Klimazwillinge Düsseldorf Toulouse

Fotowettbewerb und Ausstellung

Bereits im Januar dieses Jahres starteten die Stadt Düsseldorf und die südfranzösische Stadt Toulouse einen Fotowettbewerb, um das Bewusstsein für eine notwendige Anpassung an den Klimawandel zu schärfen. Düsseldorf und Toulouse verbindet nicht nur eine langjährige Städtefreundschaft, sondern auch das Klima.

Werden wir hier bald unter Palmen am Rhein flanieren und mediterrane Temperaturen erleben? Es wird prognostiziert, dass die Temperaturen in Düsseldorf zum Ende des Jahrhunderts sich dem heutigen Klima der südfranzösischen Stadt Toulouse annähern werden. Deshalb ist Düsseldorf der ideale Partner für das europäische Klimaprojekt Life Green Heart, das die Metropole Toulouse von 2019 bis 2024 gemeinsam mit Metéo France und weiteren Partnern aus Forschung und Wissenschaft anführt. Kern dieses europäischen Klimaprojektes ist der Rückbau eines Messegeländes auf einer Insel in der Garonne im Stadtzentrum von Toulouse. Dort entsteht auf 30 Hektar eine neue grüne Lunge im Herzen der Metropole, welche die benachbarten Stadtteile kühlen, die Artenvielfalt erhöhen und die Luftqualität verbessern soll. Die Ziele sind hochgesteckt. Auf rund zehn Hektar entstehen neue Parks und Gärten, um die Biodiversität zu erhöhen und die Temperaturen in diesem Bereich und der angrenzenden Stadtteile um bis zu 3 Grad zu senken. Neue Mobilitätsangebote sollen zudem die Luft- und Lärmwerte verbessern. Vorbild für Toulouse war der Phänologische Garten in Düsseldorf. Er hat Toulouse dazu inspiriert, einen eigenen Garten zur Beobachtung des Klimawandels anhand der Entwicklung ausgewählter Pflanzenarten zu errichten. Auch in Düsseldorf soll Life Green Heart durch den wissenschaftlichen Austausch neue Erkenntnisse und Best-Practise-Ansätze neue Impulse bei der Anpassung an den Klimawandel geben.

Die besten Fotos aus dem Fotowettbewerb wurden nun von einer Jury der Landeshauptstadt Düsseldorf und des Naturkundemuseums der Stiftung Schloss und Park Benrath ausgewählt. Schwerpunkt war die Entwicklung der südlichen Düssel in Vennhausen entlang der Leitfragen: Wie entwickelt sich die Biodiversität durch diesen naturnahen Umbau an der südlichen Düssel? Was verändert sich am und im Bach? Wie sieht die Pflanzenwelt vor und nach der Renaturierung aus? Welche Tiere sind zu beobachten? Ergeben sich neue Perspektiven?
In Toulouse stand der Norden der Île du Ramier, bislang versiegelt durch Parkplätze und Straßen, im Fokus. Im Wettbewerb wurde der Jetzt-Zustand dargestellt. Die zehn deutsch-französischen Siegerfotos wurden im Rahmen einer Ausstellung im Foyer der Stadtsparkasse Düsseldorf erstmals der Öffentlichkeit gezeigt. 

Sonnenspiegelung

Reflet du soleil

Anna-Maria Maier 

„Ich wohne in Düsselnähe und gehe dort oft spazieren. Bei einem dieser Spaziergänge habe ich, bei tiefstehender Sonne, diesen Lichtstreifen an der Düsselbrücke gesehen. Meine Fotokamera habe ich immer dabei und so konnte ich diesen Augenblick festhalten. Dieses Bild zeigt die Brücke am Kamper Weg an der südlichen nicht renaturierten Düssel in Vennhausen.“

Sonnenaufgang

Lever du soleil

Theresia Dooremans 

„Ich bin Langschläfer und stehe nie freiwillig früh auf. Am Samstag, den 29. Mai 2021, bin ich um 5.30 Uhr aufgestanden, um für den Fotowettbewerb Vögel zu fotografieren. Ich hatte meine Kamera und mein Smartphone dabei. Nachdem ich mein Auto geparkt hatte, sah ich den wunderschönen Sonnenaufgang. Ich zückte mein Smartphone und machte einfach ein Foto, um es sofort per Whats-
App zu verschicken und meiner Freundin zu beweisen, dass ich wirklich so früh aufgestanden bin. Ich habe mir nicht wirklich Gedanken über dieses Foto gemacht. Erst danach habe ich meine Kamera genommen und viele weitere Fotos gemacht. Hinterher, beim Sichten der Fotos, stellte ich fest, dass dieser Schnappschuss mit dem Smartphone mit zu den besten Bildern gehörte. Manchmal wird das Suchen nach dem perfekten Moment, nach dem richtigen Ort und der richtigen Einstellung überbewertet und die Spontanität macht es aus. Auch das ist Fotografie.“

