„Aber im echten Leben möchte ich lieber was Anderes machen.“

Rund 1,1 Millionen Schüler:innen haben in diesem Frühjahr und Sommer in Deutschland ihre Schulabschlüsse gemacht, eine von ihnen ist die 18-jährige Natalie Kordon aus Düsseldorf Pempelfort. Auch für sie bedeutete die Corona-Zeit einen tiefen Einschnitt in ihrem Leben. In der Pandemiezeit ihr Abitur zu machen, war eine echte Herausforderung für sie, die sie mit Bravour gemeistert hat. Im Rahmen unseres ZOO:M Designerinnen-Portraits stand Natalie uns als „Model for a day“ zur Verfügung und begeisterte durch ihre Authentizität und Natürlichkeit. Wir befragten sie im Interview zu ihrer persönlichen Sicht der Dinge und wie sie die Pandemiezeit erlebt hat.

© Alexander Vejnovic, das-fotostudio-duesseldorf.de

Was machst du gerade?

Seit dem Abi habe ich relativ viel Freizeit und genieße jetzt ein bisschen die wiedergewonnene Freiheit, fahre in den Urlaub, treffe mich mit Freunden und bin froh, dass das überhaupt wieder möglich ist.

Welche Ziele hast du? Was willst du beruflich machen?

Im Oktober fange ich eine Ausbildung zur Operationstechnischen Assistentin an der Uniklinik Düsseldorf an. 

Was machst du da genau?

Es ist ähnlich wie eine OP-Schwester, wobei der Fokus nicht wie früher auf einer Krankenpfleger-Ausbildung liegt. Ich bin nachher vielmehr die rechte Hand des Chirurgen und assistiere bei der OP selbst, organisiere den ganzen OP-Ablauf. Das heißt ich sorge dafür, dass genug Materialien im OP-Saal sind, dass alle Bestecke bereitgelegt sind usw. damit die OP reibungslos ablaufen kann. 

Wolltest du das schon immer machen?

Ich wusste schon seit einigen Jahren, dass ich auf jeden Fall in den medizinischen Bereich gehen wollte und ich habe mich dann informiert, welche Möglichkeiten an medizinischen Ausbildungen es gibt. Dabei bin ich dann auf diesen Beruf gestoßen. Zum Glück habe ich dann auch direkt den Ausbildungsplatz bekommen.

Wie haben du und deine Freunde und Familie die Corona-Zeit erlebt?

Ganz unterschiedlich. Ich kann zum Glück sagen, dass unsere Familie nicht so stark von Corona betroffen war. In meinem Umfeld sind auch nicht viele, die ich kenne, daran erkrankt und wir sind auch alle schon geimpft. Wir hatten nie das Problem, dass wir Existenzängste haben mussten. Aber bei meinen Freunden sah das zum Teil anders aus, vor allem bei denen, die in der Gastronomie oder im Einzelhandel tätig waren. Da kamen dann finanzielle Sorgen zu der schwierigen Alltagsituation noch hinzu. Dass man sich nicht sieht, war das Schlimmste für alle, dass man nicht mehr die sozialen Kontakte hatte. Und wenn man dann monatelang zu Hause lernt, dann fehlt das natürlich, das Lernen fällt schwer und auch die Bewältigung des Alltags, weil der Bezug zu den Freunden wegfällt. Das kann man auch nicht wirklich ersetzen. Ich habe viele unterschiedliche Erfahrungen gehört, manche haben auch gesagt, dass sie zu Hause viel besser lernen konnten, anderen ist die Decke auf den Kopf gefallen, wieder andere hatten ziemlichen Stress zu Hause. Bei mir persönlich war es im ersten Lockdown noch entspannt. Beim zweiten Lockdown im Winter war es dann doch etwas schwieriger einfach, weil man müde von der Pandemie war. Ich denke, mir ging es sicher noch besser als vielen anderen, dennoch war diese Zeit sehr kräftezehrend und ich bin froh, dass sie jetzt erstmal vorbei ist.

Wie war es unter diesen Voraussetzungen Abi zu machen?

