Mit Petra Bach auf Spurensuche zwischen Fluxus, Punk und Straßenleben
Kunst, Kneipe und Kulturkampf: Wer mit Petra Bach auf Kunstsafari durch Düsseldorf geht, entdeckt die Stadt, wie sie kaum jemand kennt. Was als Spaziergang beginnt, wird schnell zur Zeitreise: Fluxus trifft Fassbier, Beuys steht noch auf’m Bierdeckel und im Goldenen Einhorn wartet kein Drink, sondern Dirnen. Petra Bach zeigt Düsseldorf, wie es wirklich war.
Seit den 1990er Jahren ist Petra Bach fester Bestandteil der lokalen Kunstszene. Nicht im Rampenlicht, sondern dort, wo Projekte entstehen. Ihre Kunstsafaris führen genau dorthin – an die Orte, an denen Kunst, Alltag und Anarchie sich begegnen. Bei ihren Safaris fokussiert sie sich auf drei Themen:
Fluxus bis Punk – die Ratinger Straße als wildes Biotop
Fluxus war keine Stilrichtung, sondern ein Aufstand. Eine radikale Kunstbewegung der 1960er Jahre, die den klassischen Kunstbegriff sprengte: Statt Bildern und Skulpturen gab es Aktionen, Happenings und Performances – spontan, politisch, oft voller Witz. In Düsseldorf fand Fluxus mit Künstlern wie Joseph Beuys und Nam June Paik ein besonders lebendiges Zentrum.
Damals war die Kunstakademie ein brodelnder Kessel voller Ideen. Künstler wie Joseph Beuys und Anatol, ein ehemaliger Verkehrspolizist, prägten nicht nur das Denken ihrer Zeit, sondern auch das Stadtbild – mit Aktionen, Installationen und radikalen Interventionen. Petra erzählt, wie Anatol seinen Lehrer Beuys nach dessen Rausschmiss demonstrativ mit einem Einbaum über den Rhein „zurück an die Akademie holte“. Beuys selbst war Stammgast im Ohme Jupp – und durfte anschreiben. Als man ihm an der Akademie vorwarf, seine Studenten würden „zu viel diskutieren und zu wenig malen“, verlegte er das Aktzeichnen kurzerhand ins Ohme Jupp. Hier standen nun nackte Modelle auf den Tischen, umgeben von zeichnenden Studenten. Die Stadtführerin lacht: „Für Beuys war der Wirt genauso Teil des Kunstwerks wie das Modell. Das war keine Provokation – das war seine Definition von Lehre.“ Auch andere Orte erzählen ihre ganz eigenen Geschichten: Das Goldene Einhorn, heute hippe Kneipe, war damals ein Bordell. Und der Ratinger Hof wurde zur Brutstätte der Punkszene – laut, wild, legendär. Hier spielten Die Toten Hosen ihre ersten Konzerte. Petra Bach bringt all das zurück – mit Geschichten, die man nicht googeln kann, sondern mit Augenzwinkern, Tiefe und diesem ganz eigenen „Düsseldorf-Vibe“ zwischen Rebellion, Lebenskunst und rheinischer Lässigkeit.

Ratinger Hof ca. in den 70er Jahren | © Foto: Ralf Zeigermann

Szene aus dem Ratinger Hof, 1984 Foto: C) Bernd Obermann

Rockabillys auf der Ratinger, 1986 Foto: Bernd Obermann

Joseph Beuys mit Fahrrad auf den Stufen des Haupteingangs der Kunstakademie Düsseldorf (c) aus Bestand: AEKR Düsseldorf (Bildarchiv)

Bodenplatte vor der Kunsthalle | Windows and Matchdrops, 1969 | Künstler: Michael Heizer | Kalifornischer Land-art Künstler *1944 |

