Als sich die Coronakrise vor vier Monaten zuspitzte, brauchte es Leute,
die im Großen und im Kleinen mit anpackten, damit unsere Gesellschaft weiter funktioniert – ob durch ihren beruflichen Einsatz oder durch privates Engagement. Diese Menschen „an vorderster Front“ wurden schnell zu Heldinnen und Helden erkoren und durch Klatschen von den Balkonen der Republik täglich um 21 Uhr, „belohnt“.

Doch was ist eigentlich ein Held?

Ein Held (althochdeutsch helido) ist eine Person, die eine Heldentat, also eine besondere, außergewöhnliche Leistung vollbringt. Dabei kann es sich um reale oder fiktive Personen handeln, um historische Gestalten, aber auch Figuren aus Legenden, Märchen und Sagen. Man denke dabei zum Beispiel an Siegfried, den Drachentöter, aus der Nibelungensage. Heroische Fähigkeiten können von körperlicher Art – Kraft, Schnelligkeit, Ausdauer usw. – oder auch geistiger Natur sein – Mut, Aufopferungsbereitschaft, Kampf für Ideale, Tugendhaftigkeit – oder Einsatzbereitschaft für Mitmenschen.

Geklatscht wird nun schon länger nicht mehr. 

Und das obwohl die „stillen Corona-Helden“ weiter machen. Die Kranken- und Altenpflegerinnen und Pfleger kümmern sich weiter unterbezahlt hingebungsvoll um ihre Patienten und Betreuten. Die Paketzusteller kloppen weiter Überstunden, um kontaktlos Pakete und Päckchen auszuliefern. Die Mitarbeiter des Ordnungsamtes gehen weiter vermehrt Streife, um die Einhaltung der Corona-Regelungen zu überprüfen und damit für unser aller Sicherheit zu sorgen. Die Supermarktmitarbeiter im Einzelhandel sorgen tagein, tagaus über acht Stunden mit Maske vor dem Gesicht dafür, dass wir alles bekommen, was wir zum täglichen Leben brauchen. Sie alle sehen sich selbst nicht als Helden, sondern machen einfach ihren Job. Wie haben diese den Corona-Peak erlebt und was hat sie motiviert durchzuhalten und für uns da zu sein? Wir befragten verschiedene Menschen aus Düsseldorf, die sich besonders eingesetzt haben und es immer noch tun. Dazu gehören die drei Mitarbeiter des Ordnungsamtes Düsseldorf Max Biermann, Kristina Schiffer und Sven Czech, der Rewe-Mitarbeiter Arben Ferati, die Krankenschwester Jessica Martinez und Daniel Stumpe von vision:teilen. Sie erzählten uns, was sie in den letzten Wochen und Monaten seit Corona erlebten.

© Alexander Vejnovic, das-fotostudio-duesseldorf.de

„Ich möchte Deutschland etwas
zurückgeben.“

Arben Ferati arbeitet seit elf Jahren in dem Rewe-Markt von
Sandy Krämer an der Rethelstraße im Düsseldorfer Zooviertel. Der aus dem Kosovo stammende Familienvater lebt bereits seit 1995 in Deutschland. Er liebt seine neue Heimat und seinen Job. Die Coronakrise konnte ihn nicht wirklich beunruhigen. „Ich habe den Kosovo-Krieg in meiner Heimat miterlebt und weiß, was wirkliches Leid ist. Im Vergleich mit dem Krieg relativiert sich Corona für mich ein bisschen. Aber ich verstehe auch die Ängste und Sorgen der Menschen im Bezug auf Corona“, sagt Arben Ferati. Seine Erfahrungen im Corona-Alltag sind durchweg positiv. „Die Tage waren zwar lang und ziemlich stressig, ich habe freiwillig länger gearbeitet, damit wir alles schaffen konnten, doch die Kunden waren in der Regel sehr freundlich, viele haben sich bedankt.“ Das 32-köpfige Team von Rewe-Händlerin Sandy Krämer musste sich fast täglich auf neue Gegebenheiten einstellen. Abends kamen neue Vorgaben, morgens mussten diese schon umgesetzt sein – und das auf 850 m2 Verkaufsfläche. „Es war nicht einfach, alles zu organisieren. Teilweise waren die Angaben auch sehr schwammig. Was sind beispielsweise haushaltsübliche Mengen?“, sagt Arben Ferati. „Das wurde nirgends klar definiert. Ich hoffe natürlich, dass wir nie wieder in eine solche Situation kommen, doch wenn, dann müsste alles besser organisiert werden.“ Ferati erzählt, dass die Stimmung unter den Kunden in der Regel sehr gut war. Einige waren jedoch geradezu in einem Kaufrausch. Viele Leute kauften die empfohlenen Produkte von einer Notfallliste, die im Internet kursierte. 

