Der Düsseldorfer Flughafen wird bei den Verkehrsergebnissen in diesem Jahr voraussichtlich auf ein Plus von 20 Prozent gegenüber den Zahlen des Vorjahres kommen und somit rund 19 Millionen Passagiere befördern. Trotz des positiven Trends erholt sich der Luftverkehr in Deutschland aufgrund schlechterer Rahmenbedingungen langsamer als im europäischen Vergleich. Die neuen Geschäftsführer Lars Redeligx und Pradeep Alex Pinakatt sind im Januar angetreten, um die operative Leistungsfähigkeit des größten Flughafens in NRW wiederherzustellen und das Passagiererlebnis zu verbessern. Wir besuchten die beiden Manager in einem Konferenzraum mit Blick auf das Vorfeld.

Sie sind Anfang des Jahres als Doppelspitze beim Flughafen Düsseldorf angetreten. Wie sind Sie gestartet?

Lars Redeligx (LR): Es war auf jeden Fall ein sehr intensives Jahr. Wir hatten allein sechs Streiks. Das hieß für uns, dass wir morgens um vier Uhr mit unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie Partnern im Krisen- stab gesessen haben, um den Flugbetrieb aufrechtzuerhalten. Sehr wichtig bei unserem Start waren uns die vielen Gespräche und der Austausch mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, Partnern, mit Stakeholdern in der Stadt, dem EUREF-Campus, unseren Gesellschaftern, mit der Politik und den Anwohnern.

Pradeep Alex Pinakatt (PP) ergänzt: Nicht zu vergessen, dass wir drei Monate vor den Osterferien eine zusätzliche Herausforderung bewältigen mussten, weil das Landesverkehrsministerium turnusmäßig neue Lizenzen für die Gepäckabfertigung vergeben hat und damit kurzfristig neue Unternehmen am Standort tätig wurden. Das war eine logistische Herkulesaufgabe. Wir haben das vom ersten Moment an zur Chefsache gemacht und uns persönlich in wöchentlichen Besprechungen eingebracht, weil wir von unseren Mitarbeitern nichts verlangen wollen, was wir nicht auch selber machen würden.

Also auch ein neuer Führungsstil?

PP: Mit unseren rund 1.900 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern am Flughafen direkt vor Ort wollen wir, wenn möglich, immer in einen direkten Austausch gehen. Und dies nicht nur in der Verwaltung, sondern auch im Aus- tausch mit den Kolleginnen und Kollegen in den operativen Bereichen, zum Beispiel im Terminal. Wir sind beide gerne mitten im Geschehen, haben einen Betriebsführerschein sowie verschiedene Sicherheitsschulungen gemacht, damit wir uns nahezu überall, auch auf dem Vorfeld, bewegen können. In einem internen Blog berichten wir wöchentlich darüber, was wir als Geschäftsführung machen und welche Themen anliegen. Auf diese Form der Kommunikation und die Transparenz erhalten wir viele positive Reaktionen.

Wir wollten wie beim Flugzeug die Bremsklötze wegräumen.

LARS REDELIGX

Vorsitzender der Geschäftsführung, Flughafen Düsseldorf

LARS REDELIGX

// Lars Redeligx ist in Hamburg aufgewachsen und wird wegen seines Nachnamens immer mal wieder nach seinen gallischen Vorfahren befragt. Die hat er nicht, aber immerhin war er insgesamt sieben Jahre in Belgien tätig und hat mehr als 20 Jahre Erfahrung im Luftverkehr. Den Moment seiner Berufswahl kann er exakt bestimmen. Als Schülerpraktikant bei der Lufthansa stand er im Hangar vor einem Flugzeug und wusste: Hier will ich hin! Redeligx machte eine Ausbildung bei der Lufthansa, absolvierte ein Traineeprogramm und seinen Master in Betriebswirtschaft.
// Als Hamburger liebt er den Wassersport, besonders segeln und kitesurfen. „Ich bin froh, dass ich in Düsseldorf wieder ein bisschen näher am Wasser bin“, erklärt er.
// Seine Frau und seine beiden Kinder (15 und 17 Jahre) leben (noch) in Frankfurt. Redeligx wohnt unter der Woche in Düsseldorf-Derendorf und pendelt am Wochenende – mit der Bahn.