Abendstimmung an der Düssel

Ambiance du soir sur la Düssel

Hartmut Burg

„Mir ging es darum, zu zeigen, wie attraktiv sich die Düssel nach ihrer Renaturierung darstellt. Links ist der Düssel Seitenweg zu sehen, oben links der Turm der Markuskirche, rechts die Häuser des Reichenbacher Wegs.“

Le Pont St Michel depuis Île du Ramier

Blick von der Île du Ramier auf Pont St Michel

Eric Bouteloup

Île pleut sur le Ramier

Regen auf der Île du Ramier

Williams Roblet

Le terrain de jeu clubs d‘aviron toulousains, un matin brumeux

Der Trainingsplatz der Rudervereine von Toulouse
an einem nebligen Morgen

Daniel Banon

Anlässlich der Ausstellungseröffnung überreichte Umweltdezernentin Helga Stulgies die Preise an die neun Gewinnerinnen und Gewinner des Düsseldorfer Wettbewerbs.

Karin-Brigitte Göbel, Vorstandsvorsitzende der Stadtsparkasse Düsseldorf, hob die Bedeutung des Projektes hervor: „Nicht umsonst ist die Redewendung ‚Ein Bild sagt mehr als tausend Worte‘ in unseren Sprachgebrauch eingegangen. Bilder transportieren Botschaften schnell und lösen Emotionen aus. Aus diesem Grund war ich von der Idee, die Anpassungen an den Klimawandel in Düsseldorf im Rahmen eines Fotowettbewerbs zu dokumentieren, auch auf Anhieb begeistert.“

Im Jahr 2024 werden beide Städte erneut zu einem Fotowettbewerb aufrufen. So sollen Veränderungen in den drei bis vier Jahren der Renaturierung der südlichen Düssel und der Île du Ramier besonders eindrücklich dokumentiert werden.

Die Ausstellung soll in weiteren öffentlichen Einrichtungen kostenlos gezeigt werden und perspektivisch als Galerie auf den Internetseiten des Amtes für Umwelt- und Verbraucherschutz verfügbar gemacht werden.

Umweltdezernentin Helga Stulgies (l.) und Karin-
Brigitte Göbel, Vorstandsvorsitzende der Stadtsparkasse Düsseldorf, eröffneten die Fotoausstellung zur Klimaanpassung Düsseldorf/Toulouse © Landeshauptstadt Düsseldorf/Ingo Lammert


Zurück zur Natur statt Wasseraustreibung

Was der Mensch „verbockt“ hat, muss nun wieder naturgerecht werden.
Im Lauf der vergangenen 100 Jahre wurden zahlreiche Flüsse und Bäche
begradigt, Moore und Feuchtgebiete entwässert, Böden durch landwirtschaftliche Nutzung weiter verdichtet. Diese Politik der so genannten Wasser-
austreibung, die die Auen und Deiche zurückdrängte, wird zunehmend rückgängig gemacht. 