Einkaufen als gäbe es kein Morgen

„Die Menschen kauften im Schnitt mehr als das Doppelte von dem, was sie sonst einkaufen“, sagt Arben Ferati. An Platz eins der Shoppingliste stand wochenlang unangefochten das heißbegehrte Toilettenpapier. „Es war schon skurril, einige Leute haben das Toilettenpapier liebevoll umarmt, als sie es endlich in Händen hatten. Das war ein Bild! Es war zum Teil nicht einfach, den Leuten klarzumachen, warum sie nur ein Paket Toilettenpapier kaufen durften. Manche wollten anderen etwas mitbringen, für meine Oma, für meinen Opa. Aber wir mussten uns leider streng an die Regeln halten.“ Ausraster, Gewalttätigkeit oder ähnliches hat Arben Ferati glücklicherweise in der ganzen Zeit nicht erlebt. „Nach einiger Zeit begann sich dann das Einkaufsverhalten zu normalisieren. Die Menschen merkten, dass es keinen Sinn macht palettenweise Dinge zu kaufen.“ 

Starker Zusammenhalt im Team

Was Arben Ferati besonders begeistert hat, war die Stimmung im Team. „Ich war überrascht, alle waren sehr engagiert und haben einfach weitergearbeitet, als wäre normaler Alltag. Auch wenn wir dabei an unsere Grenzen kamen, hat keiner gesagt, ich kann nicht mehr.“ Bei allem Einsatz hat sich Arben Ferati nie besonders oder sogar als Held gefühlt. „Ich arbeite gern und liebe meinen Job. Dass ich mich jetzt besonders eingesetzt habe, hat mit meiner Geschichte zu tun. Ich wurde in Deutschland aufgenommen und konnte hier ein neues Leben beginnen. Jetzt möchte ich dafür etwas zurückgeben, dass mir Deutschland im Kosovo-Krieg geholfen hat.“ Seiner Heimatstadt Düsseldorf fühlt sich Ferati sehr verbunden. „Uns geht es sehr gut hier. Düsseldorf hat so viele Möglichkeiten, egal, was das Herz begehrt. Das wichtigste ist jedoch eine gute Arbeit zu haben. Und wenn man arbeiten will, findet man hier einen Arbeitsplatz. Deutschland ist meine Heimat geworden. Ich habe zwei Kinder, die sollen hier aufwachsen.“ 

Jessica Martinez, Krankenschwester aus Düsseldorf

„Die Menschen machen die Augen zu vor den Folgen.“

Die Düsseldorfer Krankenschwester Jessica Martinez arbeitet in der Helios Marienklinik in Duisburg Hochfeld. Ursprünglich stammt sie aus Italien, wo auch noch ihre gesamte Familie lebt. Ihre Aufgabe ist es, geheilte Corona-Patientinnen und -Patienten in der Nachsorge und Rehabilitation zu begleiten. Dazu gehören ältere, aber auch jüngere Patientinnen und Patienten, leichte oder auch schwere Verläufe, wie lebensbedrohliche Pneumonien mit künstlicher Beatmung. „Wenn man jetzt denkt, diese Menschen hätten es geschafft, weil sie das Virus überlebt haben, ist das ein Irrglaube. Denn häufig liegt noch ein langer schwerer Weg der Rehabilitation vor ihnen, bis sie auch nur annähernd wieder das körperliche Level vor der Erkrankung erreichen“, weiß Jessica Martinez. „Die Menschen in der Frühreha können teilweise noch nicht einmal aufstehen, so geschwächt sind sie. Sie benötigen sanfte Physiotherapie, Inhalationen bis zu viermal am Tag und regelmäßige Sauerstoffgaben – und das sind teilweise noch nicht einmal die schweren Verläufe. Manche hatten nur eine Lungenentzündung“, erklärt Jessica Martinez. 