Was hat sich in diesem Jahr verändert? Was waren Ihre Themen?

LR: Die Menschen wollen nach der Pandemie wieder reisen. Das hat schon im letzten Jahr begonnen und leider zu operativen Problemen geführt. Unser oberstes Ziel war es, die operative Leistungsfähigkeit des Flughafens wiederherzustellen. Wir haben über zehn Millionen Euro in Qualität investiert, in die Sicherheitskontrolle, die Flugzeugabfertigung und in die Sauberkeit. Unsere inzwischen mehr als 50 Maßnahmen der Off-Block-Qualitätsoffensive haben gegriffen.

PP: Die Kundenzufriedenheit ist höher als im letzten Jahr. An der Sicherheitskontrolle haben die Passagiere so kurz gewartet wie in den letzten fünf Jahren nicht. 90 Prozent unserer Gäste sind in weniger als zehn Minuten durch die Sicherheitskontrollen, 95 Prozent in weniger als 15 Minuten. LR: Das heißt aber nicht, dass wir uns jetzt zurücklehnen und sagen: Wir sind damit fertig.

Wie würden Sie Ihre Zusammenarbeit in der Geschäftsführung beschreiben?

LR: Am besten mit dem Prinzip 1 + 1 = 3. Wir sind Sparringspartner. Pradeep kommt aus dem Unternehmen und hat sich jahrelang mit den Bodenverkehrsdienstleistungen befasst, ich habe schon Passage, Fracht und Catering gemanagt – kenne also die
Kundenseite. Wir sind ein gutes Team und uns nicht zu schade, mit anzupacken, und gleichzeitig das große Ganze zu gestalten.

PP:
Unsere Stärken liegen in unserem gemeinsamen Wertegerüst und einer ähnlichen Denkweise. Dies wird uns sowohl intern als auch von unseren Partnern gespiegelt.

Auch von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern?

LR: Ich denke schon. Wir haben in diesem Jahr seit langem wieder eine Altweiberparty organisiert und selbst Bier gezapft. Toll war auch unser sogenannter FOD-Walk, bei dem wir mit 100 Kolleginnen und Kollegen sowie Partnerunternehmen fast drei Kilometer die Landebahn abgelaufen sind, um herumliegende Gegenstände einzusammeln. Diese können sonst von Triebwerken eingesogen werden. Anschließend gab es Currywurst mit Pommes.

PP: Wir haben natürlich Kehrmaschinen, die täglich die Runways abfahren. Trotzdem ist es wichtig, dass wir das Bewusstsein bei allen Mitarbeitern hier auf dem Campus schärfen, alles direkt einzusammeln. Wenn wir zum Beispiel bei unseren Fahrten auf dem Rollfeld ein abgefallenes Kofferband sehen, entsorgen wir es.

Wir haben bis Oktober im Vergleich zu unserem Rekordjahr 2019 über 8.000 Flüge weniger benötigt, um die gleiche Anzahl an Passagieren zu befördern, weil größere Flugzeuge zum Einsatz kommen. Das ist nachhaltiger und ein Wachstumshebel.

PRADEEP ALEX PINAKATT

Geschäftsführer und Arbeitsdirektor, Flughafen Düsseldorf

PRADEEP ALEX PINAKATT

// Der Betriebswirtschaftler Pradeep Alex Pinakatt fing bei Hochtief in der Unternehmenszentrale an, wechselte von dort in die Flughafensparte.
// Er war international unterwegs, arbeitete zweieinhalb Jahre am Flughafen Sydney, kehrte dann zurück nach Essen. „Wie man unschwer erkennen kann, bin ich ein Kind des Ruhrgebiets“, lacht Pinakatt. Dort wohnt er noch immer mit seiner Frau und seinen beiden Kindern (12 und 10 Jahre). Die kommen auch gerne mit, wenn am Flughafen Events stattfinden, teilen die Faszination ihres Vaters für den Airport.
// Montags spielt Pinakatt nach Dienstschluss mit Kolleginnen und Kollegen Fußball. Einer seiner Lieblingsorte in Düsseldorf ist das Fortuna-Stadion, nur einen Katzensprung von seinem Arbeitsplatz entfernt.

Manager denken gerne in die Zukunft. Welche Vision haben Sie?

