Warum singen Vögel niemals falsch?

Wenn Herman van Veen auf der Bühne der Düsseldorfer Tonhalle singt, spielt, tanzt und räsoniert, dann scheint für einen Moment alles möglich. Am 14. März 2025 wurde Herman van Veen achtzig Jahre alt. Statt leiser zu treten, gab er seiner Tournee den Titel „Achtzig“ und füllt damit aktuell die Konzertsäle Europas. Auch in Düsseldorf, wo er seit 50 Jahren regelmäßig auftritt. Die Tonhalle war an drei Abenden im Mai ausverkauft. Wir trafen ihn kurz nach seinem Auftritt – von Atemlosigkeit keine Spur. Stattdessen ein langer, warmherziger Händedruck und ein aufmerksamer Blick aus blauen Augen und die Frage: „Wann kommst du mich besuchen?“

© Bernd Hagedorn, Beitragsfoto © Mark Uyl

© Anne Hamers

„Ich bin von nach dem Krieg und ich hoffe, dass es auch so bleibt.“ Herman van Veen

Er kennt den Ernst des Lebens, aber nimmt ihn gerne auf die Schippe. Sein Konzert in Düsseldorf begann er mit „Auf Wiedersehen und Adieu“ – weil er nicht wisse, ob er das letzte Lied noch schaffe. Auch wenn er Lieder wie „Ich hab‘ ein zärtliches Gefühl“, „Suzanne“, „Anne“ oder „Unten am Deich“ singt, Geige und Gitarre spielt, am Klavier sitzt, steppt, tanzt und sogar hüpft und springt, ist jedes Konzert wie ein Abend mit jemandem, der einem nahe ist und nahekommt.  

In einer kleinen Schulstunde auf der Bühne diktiert er mit Kommata: Warum singen Vögel niemals falsch? Was ist der Zusammenhang zwischen Ölpreisen und Flüchtlingen? Warum werden unsere Schulden immer wertvoller? Was ist der Zusammenhang zwischen Globalismus und Einsamkeit? Wenn es gut ist, hast du Recht und Unrecht zugleich. Was, wenn Liebe überschätzt ist? Was tun, wenn Nachdenken zu teuer wird? Wenn jemand dich fragen würde, was willst du später werden, wer von euch sagt: Flüchtling?

In van Veens Welt werden poetische Umarmungen zu Bühnenbildern. Geboren 1945 in Utrecht, Sohn einer Hausfrau und eines Schriftsetzers, wuchs er mit Geschichten, Musik und einem feinen Gespür für Ungerechtigkeit auf.  Seine Geige bekam er von seinem Klassenlehrer auf der Montessori-Schule: „Hör‘ auf zu pfeifen, pfeife hierdrauf.“

In Deutschland wurde er bekannt durch Alfred Biolek, seitdem singt er viele Lieder auch auf Deutsch. 188 CDs, über 70 Bücher und 26 DVDs hat er veröffentlicht. Unvergessen: Alfred Jodocus Kwak, die kleine gelbe Ente, die van Veen zusammen mit Hans Bacher und Harald Siepermann erschuf. Die Zeichentrickserie, ausgezeichnet und pädagogisch wertvoll, lebt weiter – in seinen Enkeln, die Alfred heute noch durch Groß-Wasserland folgen.

Herman van Veen hat das Kunststück vollbracht, als Clown mit Violine ebenso ernst genommen zu werden wie als Kinderrechtler und Stiftungsgründer.  Seinen 80. Geburtstag feierte Herman van Veen dort, wo seine deutsche Stiftung zu Hause ist: im Hotel van Bebber in Xanten. Geschenke wollte er keine. „Spendet lieber für die Kinder“, sagte er.

Er ist ein Künstler, der das Staunen nicht verlernt hat – und deshalb sein Publikum immer wieder überrascht. In Düsseldorf, wo ihn viele seit Jahrzehnten begleiten, ist van Veen längst Teil der kulturellen DNA geworden.

© Casper van Aggelen

Drei Fragen an Herman van Veen

Was machst du, wenn du traurig bist?

Herman van Veen: Dann gehe ich malen oder arbeite im Garten. Singen und Spielen kann mir auch aus der Traurigkeit helfen.

Dein Rezept, um auch noch mit 90 Jahren die Bühne zu rocken?

Herman van Veen: Abgesehen vom genetischen Zufall, lautet mein Rezept: Nette Menschen um mich herum.  Viel Bewegung. Maßvoll mit Alkohol und Essen. Sich auf das freuen, was noch möglich ist.

Wenn du drei Wünsche bei einer Fee aus dem Märchen frei hättest, was würdest du dir wünschen?

Herman van Veen: Weltfrieden. Tiefer Respekt für alles, was lebt und dass Kindern ihre Rechte gegeben werden können.

© Pim Ras

Herman van Veen – eine Legende zu Lebzeiten

Seit 60 Jahren steht der niederländische Singer-Songwriter, der Geige, Gesang und Musikpädagogik am Utrechter Konservatorium studierte, auf der Bühne. Für das deutsche Publikum wurde er 1972 von Alfred Biolek entdeckt mit seinem Auftritt in „Bios Bahnhof“.  Ende der 1980-er Jahre erblickte die Ente Kwak in der Zeichentrickserie Alfred J. Kwak das Licht der Welt und wurde mit mehreren Preisen ausgezeichnet.

