Karl-Theodor zu Guttenberg in Düsseldorf:
„Ich habe die Härte bekommen, die ich verdient habe.“
Er ist zurück. Der einst als potenzieller Thronfolger Angela Merkels gehandelte CSU-Politiker stellte sich gestern Abend den Fragen des RP-Chefredakteurs Moritz Döbler. Dabei ging es nicht um seine Tätigkeiten für die EU, auch das Thema Wirecard kam nicht vor, sondern um die Aufarbeitung der wohl schillerndsten Vergangenheit eines Ex-Politikers. Wer schon zehn Vornamen in die hochherrschaftliche Wiege gelegt bekommt, fällt eigentlich nie so ganz tief. Nachdem der einstige Verteidigungsminister wegen des Plagiats bei seiner Doktorarbeit mit 39 Jahren alle öffentlichen Ämter niedergelegt hatte, ging er in die USA: „In Deutschland wäre ich vielleicht nicht so schnell wieder auf die Beine gekommen.“ Ganz so schnell ging es aber auch da nicht aufwärts mit dem politisch Gestrauchelten. Denn eine posttraumatische Belastungsstörung und eine Depression, mit der sich auch schon sein Dirigentenvater ein Leben lang plagte, ohne medizinische Hilfe in Anspruch zu nehmen, machten eine einjährige Therapie nötig. Nach einem Jahr konnten die Medikamente abgesetzt werden. „Mir geht es seitdem so unermesslich viel besser“, bekannte zu Guttenberg. Angesichts der 20 Millionen Menschen hierzulande, die an einer seelischen Erkrankung leiden, sei ein weniger verdruckster Umgang sicher besser. Und erinnerte in diesem Zusammenhang an seine Begegnungen als Verteidigungsminister mit deutschen und amerikanischen Soldaten, die stärker traumatisiert waren als er.
Fotos: Meike Schrömbgens
„Ich bin Wähler in diesem Lande und möchte Klarheit in der Führungsverantwortung in Europa.“
Ex-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg
Vom Politiker zum Podcaster
450 Gäste beim 99. Ständehaus Treff im K21 erfuhren von dem Unternehmer und Podcaster – seit Juni 2023 betreibt Guttenberg einen wöchentlich erscheinenden Podcast mit dem Namen „Gysi gegen Guttenberg – Der Deutschland Podcast“ – dass er nichts über sein Privatleben preisgeben wollte. Kein Wort fiel über die Trennung von Ehefrau Stephanie zu Guttenberg und bei den aktuellen Einträgen in Wikipedia bedauerte er, dass er auf die Texte dort keinen Einfluss habe. Deutlich auskunftsfreudiger war der Ex-Politiker, was das Auswetzen der Scharte seiner ersten Doktorarbeit durch das Verfassen einer zweiten an einer englischen Universität anging. Er habe das für sein Seelenleben gemacht, sagte er, meinte aber vermutlich den Seelenfrieden. Den Titel führt er nicht.
Die Wehrpflicht
Zu Guttenberg war selbst ein Jahr bei den Gebirgsjägern. 16 Prozent der jungen Männer hätten in seiner Amtszeit eine Grundsympathie für die Wehrpflicht gehabt. Doch da schon damals Geld fehlte und die politische Situation eine andere war, setzte er die Wehrpflicht aus. Ob das ein Fehler war, wollte Döbler wissen. Wolle man die Wehrpflicht attraktiv machen, dann würde auch das unfassbar viel Geld kosten, Milliarden, die woanders fehlen. Dazu müssten die politische Mitte und die Gesellschaft bereits sein, konterte Guttenberg. „Ich bin Wähler in diesem Lande und möchte Klarheit in der Führungsverantwortung in Europa“, forderte der Ex-Verteidigungsminister. Merz hält er für einen geeigneten Kanzler-Kandidaten, mit den USA werde es so oder so eng. „Plötzlich ist Taylor Swift ein Faktor.“ Bei einer zweiten Amtszeit von Trump müssten wir uns warm anziehen. Und als Gegenprogramm gegen die vielen Abhängigkeiten hat zu Guttenberg ebenfalls eine Idee: Mehr Selbstbewusstsein zu entwickeln und sich nicht nur als Opfer zu begreifen.