im Werk des japanisch-deutschen Künstlers KanjoTaké

 © Alexander Vejnovic, das-fotostudio-duesseldorf.de

Für Kanjo Také sind ungewöhnliche Orte eine wichtige Quelle der Inspiration. Deshalb entschloss sich unser Fotograf, Alexander Vejnovic, ihn in einer ungewöhnlichen Location zu portraitieren: Einem Lost Place, der verlassenen Mc Donalds Filiale an der Graf-Adolf-Straße.

Kanjo Také ist ein deutsch-japanischer Künstler, der in seinem Werk viele verschiedene kreative und mediale Facetten vereint. Als international gefeierter Art Director rollten ihm die die großen Kreativ-Agenturen in London, New York und der Schweiz den roten Teppich aus. Dennoch gab er seine Werbekarriere im Jahr 2003 auf, um sich voll und ganz der Kunst zu widmen. Seit mehr als 18 Jahren arbeitet er nun als freier Künstler und experimentiert immer wieder mit neuen Techniken. Také erfindet sich beständig neu. Er kombiniert seine Fotografie mit Malerei und Collagentechnik, Video, kreiert Digital Paintings mit verstecktem Symbolgehalt und Motiven aus seiner Heimat Deutschland oder Japan, wie z.B. sein Werk „Nowhere or 36 views of Fujiyama“, mit dem er sich auf einen Zyklus des Heiligen Berges von Hokusai (1760-1849) bezieht. Der Berg ist das berühmteste Motiv japanischer Landschaftskunst und Zeichen der japanischen Kultur in der gesamten Welt.

Evolution, Tryptichon Die Vorstellung vom
Garten Eden hat mich schon immer beschäftigt. Insgesamt drei Jahre machte ich Aufnahmen in exotischen Gärten eines großen Sammlers, welche die kostbarsten und seltensten Pflanzen aus aller Welt enthielten. Hier fand ich alle „Zutaten“ für meinen Garten Eden. Es entstand eine neunmonatige Schaffensphase mit Hunderten von Entwürfen – bis dieses Werk „Evolution“ sich zeigte, als eine Vision von Naturgewalt und Schönheit und Zivilisation aus verschiedenen Kulturen.

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Göttinnen, Tryptichon In Japan, Tokyo, 2005 inszeniert Kanjo Také eine Geisha als „Madonna“ indem er entgegen der japanischen Kultur den Kimono dem „Modell“ über den Kopf legt, so dass eine madonnenhafte Aura entsteht.
In diesem Triptychon erlebt der Betrachter das Spannungsverhältnis zwischen Verhüllung und Enthüllung. Hier verbindet der Künstler das westliche Bild der Madonna mit der hohen Kunst der Geisha des alten Japans. Nunmehr fließt die westliche Aura mit der östlichen zusammen.

Serie Money Tu „Geld kann man nicht essen“, ist die Überlieferung des berühmten Indianer-Häuptlings Seattle. Diese Philosophie hat mich schon als Kind begeistert, so Kanjo Také. Manitu ist der höchste Gott der Indianer, der Naturgott. Das entspricht dem Shintoismus, dem Nationalglauben der Japaner. Wenn also die Natur der Gott der Indianer ist und dem Shintoismus verbunden, so ist der Gott der westlichen Hemisphäre das Geld. Kanjo Také erklärt: Bei diesem Werk projizierte ich Geldscheine aus aller Welt auf den Körper einer nackten Tänzerin aus der Pina Bausch  Gruppe. Die Scheine wirken wie ein Tattoo. So entsteht der Eindruck einer besonderen Bildwelt, die an vergangene Kulturen erinnert. Manitu wurde zum Wortspiel Money Tu.

Bei Také wird der Fuji zur globalen Wanderdüne, die sich an jedem Ort der Welt befinden kann und „Nowhere“ zu einem anderen Wort für „Every- where“. Als wiederkehrendes Symbol zieht sich der Fuji durch sein Werk und findet sich z. B. inmitten einer Bandagen-Tasche von Polopferden wieder, während die Pferde über eine Landschaft aus Sattelzeug galoppieren. Der mächtige Berg hüllt sich in weibliche Dessous, verbirgt sich hinter Variationen von prachtvollen Kimonostoffen, konkurriert mit seinem Doppelgänger, einem 500-Yen-Schein oder erscheint als Spiegelung auf einem Foto des silbernen Ghery Gebäudes am Düsseldorfer Medienhafen.

Durch seinen japanischen Vater und seine deutsche Mutter vereinen sich in Kanjo Také East und West, was sich auch in seinem Werk widerspiegelt. Aus seiner Sicht gehören beide Kulturkreise mit ihren unterschiedlichen Denkmodellen zusammen. Reisen, Erinnerungen, flüchtige Wahrnehmungen in Düsseldorf, Dortmund, Berlin, Tokyo, New York, Shanghai oder Kyoto sind allesamt Quellen der Inspiration für Kanjo Také, der momentan in Düsseldorf lebt und arbeitet. Seine Themen reichen von der Fahrt entlang einer Autobahnbaustelle über den Rhein, „Rhenus“ und die Rheinkirmes in Düsseldorf bis hin zu japanischen Geishas, die er in seiner Reihe „Göttinnen“ auf verschiedene Weise überhöht darstellt, ob als Stil-Ikonen der japanischen Kultur, als Kämpferinnen oder Manga-Figuren. Er schafft Breitwandpanoramen, Stillleben, Landschaften und artifizielle Digital Paintings auf Basis seiner Fotos, die er mit seiner Hasselbladt-Kamera macht. Mit detailverliebter Akribie gestaltet er Werke, in denen man bei längerem Betrachten immer wieder etwas Neues entdecken kann, wie zum Beispiel surreale Insekten, die aus verfremdeten Küchengeräten bestehen.