„Corona – ist doch keine große Sache“

Besonders aufgeregt habe sie sich darüber, wie Corona klein geredet werde. „Ich habe so viele Verharmlosungen gelesen und gehört, anfangs habe ich noch versucht darüber zu diskutieren, aber die Leute wollen es nicht verstehen, mittlerweile habe ich das aufgegeben, es bringt einfach nichts und kostet zu viel Energie.“ Auch die Verschwörungstheorien findet Jessica Martinez „Quatsch“. „Das Virus kommt aus der Natur und ist nicht von Menschen gemacht“, sagt sie. Sie kritisiert jedoch, dass „viel zu spät reagiert wurde und es in den Krankenhäusern keine Masken gab. Jetzt müssen alle Masken tragen, auch die Patienten bei der Visite und wenn die Schwestern oder Pfleger reinkommen.“ 

Angst um die Familie in Italien

Jessica Martinez ist in der Nähe von Turin aufgewachsen, ihre Familie lebt noch dort. Gerade der Norden Italiens war das Corona-Epizentrum. „Meine Mutter konnte nicht arbeiten, sie haben dort finanzielle Probleme, aber zum Glück ist keiner krank geworden“, sagt Jessica Martinez. „Ich hatte die ganze Zeit furchtbare Angst, dass meiner Familie etwas passieren könnte, während hier die Leute darüber diskutierten, ob es Corona überhaupt gibt. Das ist doch Irrsinn“, findet sie. „In Italien hatten die Leute durch den Shutdown auch große psychologische Probleme. So viele waren Corona-positiv und zu Hause in Quarantäne. Es kam vermehrt zu häuslicher Gewalt. Im weiteren Bekanntenkreis hat sogar ein Mann seine Ex-Frau fast getötet. Zum Glück ist es noch einmal gut ausgegangen.“ 

Ist das Gesundheitssystem mit Schuld?

In Italien habe sie als Krankenschwester keine Arbeit gefunden und sei dann nach Deutschland gekommen. „Es ist gut möglich, dass es in Italien auch aufgrund des maroden Gesundheitssystems zu so vielen Todesfällen gekommen ist. Die Krankenhäuser sind längst nicht so modern wie hier“, erklärt Jessica Martinez. „Hier wurden wir wie Helden gefeiert, doch ich finde, das steht mir nicht zu. Ich mache nur meine Arbeit. In Italien wurden Ärzte und Krankenpfleger teilweise von ihren Nachbarn bedroht, aus Angst vor der Ansteckungsgefahr. Hier ist mir so etwas nie passiert.“ Auf die Frage: ob sie sich für die Zukunft Veränderungen wünscht, erklärt die Krankenschwester: „Ich wünsche mir eine bessere Vorbereitung und eine bessere Kommunikation. Wir sind global und müssen auch global denken. China hat nicht offen kommuniziert. Schon 2005 gab es Pandemie-Pläne, die dann in der Schublade verschwunden sind. Ich hoffe, dass man jetzt aus dieser existenziellen Krise etwas gelernt hat, z. B. genügend Schutzkleidung auf Lager zu haben. Man weiß nie, was in der Zukunft noch passieren kann. Corona sind wir jedenfalls noch nicht los.“

v.l. Max Biermann, Kristina Schiffer und Sven Czech vom Ordnungsamt Düsseldorf (OSD)

