![Teddybär-mit-Pflaster-blau](https://zoom-duesseldorf.net/wp-content/uploads/2024/11/AdobeStock_272934742-scaled.jpeg)
Früh übt sich auch bei Notfällen
Was muss ich bei einem Notfall tun? Laut einer Forsa-Umfrage trauen sich etwa 40 Prozent der Deutschen nicht, Erste Hilfe zu leisten – auch aus Angst, etwas falsch zu machen. Der Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) leistet in Düsseldorf Pionierarbeit, um das Thema Erste Hilfe direkt in den Schulen zu verankern und bereits Grundschulkinder altersgerecht und spielerisch auf Notfälle vorzubereiten. Wir besuchten zwei Grundschulen in Hassels. Hier werden aktuell die ersten Pausenhelfer ausgebildet, die im Dezember ihr Amt offiziell auf dem Schulhof antreten – ausgerüstet mit einem Notfall-Rucksack.
![Düsseldorf 29.10.2024 Hermann-Gmeiner-Schule Erste-Hilfe-Kursus für Kinder](https://zoom-duesseldorf.net/wp-content/uploads/2024/11/Erste_Hilfe_13-scaled.jpg)
Johanne hat sich von Victoria und Jaden verbinden lassen.
Fotos: Michael Gstettenbauer
Nicht immer ist fernsehen schlecht. Als Mirjam Ilse zusammen mit ihren beiden Töchtern sonntags „Die Sendung mit der Maus“ sah, bekamen die drei in einer Sachgeschichte erklärt, wie Erste-Hilfe-Kurse für Grundschulkinder funktionieren. Als dann die Stadtsparkasse Düsseldorf, bei der Mirjam Ilse im Bereich Prozesse und IT arbeitet, in diesem Jahr zum ersten Mal einen Social Day für ihre Mitarbeiter veranstaltete, war Mirjam Ilse gleich Feuer und Flamme. Sie schlug ihrem Arbeitgeber vor, sich in die Organisation von Erste-Hilfe-Kursen einzubringen. Die Stadtsparkasse war einverstanden und bei den beiden Schulleiterinnen lief Mirjam Ilse mit der Idee und mit einem 500-Euro-Budget offene Türen ein.
Im September wurden an der katholischen Hermann-Gmeiner-Schule drei Tage lang alle Kinder darin geschult, Notfälle zu erkennen, sich zu organisieren und selbstständig Erste Hilfe zu leisten. Bei der städtischen Selma-Lagerlöff-Schule werden alle vier Grundschulklassen die Erste-Hilfe-Ausbildung im Rahmen einer Projektwoche im nächsten Sommer absolvieren. „Auch hier wird die Stadtsparkasse Düsseldorf jeden Kurs mit 50 Euro sponsern“, erklärt Ilse.
![Düsseldorf 29.10.2024 Hermann-Gmeiner-Schule Erste-Hilfe-Kursus für Kinder](https://zoom-duesseldorf.net/wp-content/uploads/2024/11/Erste_Hilfe_16-1-scaled.jpg)
v.l.n.r.: Anja Menke, Mirjam Ilse und Stefanie Köster
Für Erste Hilfe ist niemand zu klein
Eine internationale Meta-Analyse aus dem Jahr 2020 wertete 25 Studien aus verschiedenen Ländern aus und kam zu dem Ergebnis, dass ein Erste-Hilfe-Training ab einem Alter von sechs Jahren sinnvoll möglich ist. Und eine weitere Studie zeigte, dass Grundschulkinder erfolgreich grundlegende Erste-Hilfe-Maßnahmen erlernen, wenn praktische Übungen und theoretische Unterweisungen mit spielerischen Elementen kombiniert werden.
Die ASB-Kurse sind so gestaltet, dass die Kinder mit Spaß und ohne Druck lernen und finden sogar schon in der Kita statt. Dabei kommen kindgerechte Materialien wie bunte Pflaster, Kuscheltiere und kleine Rollenspiele zum Einsatz. Ein Höhepunkt der Kurse in der Grundschule ist der „Erste-Hilfe-Pass“, den die Kinder am Ende des Tages stolz in den Händen halten und ein kleiner Bär, der nun in der Klasse wohnt.
![Düsseldorf 29.10.2024 Hermann-Gmeiner-Schule Erste-Hilfe-Kursus für Kinder](https://zoom-duesseldorf.net/wp-content/uploads/2024/11/Erste_Hilfe_15-scaled.jpg)
Der Notfall-Teddy ist immer dabei.
Anja Menke, die Schulleiterin der Selma-Lagerlöff-Schule, hat seit dem Kurs beobachtet, dass die Empathie und das Interesse daran, wie es den anderen geht, zugenommen haben. „Viele Kinder haben auch ein besseres Gefühl für sich bekommen.“ Und alle wissen, dass man den Verletzten ansprechen und Hilfe holen soll.
„Ich würde dahin gehen und fragen, ob er etwas braucht“, erklärt Johanne (8 Jahre). Und ihre Klassenkameradin Victoria (8 Jahre) ergänzt, dass man Kinder in eine knisternde Golddecke einwickeln müsse, damit sie nicht kalt werden. Jaden nennt ohne zu zögern die Nummer 112, die ein Erwachsener dann wählen müsste, denn in der Schule herrscht Handyverbot.
Berührungsängste oder Hemmungen haben die Kinder nicht. Sie wollen lernen und helfen, was sie zu perfekten Ersthelfern macht. Wer von den Drittklässlern den Erste-Hilfe-Kurs absolviert hat und den Offenen Ganztag besucht, konnte sich dann zum Pausenhelfer ausbilden lassen – ein kostenloses Angebot des ASB. „Von unseren rund 35 Ganztagsschulkindern haben sich 25 gemeldet“, erzählt Stefanie Köster, Schulleiterin an der Hermann-Gmeiner-Schule. An drei Terminen werden die Drittklässler speziell für ihren Einsatz auf dem Schulhof ausgebildet. Die Kinder lernen, andere zu beruhigen und zu trösten, aber auch ein aufgeschlagenes Knie oder eine Schürfwunde mit einem Pflaster zu versorgen – kleinere Verletzungen, wie sie beim Tollen auf dem Schulhof und an den Klettergeräten oder beim Sport immer wieder passieren können.
Ein Modell mit Zukunft
Angesichts der positiven Resonanz wächst die Nachfrage nach den Kursen kontinuierlich. Viele Schulen wollen den Erste-Hilfe-Unterricht fest in ihr Programm integrieren, und der ASB plant, sein Angebot weiter auszubauen. Ziel ist es, flächendeckend möglichst viele Schulen zu erreichen und das Wissen um Erste Hilfe nachhaltig in die Gesellschaft zu tragen. Um Kinder in ihren jeweiligen Entwicklungsstufen abzuholen, hat der gemeinnützige Verein drei Programme entwickelt. Auf den Pausenhelfer in der Grundschule folgt in den Klassenstufen 5 bis 7 der Juniorsanitäter und ab 14 Jahren der Schulsanitätsdienst.
Sollte sich das Modell landesweit durchsetzen, wird die Zahl der Erste-Hilfe-Verweigerer mutmaßlich nach unten gehen, denn aktuell leisten etwa 40 bis 50 Prozent der Erwachsenen bei Unfällen keine aktive Erste Hilfe. Aber auch hier kann jeder an sich selbst arbeiten, da Menschen, die innerhalb der letzten zwei Jahre einen Erste-Hilfe-Kurs besucht haben, deutlich häufiger helfen.