Fotos: Jochen Rolfes
Nicola Stratmann: Geschäftsführerin mit Unternehmergeist
Am liebsten ist Nicola Stratmann nicht im Büro, sondern mitten im Geschehen. Und wenn sie über ihr Hotel, das Tulip Inn in der Arena Düsseldorf spricht, geht es nicht um Belegungszahlen, sondern um Verantwortung. Für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, für Gäste – und für Düsseldorf. „Ich möchte gerne über mich als Unternehmerin sprechen“, so steigt sie ins Interview ein. Nicht aus Eitelkeit, sondern aus Überzeugung. Weil das Tulip Inn, das sie seit 2010 selbstständig verantwortet, kein Haus von der Stange ist. Sondern ein unabhängiges Unternehmen im Mittelstand, losgelöst von den Routinen der großen Ketten.
Schon vor dem Abi war der gebürtigen Dortmunderin klar: die Hotellerie macht das Rennen. Ein Praktikum in der 13. Klasse, fünf Wochen im Hotel, und der Plan stand. Ausbildung im Steigenberger, die klassische harte Schule, viel Konzernluft, viel Tempo. „Ich habe sehr schnell festgestellt, dass ich gerne Verantwortung übernehme und führe“, erzählt Stratmann. Teams ja, aber bitteschön nicht als Mitläuferin. Dann kommt 2007 das Angebot, als Regionaldirektorin für Golden Tulip das Düsseldorfer Haus zu eröffnen – inklusive Verantwortung für weitere Hotels in Nordrhein-Westfalen.
Vom Konzernkind zur Chefin im eigenen Haus
Dann die Zäsur: Golden Tulip geht in die Insolvenz, der Pachtvertrag mit der Stadt Düsseldorf wird neu ausgeschrieben. Normalerweise der Moment, in dem globale Ketten die Ärmel hochkrempeln und die Filetstücke unter sich aufteilen. Stratmann entscheidet: Jetzt erst recht. Zusammen mit Tillmann Liedtke, einem Frankfurter Spezialisten für Hotelbuchhaltung, gründet sie eine GmbH und bewirbt sich – gegen die Großen der Branche. „Es war wirklich David gegen Goliath“, sagt sie. Dass der Aufsichtsrat am Ende ihr den Zuschlag gibt, hat viel mit Leistung, mit Mut und vielleicht auch mit einem Düsseldorfer Faible für Unternehmertum zu tun.
„Erfolg fängt im Kopf an.“
Seit 2010 ist Stratmann selbstständig, Liedtke kümmert sich im Hintergrund um die Buchhaltung, sie vor Ort um Strategie, Team und Positionierung. Während in vielen Ketten heute Algorithmen den Preis bestimmen, bleibt sie beim Prinzip Handarbeit. „Bei Hotelketten passiert alles über zentrale Computer, alle Preise, das macht mehr und mehr die KI“, sagt sie. Bei ihr dagegen wird täglich diskutiert: Welche Messekunden möchten wir künftig noch stärker ansprechen – und wen begeistern wir erneut für uns? Wo lohnt sich ein guter Preis, auch wenn das Volumen schwankt? Ein Beispiel: Ein großer Aussteller der boot-Düsseldorf springt ab – neuer Einkäufer, neuer Kurs. Statt es dabei zu belassen, schreibt das Team Briefe, sucht das persönliche Gespräch, bleibt sichtbar. Ein Jahr später meldet sich der Kunde zurück, das Angebot liegt wieder auf dem Tisch. Das kann keine KI ersetzen.
Zimmer frei für Düsseldorf
Stratmann denkt ihr Unternehmen nie nur aus der Perspektive der Belegung. Sie spricht in Kreisläufen. „Jeder Euro, den wir verdienen, muss in mehrere Richtungen gehen“, sagt sie. Nachhaltigkeit, soziale Projekte, Ausbildung, Engagement in der Stadt – das Hotel als wirtschaftlicher Player und als kommunaler Mitspieler. Ausbildung ist für sie kein Pflichtprogramm, sondern Invest in die Zukunft, aktuell erlernen 12 Azubis im Tulip Inn das Hotelhandwerk. „Es geht nicht nur darum auszubilden“, betont sie, „sondern auch zu schauen, dass sie noch ein, zwei Jahre bleiben, die Stadt und die Branche nicht verlassen.“ Der Hype um Events hilft dabei: Das Haus inmitten der Merkur Spiel-Arena ist eineEventlocation. „Und Events sind im Moment die Nummer eins und mega fresh“, sagt sie lachend.
Parallel treibt sie das Thema Nachhaltigkeit voran. Statt sich einmalig ein Label zu sichern, setzte das Team über anderthalb Jahre auf Trainings, kleine Projektgruppen und Aktionspunkte. Inzwischen ist das Hotel mit dem grünen Label GreenSign zertifiziert. Eine neu eingestellte Nachhaltigkeitsbeauftragte sorgt dafür, dass es nicht beim Zertifikat an der Wand bleibt. On top ist ein Wort, das der Unternehmerin erstaunlich leicht über die Lippen kommt, wenn man bedenkt, was sie „nebenbei“ noch alles macht. Stratmann sitzt im Stiftungsrat der Bürgerstiftung, ist in der Vollversammlung der IHK aktiv, ist Handelsrichterin am Landgericht und unterstützt das Ambulante Kinderhospiz in Düsseldorf.
Nie locker lassen
Ihr Führungsstil? „Ich bin sehr verantwortungsvoll, ich führe mit Klarheit, Verbindlichkeit und Respekt“, sagt Stratmann, die neben Feng Shui auch eine Ausbildung zum Mental Master absolviert hat. Und sie ist konsequent. „Ich lasse nicht locker, ich bleibe immer dran.“ Stratmann ist viel im Haus unterwegs. Wenn sie reist, checkt sie Hotels wie andere Menschen Speisekarten: Service, Stimmung, Abläufe. Was gut ist, wird übernommen, was nervt, landet auf der internen No-Go-Liste.
Besonders wichtig ist ihr die Entscheidungsfreiheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Ein unzufriedener Gast wird nicht auf starre Regeln verwiesen, sondern es wird individuell und lösungsorientiert gehandelt. Dass das funktioniert, zeigt ein Blick auf die Bewertungen: Auf Booking.com liegt das Haus bei 8,3 – für ein Business- und Tagungshotel ohne Spa ein Top-Ergebnis.
Dass sie selbst ein Sportjunkie ist – Walken, Yoga, früher Volleyball und Judo, heute Golf – passt ins Bild. Disziplin, Struktur, Rituale. „Erfolg fängt im Kopf an“, lautet ihr Motto. Es erklärt, warum sie neue Themen wie Künstliche Intelligenz nicht argwöhnisch beäugt, sondern sich aktuell in einer KI-Schulung weiterqualifiziert. Vielleicht ist genau das der Unterschied zwischen Direktoren in Konzernen und Unternehmerinnen und Unternehmern in der Stadt. Die einen kommen und gehen mit dem nächsten Karrieresprung. Die anderen bleiben – mit Pachtvertrag bis 2040 und einer klaren Haltung. Wie Nicola Stratmann.