„Coronaschutz
ist unsere Aufgabe!“

Ihr Revier ist die Düsseldorfer Altstadt – Max Biermann und Kristina Schiffer vom Ordnungsamt Düsseldorf (OSD) haben die gleiche Schicht. Beide sind noch verhältnismäßig jung beim OSD. Max Biermann hat jedoch in zwei Jahren schon einiges gesehen und miterlebt. Kristina Schiffer ist noch ein echter Rookie, ein Frischling, und erst seit sechs Monaten beim Ordnungsamt. Mit der Coronakrise lernte sie direkt zum Beginn ihrer Laufbahn einen Ausnahmezustand kennen.

Eng verbunden fühlen sich die beiden mit Sven Czech, der mit seinem über 10-jährigen Dienstalter schon ein alter Hase beim OSD ist. Er ist für den Süden zuständig, beginnend mit dem Düsseldorfer Hauptbahnhof bis hin nach Hellerhof. Der OSD ist die zentrale Gefahrenabwehrbehörde der Stadt Düsseldorf. Die OSD-Mitarbeiter überwachen die „Einhaltung des geschriebenen Rechts, Sitte und Moral“, so lautet der Dienstkanon.

Der Ordnungs- und Servicedienst der
Stadt Düsseldorf in Kürze 

Der OSD hat sich in den vergangenen Jahren neben der Polizei zum wichtigsten Bestandteil des ordnungsbehördlichen Gefüges zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung in der Stadt Düsseldorf entwickelt, dafür sind 122 Mitarbeiter im Außendienst tätig. Als „verlängerter Arm“ des Innendienstes erledigt der OSD einzelfallbezogene Aufträge. Er wird in vielen Bereichen sowohl für andere städtische Dienststellen als auch selbstständig aktiv und leistet Vollzugshilfe. In seiner Funktion als Ordnungshüter stehen dem OSD auf der einen Seite im Bedarfsfall auch Befugnisse zu, wie diese von der Polizei angewandt werden dürfen, auf der anderen Seite versehen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihren Dienst aber auch mit einem hohen Maß an Fingerspitzengefühl. Die Düsseldorfer selbst haben manchmal ein gespaltenes Verhältnis zum OSD. Findet man ein Knöllchen an der Windschutzscheibe, ärgert man sich und fühlt sich ungerecht behandelt. Dabei muss eine Ordnungswidrigkeit eben geahndet werden und man ist selbst schuld. Gibt es jedoch Ärger in der Nachbarschaft, wird schnell nach dem Ordnungsamt gerufen.

Die Corona-Schutzverordnung im Fokus

„Zu Anfang lag das Hauptaugenmerk vor allem auf den Spiel- und Bolzplätzen, die nicht mehr betreten werden durften, und der Auflösung von Menschenansammlungen und Gruppen“, sagt Sven Czech. „Ich konnte die Eltern in der Stadt gut verstehen, dass sie weiterhin mit ihren Kindern zum Spielplatz wollten. Dauerhaft mit den Kindern in einer Wohnung zu sein, ist schon schwierig und wo sollten sie denn hin? Dennoch mussten wir ja für die Einhaltung der Corona-Verordnung sorgen. Die meisten Eltern zeigten sich dann auch einsichtig.“ Max Biermann ergänzt: „Hinzu kommt die Überprüfung der Supermärkte und Discounter, ob die Mindestabstände und Hygieneregeln eingehalten werden und nicht zu viele Menschen im Geschäft sind und die Einhaltung der Maskenpflicht.“
Kristina Schiffer fügt hinzu: „Seitdem die Corona-Maßnahmen gelockert worden sind, kontrollieren wir auch die Einhaltung der Schutzvorschriften in der Gastronomie.“ Die Frage, ob es in der „heißen Phase“ vermehrt zu Ausschreitungen oder aggressivem Verhalten, Gewalt, Anspucken o. ä. gekommen sei, wird von allen drei OSD-Mitarbeitern verneint. „Bis auf wenige Ausnahmen waren eigentlich alle ganz friedlich“, meint Sven Czech. „Das liegt aber auch mit daran, dass wir vom OSD immer versuchen zu deeskalieren und zunächst sehr freundlich und immer ruhig auf die Menschen zugehen. Nur im Notfall müssen wir dann etwas mehr durchgreifen.“
So einen Fall erlebte auch Kristina Schiffer, als sie gerade erst zweieinhalb Monate beim OSD war. „An der Treppe in der Altstadt mussten wir immer wieder Menschenansammlungen auflösen. Eines Tages blieb einfach einer sitzen, nachdem schon alle anderen weg waren. Der rastete dann komplett aus.“ 