LR: Wir haben drei Ziele: Erstens, als exzellenter Flughafen in der Kategorie mit bis zu 30 Millionen Passagieren zu den besten Flughäfen Europas zu gehören. Zweitens, vorbildlich nachhaltig zu sein, also bei der Energie- wende mehr zu erreichen als das gesetzliche Minimum. Und drittens, eng verbunden zu sein mit den Arbeitnehmern, weil wir mit über 20.000 Mitarbeitern eine der größten Arbeitsstätten in der Region sind. Wir wollen smart, also intelligent, wachsen. Dazu gehört auch, die Bedenken von Anwohnern und dem Naturschutz ernst zu nehmen. Wir haben mit der Änderung unseres Planfeststellungsantrags die bereits genehmigte Kapazität von 131.000 Flügen als Obergrenze akzeptiert, möchten aber 25 bis 30 Millionen Passagiere befördern.

Innerdeutsche Flugverbindungen werden gestrichen, das ist gut für die Umwelt …

LR: Durch das gestiegene Nachhaltigkeitsbewusstsein haben viele Unternehmen ihre Dienstreiseregelungen entsprechend angepasst, was wiederum Auswirkungen auf den innerdeutschen Flugverkehr hat, über den die Fluggesellschaften entscheiden. Aktuell unterhalten wir keine Verbindungen mehr nach Nürnberg sowie Leipzig und die Verbindungen nach Berlin und Hamburg sind in der Frequenz reduziert.

Unser Ziel ist es, an den Punkt zu kommen, an dem die Passagiere alle Schritte am Flughafen als digitale Reise vorbuchen können.

LARS REDELIGX

Vorsitzender der Geschäftsführung, Flughafen Düsseldorf

Ein steter Stein des Anstoßes – vor allem der Initiativen gegen Fluglärm – sind die Nachtlandungen. Warum klappt das nicht mit den vereinbarten Ruhezeiten?

PP: Seit Jahresbeginn ist die Zahl der Nachtlandungen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum zurückgegangen. Die Entwicklung ist positiv – gerade vor dem Hintergrund, dass der überwiegende Teil der späten Landungen auf externe Einflüsse zurückzuführen ist. Am Ende des Tages müssen die Mitarbeiter Überstunden leisten und die Airline braucht ggfs. eine neue Crew. Ein Lösungsansatz und zugleich eine von unseren mehr als 50 Off-Block-Einzelmaß- nahmen ist, dass wir die Flüge morgens ab 6.00 Uhr leicht versetzt terminieren. Das hat enorme Auswirkungen auf den Mitarbeiterbedarf bei der Bodenabfertigung. Wenn die erste Welle, die morgens rausgeht, ab 6.00 Uhr pünktlich bedient wird, ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass die hier stationierten Flieger abends pünktlich wieder reinkommen.

Die Kundenzufriedenheit ist höher als im letzten Jahr. An der Sicherheitskontrolle haben die Passagiere so kurz gewartet, wie in den letzten fünf Jahren nicht.

PRADEEP ALEX PINAKATT

Geschäftsführer und Arbeitsdirektor, Flughafen Düsseldorf

Hat der Luftverkehr außer Charter- und Linienflügen eine internationale Verantwortung?

LR: Definitiv, der Flughafen ist ein besonderer Ort und wir nehmen unsere Verantwortung wahr. Denken Sie nur an die schrecklichen Erdbeben in der Türkei und in Syrien. Am Tag danach wurde überlegt, was wir tun können. Die Fluggesellschaften haben Hilfe geleistet und wir haben sie mit unseren Kollegen in der Fracht unterstützt.

Der Chef einer neuen Airline kommt persönlich zum Erstflug. Was würden Sie ihm über Düsseldorf erzählen?

LR: Was das hier für ein toller Standort ist mit einem Einzugsgebiet von 18,5 Millionen Einwohnern in einem Umkreis von 100 Kilometern sowie 700.000 kleinen und mittleren Unternehmen. Dann würde ich ihm vermutlich bei einem Glas Altbier in der zehn Minuten entfernten Altstadt nahebringen, wie man hier tickt und wie offen die Kultur an Rhein und Ruhr ist. Diese Kombination kenne ich so von keinem anderen Flughafen.

Fotos: © Alexander Vejnovic

Titelbild: © Mike Henning, Flughafen-Düsseldorf

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