Deutlich schwieriger als ich es mir vorgestellt habe, das kann man auch gar nicht beschönigen. Zunächst war da einfach diese Ungewissheit. Wir wussten ja teilweise nicht, wie es weitergeht, ob wir überhaupt Abitur machen können und wie die Prüfungen dann ablaufen. Dann auch diese kurzfristigen Ansagen und ständigen Änderungen vom Kultusministerium. Heute Präsenzunterricht, Morgen dann wieder Digitalunterricht, das hat einen schon geschlaucht. Man hatte keine richtige Perspektive, weil man nicht wusste, wie es weiter geht. Das Lernen an sich wurde natürlich auch beeinträchtigt. Aber wir hatten vor allem im Lockdown regelmäßige Videokonferenzen, in denen wir Fragen stellen konnten. Von der Schule wurden wir sehr gut vorbereitet. Die Lehrer haben sich sehr viel Mühe gegeben uns zu helfen, damit wir gut durchkommen. Das hat schon Sicherheit gegeben. Ich habe mein Abitur am Humboldt-Gymnasium in Düsseldorf gemacht und bin mit meinem Schnitt relativ zufrieden. Vielleicht kann man manches auf Corona schieben, aber im Großen und Ganzen haben sich die Noten bei mir nicht drastisch verschlechtert. 

Was hast du für Hobbys?

Ich spiele seit über 12 Jahren Konzert-Akkordeon und seit etwas über 5 Jahren auch Mallets, dazu gehören Vibraphon und Marimbaphon. Ich habe bereits an über 20 Wettbewerben und Konzerten teilgenommen. Ansonsten schwimme ich bei der DLRG und bin Juniorausbilderin für die kleineren Kinder. Vor Corona hatte ich damit begonnen meinen Rettungsschwimmer zu machen, mal sehen, wann ich das fortsetzen kann. Daneben beschäftige ich mich gerne auch mit kreativen Dingen, wie Fotografie und Bildbearbeitung oder auch Modellbau.

Wie war es für dich Model zu sein? 

Es war eine ungewöhnliche, aber doch sehr schöne Erfahrung. Denn es war nicht dieses klassische Modeln, was man aus Magazinen usw. kennt. Ich musste jetzt nicht im Studio stehen und irgendwelche Klamotten tragen, die sich selbst nie angezogen hätte und dann wie eine Puppe vor der Leinwand stehen. Im Gegenteil, ich konnte einfach sein, wie ich bin. Die Aufnahmen mit dem Fotografen Alexander Vejnovic sind mitten im Leben entstanden, das hat mir daran besonders gefallen. 

Germanys Next Topmodel wäre also nichts für dich?

Auf keinen Fall. Das ist etwas, was ich grundsätzlich ablehne, weil es überhaupt nicht meine Welt ist. Ich war auch schon als Kind nicht besonders eitel und lege nicht so viel Wert darauf mich zu schminken, Markenklamotten zu tragen oder mich besonders hübsch zu machen. 

Hast du irgendwelche Vorbilder?

Meine Eltern sind große Vorbilder für mich, weil sie mich immer unterstützen und fördern. Generell auch meine Familie, ich bin sehr wohlbehütet aufgewachsen und das prägt natürlich. Ansonsten meine Musiklehrer, die mir nicht nur die Musik, sondern auch einen Zugang zu meinen Gefühlen eröffnet haben. Wenn ich meine Musik spiele, schließe ich die Augen und kann die Musik fühlen. 

Welche Art von Musik liegt dir besonders am Herzen? 

Also auf dem Akkordeon spiele ich vor allem klassische Werke, z. B. aus der Romantik, aber auch aus der Moderne, weil dies auf Wettbewerben gefordert wird. Auf dem Vibraphon, ein Instrument, das im Jazz zu Hause ist, spiele ich fast ausschließlich Jazz. Das ist natürlich etwas ganz anderes und macht mir sehr viel Spaß, weil ich nicht so stark an die Noten gebunden bin und viel improvisieren kann. 

Stichwort Fridays for future – welche Rolle spielt Klimaschutz für dich? 

Klimaschutz spielt eine große Rolle für mich, aber ich distanziere mich von den Demos von Fridays for Future. Ich finde, jeder sollte zunächst bei sich selbst anfangen, bevor man auf Demos geht und später von Mutti mit dem SUV abgeholt wird. Deshalb achte ich eher auf die kleinen Dinge, die ich selbst ändern kann, z. B. auf meinen Strom- und Wasserverbrauch, weniger Müll zu produzieren, nicht so viele Einwegartikel zu verwenden usw. Das ist zwar vielleicht auf den ersten Blick nicht weltbewegend, aber wenn es alle machen, bewirkt es eine Menge.

Alexandra von Hirschfeld

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