Keine Angst vor Ansteckung

Alle drei Kollegen berichten, dass die Arbeitsbelastung sehr hoch war. Der OSD bekam seit dem 19.3., also dem Beginn des Shutdowns, über 6.000 Anrufe. Den absoluten Höhepunkt bildete ein Abend, an dem von 18.30 Uhr bis 1.30 Uhr über 77 Einsätze gefahren wurden. Angst sich selbst anzustecken hatten die OSD-Mitarbeiter selten. „Wir haben uns einfach keinen Kopf gemacht“, sagen die drei. „Es ist auch nur ein Kollege an Covid 19 erkrankt. Mittlerweile ist er schon genesen und seit heute wieder im Dienst“, sagt Sven Czech. Die drei sind sich auch darin einig, dass alle Einsätze sehr gut gelaufen sind und es kaum zu negativen Zwischenfällen kam. „Die Menschen waren sehr einsichtig. Ich denke, weil viele auch große Angst vor einer Ansteckung hatten“, sagt Max Biermann. Sven Czech ergänzt. „Momentan wird es ein bisschen schwieriger. Einige Düsseldorfer verstehen die Lockerungen als Rückkehr zur Normalität und halten sich nicht mehr an die Regelungen. Die Einsicht, dass sie noch immer nötig sind, schwindet. Gefühlt ist Corona vorbei.“ Wie geht man dann vor, wenn jemand so uneinsichtig ist? „Ich sehe mich manchmal als Schauspieler. Jede Maßnahme ist ein bisschen wie ein Theaterstück“, sagt Sven Czech. „Man muss die Leute so packen, wie sie sind. Mit manchen muss man wie mit einem kleinen Kind sprechen, bei manchen muss man dominant und durchsetzungsfähig auftreten. Die Kunst ist es zu wissen, wann ich mich wie verhalten muss, um den gewünschten Erfolg zu erzielen und eine Eskalation zur vermeiden.“ Wie stehen die OSD-Mitarbeiter zum Thema „Helden auf Zeit?“ Sven Czech lacht und sagt: „Wir sind immer Helden!“ 