Wir besuchten Kanjo Také im Kunstraum 49, der Galerie Shia Bender an der Graf-Adolf-Str. 49 in Düsseldorf, wo seine Ausstellung „Göttinnen“ noch bis Anfang November zu sehen ist. Der ansonsten sehr zurückgezogene Künstler ließ es sich nicht nehmen, uns eine persönliche Führung mit tieferen Einblicken in seine Werke zu geben.
Alexandra von Hirschfeld

10 Fragen an Kanjo Také

1.  Welchen Stellenwert nimmt Kunst in Ihrem Leben ein?

Kunst ist mein Lebensinhalt. Die Grundfrage für mich lautet: WHY ARE WE HERE? Und diese beantworte ich für mich: Um für und mit der Kunst zu leben. Um über die Kunst einen freieren Geist zu erfahren, mich selber zu entwickeln, indem ich durch meine künstlerische Arbeit auf unser Leben reflektiere. Für mich ist die ernsthafte Auseinandersetzung mit der Kunst sehr  wichtig. Mir geht es darum, viele Dinge innerhalb der Kunst zu erkennen, also den Weg der Erkenntnis zu suchen.

2. Welche künstlerischen Vorbilder haben Sie am meisten beeinflusst?

Mich beeinflussten westliche sowie östliche Vorbilder: Die großen Spanier wie Goya, Velasquez, Greco, Zurbarán, die Italiener wie Giotto, Giorgione, Mantegna ,Tizian, Caravaggio. Allen voran Leonardo da Vinci welcher nicht allein durch seine grandiosen Zeichnungen auf mich wirkte, sondern auch durch seinen großen Erfindergeist, der mich dazu anregte offen zu sein und meine Kunst in alle Richtungen zu denken.Meine größten japanischen Vorbilder sind Hokusai und Utamaro. Diese großartigen Holzschnitt-Meister sind in der japanischen Kunst meine Lieblinge. Aus der Klassischen Moderne faszinieren mich vor allem Pablo Picasso, Max Ernst, Yves Tanguy, Paul Gauguin, René Magritte. Von den Dadaisten ist es der großartige Kurt Schwitters mit seiner Anti-Haltung zu Kunst. Diese Position finde ich hoch interessant.

3. Welche anderen Berufe wären auch für Sie infrage gekommen?

Mich faszinieren Bühnenbilder. Ich hätte mir vorstellen können, eine Bühne zu inszenieren mit Künstlern aus anderen Disziplinen, also z. B. Musik und Geschichte, Literatur und Schauspiel. Akustisches und Visuelles zusammen zu bringen finde ich sehr spannend. Meine Video-Arbeiten wurden für mich eine Erweiterung.

4.  Was brauchen Sie, um schöpferisch tätig zu sein?

NEUGIER ! Am meisten beflügelt mich die Natur. Ich brauche es, die Natur zu beobachten, wie die Bäume und Pflanzen wachsen. Ich identifiziere mich sehr stark damit. Es interessiert mich, wie unser Organismus funktioniert und wie das Weltall aufgebaut ist. Dieses Wissen, über das, was uns umgibt, inspiriert mich sehr stark. Darüber hinaus benötige ich Stille, Einsamkeit, um mich in mich zu versenken.

5. Woran arbeiten Sie gerade?

Zur Zeit arbeite ich gerade an einer Ausstellung zum Thema „UNSEEN WORLDS“ (Ungesehene Welten). Das ist der Kern meiner Arbeit. Die Dinge, die ich mache, habe ich noch nie zuvor gesehen. Erst im Entstehungsprozess entdecke ich plötzlich diese noch nie erfahrenen Welten.

6. Worauf legen Sie momentan Ihren künstlerischen Schwerpunkt?

Im Moment befasse ich mich mit einer Forschung im All. Ich arbeite mit  Wissenschaftlern aus München-Garching zusammen. Es ist unglaublich, wie viele neue Erkenntnisse es zum Thema Exoplaneten gibt und ergo auch zum etwaigen Leben außerhalb unseres Sonnensystems. Es kommt wieder die Frage auf: Why are we here ?

7. Welches Kunstmuseum würden Sie gerne leiten?

• Meine Lieblingsmuseen sind:

• Lousiana Gallery / Dänemark

• Serpentine Gallery / London

• Stedelijk Museum / Amsterdam

• Museumsinsel Hombroich

8. Düsseldorf hat eine lebendige Kunstszene, womit sind Sie zufrieden, und wo wünschen Sie Veränderungen?

Das ist ein Thema, womit ich mich nicht direkt befasse. Ich liebe jedoch die Kunstszene hier, die sich lebendig und überraschend und immer wieder neu in vielen Facetten zeigt.

9. Welche Rolle wird die Kunst Ihrer Meinung nach im digitalen Zeitalter einnehmen?

Die Kunst im digitalen Zeitalter bedeutet inzwischen dass virtuelle Kunst in Form von Pixelbildern zu Höchstpreisen verkauft werden. Es wird den Stellenwert der Kunst revolutionieren und die Kunstbetrachtung völlig verändern.

10. Wie hat die Corona-Krise Sie und Ihr künstlerisches Schaffen beeinflusst?

Gar nicht, für mich war die Corona-Zeit ganz normal. Ich war in meinem Atelier und arbeitete in meiner gewohnten Zurückgezogenheit.     

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