Joseph Beuys im Foyer der Kunstakademie 1969, einen Tag vor Schließung der Kunstakademie , © Jörg Boström
Altstadtleben – zwischen Karneval, Kunst und Kultur
Die Düsseldorfer Altstadt ist keine Kulisse. Sie ist ein widersprüchlicher, lauter, liebenswerter Organismus. Sie lebt, atmet, feiert – und sie erinnert sich. Gut gefeiert wurde hier nämlich schon immer: Ob Jan Wellem im En de Canon, die Professoren der Kunstakademie im Creamcheese oder die Studenten im Zum Csikós – die Altstadt war und ist der große Treffpunkt aller Lebenslinien. Bis heute kapern und fluten die Partygänger an Wochenenden, zu Karneval oder Silvester die Gassen. Zwischen all dem Trubel verstecken sich Orte, die Geschichten erzählen – von Kunst und kauzigen Persönlichkeiten. Man muss nur wissen, wo man hinschaut. Petra Bach führt auf ihren Safaris durch bekannte und unbekannte Gassen, vorbei an Altbier-Ikonen, vergessenen Denkmälern und kunstvollen Absurditäten. Wo heute Influencer posten, tranken einst Akademieprofessoren ihren letzten Klaren vor der Vorlesung. Wo heute Burger über die Theke gehen, wurde früher Kunstgeschichte geschrieben. Petra Bach erzählt von Kunst im öffentlichen Raum, von alten Ritualen, uralten Steinen – und neuen Blicken. Die Führung ist ein Mix aus Kunst, Tradition und Kult. Eben die Düsseldorfer Altstadt. Und wer will, begleitet Petra noch in die Kunsthalle.
Der Ehrenhof – Skulpturen, Stile und Stille
Die Kunstsafari-Tour von Petra Bach führt durch ein einzigartiges Freiluftmuseum im Herzen Düsseldorfs – rund um den Ehrenhof. Zwischen Kunstpalast, Tonhalle und Rheinpromenade trifft man auf Skulpturen aus verschiedenen Jahrzehnten, die eindrucksvoll zeigen, wie sich Kunst im öffentlichen Raum verändert hat. Einige Werke gehören direkt zum Ehrenhof-Ensemble, andere sind im Laufe der Jahre dazugekommen – etwa im Rahmen temporärer Ausstellungen wie der Skulptur D88 von 1988, bei der mehrere Werke dauerhaft erhalten blieben. Auch die EUROGA 2002 hat Spuren hinterlassen: etwa die Lichtinstallation 20.001 – leuchtender Bilderrahmen mit 20.000 Dias von Stefan Hölderlein.
Weitere Kunstwerke wie der überdimensionale Halm hinter dem Kunstpalast (Kunst am Bau), die leuchtend farbige Ellipse von Katharina Grosse (Ankauf 2009) oder das Ulanendenkmal am Fortuna-Büdchen zeigen, wie vielfältig die künstlerischen Eingriffe sind – von klassischer Ausschreibung bis hin zu Museumsankäufen. Auch zeitgenössische Positionen wie die Hornträgerin von Johannes Brus oder zwei seltene Graffitos von Harald Naegeli ergänzen den künstlerischen Spaziergang.
Der Ehrenhof selbst wurde 1926 für die GeSoLei – die „Große Ausstellung für Gesundheit, Soziales und Leibesübungen“ – von Architekt Wilhelm Kreis errichtet. In nur 18 Monaten entstand ein Ensemble, das als erster Messestandort Düsseldorfs Geschichte schrieb. Die heute denkmalgeschützten Bauten sowie die ursprünglich platzierten Skulpturen tragen klar seine Handschrift. Vom ehemaligen Planetarium – der heutigen Tonhalle – über die Rheinterrassen bis hin zum Rheinpark war das gesamte Gelände Teil des Messeareals. Nur der Kunstpalast selbst bestand bereits vor der GeSoLei – und wurde damals einfach integriert.
Über Petra Bach
Petra Bach ist Düsseldorferin durch und durch. Ihre Wurzeln reichen tief in die Stadt: Großeltern, Eltern, Jugendfreunde. Schon als Schülerin fuhr sie täglich mit der Bahn an der Kunstakademie vorbei und wusste: Da will ich hin! Später wurde sie tatsächlich Studentin an dieser legendären Akademie – und schließlich eine der ersten freiberuflichen Kulturmanagerinnen Nordrhein-Westfalens. Seit 1995 arbeitet Petra Bach im Bereich der bildenden Kunst. Ihre erste Agentur hieß KOMPRA, ihr erstes Projekt ARTBAHN. Von 2002 bis 2012 lebte und arbeitete sie in Hamburg und war dort maßgeblich an der Entwicklung von Kunst im öffentlichen Raum beteiligt – u. a. mit der Skulpturenlandschaft Hamburg-Bergedorf gemeinsam mit dem Bildhauer Norbert Jäger. Aus diesen Erfahrungen entstanden ihre Kunstsafaris, die sie seit 2021 in Düsseldorf anbietet.

Große Mannesmann | ein gigantischer Knoten aus Edelstahlrohren | Künstler: Künstler: Norbert Kricke (*1922 – † 1984) | © Foto von Petra Bach

Luxus ist, wenn man hinsieht
Petra Bach hat ein eigenes Verständnis von Luxus: „Es ist kein Geld. Es ist der Moment, in dem du innehältst, still wirst und Kunst begreifst. Das kann ein Stein sein. Oder eine Erinnerung. Oder eine Geschichte, die du vorher noch nie gehört hast.“ So entstehen ihre Kunstsafaris: nicht als geführte Touren, sondern als Begegnungen mit Räumen, Objekten, Menschen. Und mit sich selbst.
Infos zur Kunstsafari
– Preis: 15 € pro Person / 7 € für Kinder (7–14 Jahre)
– Kleidung: wetterfest, bequem
– Treffpunkt: je nach Führung (Kunstakademie oder Tonhalle)
– Buchung: mail@petrabach.de oder vor Ort