Wo eine Wasserspeicherung in der Fläche nicht mehr möglich ist, wird nicht nur weniger Grundwasser gebildet, ein wirksamer Schutz gegen Hochwasser ist – insbesondere bei Extremwetterereignissen – ebenfalls nicht mehr gegeben wie wir es in diesem Sommer vor allem im Ahrtal erleben mussten. Nur die Wenigsten wissen jedoch, dass bereits in den 1970er Jahren ein Umdenken mit der Durchführung erster Renaturierungsmaßnahmen stattfand. Das vorrangige Ziel war dabei die ökologische Vielfalt in Auenlandschaften und Fließgewässern zu erhalten sowie das natürliche Gleichgewicht wiederherzustellen. Leider wurde der Erfolg der jeweiligen Projekte in der Anfangszeit nur selten ausreichend dokumentiert. Zudem hatten sie den Ruf zu teuer zu sein. Im Laufe der Zeit wurde bei Renaturierungsprojekten verstärkt daraufgesetzt, der Natur in gewissen Schutzzonen ihren Lauf zu lassen, so dass eine Eigendynamik entstehen kann. Die erwies sich nicht nur als finanziell günstiger, sondern auch die positiven Effekte waren deutlich nachweisbar. Da – nicht nur in Deutschland – nahezu alle Gewässer als „stark beeinträchtigt“ gelten, fordert die, im Jahr 2000 erlassene, Europäische Wasserrahmenrichtlinie umfangreiche Renaturierungsmaßnahmen. Neben der Sicherung der Wasserqualität gewinnen auch die Verbesserung des gesamten ökologischen Zustandes sowie der Erhalt der Biodiversität und Aspekte des Klimaschutzes an Relevanz. Ob naturbelassen oder renaturiert: Fließgewässer beherbergen als Ökosysteme zahlreiche Tier- und Pflanzenarten. Außerdem schwächen Flüsse Hochwasserwellen überall dort ab, wo ihnen genug Raum gelassen wird, um über die Ufer zu treten. Naturnahe Gewässerabschnitte in Städten leisten darüber hinaus einen Beitrag zur Verbesserung des Stadtklimas und des Wohnumfeldes. Die naturnahe Umgestaltung von Gewässern trägt somit effektiv zur Klimaanpassung bei. Sie schafft kühle Klimakorridore, Retentionsraum für Hochwasser und fördert die Biodiversität. Bei der Renaturierung von begradigten und kanalisierten Flussläufen wird insbesondere versucht, die Eigenschaften von Flussbett und -ufer als Lebensraum wiederherzustellen, z. B. die Wiederansiedlung ursprünglicher Tier- und Pflanzenarten durch die Schaffung unterschiedlicher Strömungsgeschwindigkeiten im Fluss zu ermöglichen. Um bei insgesamt niedrigerer Strömungsgeschwindigkeit keine erhöhte Hochwassergefahr zu erhalten, wird der Fließquerschnitt vergrößert. Dafür wird meist die Neigung der Böschungen angepasst oder der Flusslauf insgesamt verbreitert.

Mehr Platz und mehr Lebensraum an der Düssel

Entlang der südlichen Düssel schreitet der naturnahe Abbau des begradigten Baches voran. Ein erster Abschnitt vom Spaltwerk Höherhofstraße bis zum Sandträgerweg ist bereits seit Mai 2020 renaturiert, wie auch die Fotos aus dem Wettbewerb zeigen. Der naturnahe Ausbau des zweiten anschließenden Abschnittes vom Sandträgerweg bis zum Kampener Weg soll ab 2022 folgen. Der in den 1960er Jahren in Betonsohlschalen gefasste und begradigte Fluss erhält mehr Platz mit flacheren Uferböschungen und einem natürlichen „mäandrierenden Verlauf“ (Abfolge von Flussschlingen) sowie eine gewässertypische Bepflanzung.  Durch die Schaffung einer naturnahen Struktur erhöht sich die Artenvielfalt im und am Gewässer. Beispielsweise bietet Totholz im Gewässer einen Unterschlupf für Fische und die Grundlage für die Ansiedelung von Kleinstlebewesen, die unter anderem den Fischen als Nahrung dienen. Pflanzen, die sich im Uferbereich entwickeln, bieten nützlichen Insekten eine Heimat.

Insgesamt werden 93 neue Bäume gepflanzt, darunter Flatterulmen, Stieleichen, Feldahorn und Hainbuchen. Die zur Begrünung der „neuen“ Düssel geplanten Pflanzungen und Einsaaten enthalten aber auch viele Blütenpflanzen, die Nahrung für Bienen und andere blütenbesuchende Insekten bieten. Darunter fallen alleine fünf verschiedene Weidenarten und Schlehen (Schwarzdorn), die wegen ihrer frühen Blüte erste Nahrung für Insekten wie Wildbienen bieten, außerdem zum Beispiel Rote Heckenkirsche, Kornelkirsche (Hartriegel), Weißdorn, Eberesche, Pfaffenhütchen, Hundsrose und Kartoffelrose. Weiterhin werden Stauden und Wiesenblumen wie Johanniskraut, Schafgarbe, Wiesen-Flockenblume, Wilde Möhre, Löwenzahn, Kleiner Wiesenknopf, Hornklee und Kleiner Schneckenklee angesiedelt. Durch die Auswahl der Bepflanzungen soll auch ein wichtiger Beitrag im Kampf gegen das Insektensterben geleistet werden.

Alexandra von Hirschfeld

Zum aktuellen E-Magazin

Pin It on Pinterest