 v.l. Daniel Stumpe und Franziskanerbruder Peter Amendt von vision:teilen

„Ich fühle mich
privilegiert, anderen
helfen zu können.“

Daniel Stumpe ist Mitarbeiter bei vision:teilen, der franziskanischen Initiative gegen Armut und Not e.V., die nicht nur in Düsseldorf, sondern in zehn Ländern auf vier Kontinenten aktiv ist. In unserer Heimatstadt wurde vision:teilen vor allem durch das Engagement für obdachlose Menschen bekannt. So bietet z. B. der „gutenachtbus“ mobile Hilfe für Menschen auf der Straße. Er fährt durch Düsseldorf und versorgt die Menschen am Rande der Gesellschaft mit dem Nötigsten. Mit Hilfe von Spenden richteten vision:teilen und fiftyfifty einen Mercedes-Sprinter als mobiles Ess- und Sprechzimmer ein, der in Notfällen auch für den Personentransport genutzt wird. Der Bus wird ganzjährig eingesetzt und unter der Leitung eines Sozialarbeiters von Ehrenamtlichen begleitet, die die Nöte der Obdachlosen auf der Straße kennen. Mit diesem Hilfsangebot wird den oft ausgegrenzten Mitbürgerinnen und Mitbürgern ein nächtlicher Treffpunkt angeboten, an dem sie willkommen sind und der für sie eine warme Mahlzeit, saubere Kleidung und ein gutes Gespräch bereithält. In Corona-Zeiten keine ganz einfache Aufgabe. „Durch das Kontaktverbot standen unsere Mitarbeiter rechtlich in der Frage, ob sie ihr Engagement weiter fortführen dürften. Wir haben darum gekämpft, die Systemrelevanz zu bekommen, damit wir weiterhin unsere Einsätze fahren konnten. Glücklicherweise haben wir diese dann bekommen“, sagt Daniel Stumpe von vision:teilen. „In dieser akuten Krisenzeit haben wir die Einsatzfahrten erhöht. Wir sind von montags bis freitags und sogar an Samstagen rausgefahren, weil die Menschen unsere Hilfe dringender denn je brauchten.“ An den Haltepunkten in der Düsseldorfer Altstadt und am Hauptbahnhof wurden (und werden natürlich immer noch) bis in die Nacht hinein Lebensmittel, heißer Kaffee und ein warmes Essen, Kleidung, Schlafsäcke, Decken und Hygieneartikel verteilt. „Insgesamt haben wir in der Spitze bis zu 120 Menschen am Abend versorgt. Glücklicherweise hat die Stadt sehr gut reagiert und zusätzliche Schlafplätze für Obdachlose eingerichtet, wie z. B. in zwei Hotels in der Altstadt, in denen die Obdachlosen auch tagsüber bleiben konnten, um von der Straße weg zu sein. So wurde die Situation insgesamt etwas entzerrt. Für die Menschen, die nicht zu den Schlafplätzen wollten, haben wir Isomatten und Zelte ausgegeben.“
Das Projekt „gutenachtbus“ lässt sich nur durch den beharrlichen Einsatz von ehrenamtlichen Helfern „stemmen“, erklärt Daniel Stumpe. Für ihn sind die Ehrenamtler die wahren Helden der Coronakrise. „Die Solidarität ist groß. Obwohl sie die Risiken kannten, haben die meisten weiter gemacht und wo Leute fehlten, weil sie selber zur Risikogruppe gehörten oder ähnliches, sind sofort andere Helfer nachgerückt. So konnten wir unsere Teams immer wieder voll machen“, sagt Daniel Stumpe. „Unsere Ehrenamtler sind bunt gemischt, vom Studenten bis zum Vorstandsvorsitzenden, vom Rentner bis zum Arbeitslosen, da ist alles dabei. Unser besonderer Dank gilt auch den Lebenspartnern, die ihnen den Rücken frei gemacht haben, sich um die Kinder der Mitarbeiter gekümmert haben, damit sie helfen konnten.“
Einmal im Monat gibt es Frauenabende beim „gutenachtbus“, da werden spezielle Utensilien für Frauen auf der Straße verteilt. „Bei Frauen ist Obdachlosigkeit viel versteckter“, sagt Daniel Stumpe. „Die offiziellen Statistiken geben die reele Anzahl kaum wieder. Speziell am Hauptbahnhof haben wir ein großes Thema mit Drogen und Prostitution. Die Frauen hier stammen häufig aus Ostblockländern.“ Ein zusätzliches Thema ist laut Daniel Stumpe die zunehmende häusliche Gewalt. „Das war natürlich auch schon vor Corona ein Thema, doch jetzt nimmt es erhöhte Ausmaße an. Die Frauenhäuser in Düsseldorf sind überfüllt, während es in kleineren Städten und Gemeinden meist gar keine solchen Einrichtungen gibt“, so Daniel Stumpe. 

Daniel Stumpe selbst ist ausgebildeter Grafiker. Vor seinem Engagement für vision:teilen war er im Eventmarketing tätig. „Was ich gelernt habe, kann ich hier voll einbringen und am Ende des Tages weiß ich, wofür ich es tue. Das ist für mich ein absolutes Privileg.“

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