forensische Studien. Deshalb sind Kriminalromane mit ihren psychologischen Verwicklungen und Hintergründen auch Gesellschaftsromane. Darin wirkt eine unheimliche Faszination gegenüber dem Bösen. Die Guten haben das angenehme Gefühl, zu den Anständigen zu gehören. Die Selbstgerechtigkeit triumphiert. Und da kann der Stinkefinger gar nicht groß genug sein.

Welche Rolle spielt die Schriftstellerei in Ihrem Leben?
Ich muss einfach schreiben, es lässt mich nicht los, es erfüllt mich. Nun hängt davon nicht mein Leben ab, aber es wäre ohne die Schriftstellerei trister. Für mich eine absurde Vorstellung.

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Über den Autor

// Frank Wilmes stammt aus dem Münsterland und lebt seit mehr als 30 Jahren in Düsseldorf.
// Er studierte Betriebswirtschaft, volontierte beim Handelsblatt-Verlag, schrieb als Wirtschaftsjournalist für Wirtschaftswoche und Capital und als Regierungskorrespondent für Welt am Sonntag.
// Seit 2003 ist er freiberuflicher Ghostwriter, Medienagent, Spin-Doctor und Schriftsteller.

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