Herman von Veen reist seit 57 Jahren um die Welt und hat 188 CDs, 26 DVDs und über siebzig Bücher herausgebracht. Der „holländische Clown mit Glatze“ setzt sich seit über 45 Jahren für die Rechte der Kinder ein. Er ist Träger des Verdienstkreuzes am Bande der Bunderepublik Deutschland für die Verständigung zwischen Deutschland und den Niederlanden.

© privat

© Rob Chrispijn

© Herman Selleslags

© unbekannt

© privat

© Olaf Bellman

„Herman van Veen ist wie ein guter Golfball – er rollt und trifft mitten ins Herz.“

Ein Gespräch mit Hans-Werner Neske, Gründer der Herman van Veen-Stiftung Deutschland und Träger des Verdienstordens des Landes NRW

Als Herman van Veen 2003 gemeinsam mit Hans-Werner Neske die deutsche Stiftung gründete, war das der Beginn einer ungewöhnlichen Freundschaft. „Ich war 1978 in Münster bei einem Konzert. Danach bin ich drei Abende hintereinander wieder hingegangen. Ich war einfach geflasht“, erinnert sich Neske. Zwei Jahrzehnte später schlug der ehemalige Latein-, Religions- und Sportlehrer dem Künstler ein Benefiz-Golfturnier vor. Der Rest ist Geschichte – und hielt nicht nur 18 Bahnen, sondern jetzt schon 22 Jahre lang.

Herr Neske, Sie wurden kürzlich mit dem Verdienstorden des Landes NRW für Ihr Ehrenamt ausgezeichnet – was bedeutet Ihnen diese Ehrung?
Sehr viel. Aber ich empfinde sie auch als Auszeichnung für unser gesamtes Stiftungsteam, von dem ich besonders meine langjährige Stellvertreterin und jetzige Ehrenpräsidentin Heide Ecker-Rosendahl und deren Nachfolgerin Steffi Nerius lobend erwähnen möchte, und  natürlich für alle Unterstützter und Botschafter, die sich mit viel Herzblut für die Projekte einsetzen. Und natürlich für Herman, ohne dessen Vision das alles nicht möglich gewesen wäre.

Was macht Herman van Veen für Sie so besonders?
Er ist jemand, der einen Raum mit Poesie füllt, ohne ein Wort zu sagen. Ein Humanist, der das Kind in sich bewahrt hat. Und gleichzeitig ein begnadeter Entertainer, der immer aktiv dabei ist, wenn wir konkret unsere Projekte vorstellen und eröffnen– mit Segelbooten für Rollstuhlfahrerkinder, mit Fußballfeldern, Musiktherapie oder Zirkusprojekten.

Wie läuft die Zusammenarbeit zwischen Ihnen beiden?

Intuitiv und voller Vertrauen. Herman ist nicht planbar – und das ist gut so. Unsere Stiftung lebt davon, dass sie nicht starr ist, sondern flexibel auf Bedürfnisse reagiert. Und dass man beim Helfen auch lachen darf, was mit Herman als Sinngeber auch gar nicht anders geht.

Was war für Sie ein besonders bewegender Moment?
Dass Herman seinen 80. Geburtstag mit den Botschaftern und Mitgliedern der deutschen Herman van Veen-Stiftung im Hotel van Bebber in Xanten feierte, unserer Homebase mit eigenem Herman van Veen-Foyer, das es seit unserem 20. Stiftungsjubiläum 2023 gibt. Für mich ganz persönlich war sehr bewegend, dass Herman vor 20 Jahren bei der Taufe unseres Sohnes Jan-Erik als Pate im Xantener Dom mit ihm im Arm auf dem Altar getanzt hat und so den schreienden Säugling beruhigte.

Ministerpräsident Hendrik Wüst überreicht den Verdienstorden des Landes NRW an Hans-Werner Neske, © Land NRW

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Die Herman van Veen-Stiftung Deutschland

Im Jahr 2003 gründeten Herman van Veen und Hans-Werner Neske die Herman van Veen-Stiftung Deutschland. Zweck der Stiftung ist es, Kinder und Jugendliche, wo auch immer in der Welt, bei ihrer Entwicklung zu begleiten, damit sie ihre Talente und Begabungen in jeder Hinsicht entfalten und zur Geltung bringen können. Besonderes Augenmerk liegt hierbei auf der Förderung körperlich, geistig oder psychisch-sozial behinderter Kinder und Jugendlicher sowie der Verwirklichung der Kinderrechte.

Die Stiftung unterstützt seitdem 20 Projekte im Jahr und hat insgesamt 250.000 Euro beim RTL-Spendenmarathon an den Hamburger Verein Dunkelziffer gespendet für die Therapie missbrauchter taubstummer Kinder – prominent unterstützt von den Schauspielern Ann-Kathrin Kramer und Harald Krassnitzer.

Bekannte Botschafter der Herman van Veen-Stiftung Deutschland sind u. a.: Marijke Amado, Uwe Backes, Rainer Bonhof, Heiner Brand, Dieter Brei, Norbert Büsch, Christian Ehrhoff, Ute Friese, Toto Heim, Danny Heister, Prof. Eckart von Hirschhausen, Christian Keller, Ingrid Kühne, Henry Maske, Björn Otto, Andreas Preuß, Markus Rehm, Bernd Stelter, Jürgen Steinmetz und Harry Wijnvoord.

https://www.hermanvanveenstiftung.com

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