Zwischen Gericht und Öffentlichkeit

Wo skandalträchtige Rechtsfälle und Verbrechen am Horizont aufleuchten, ist er der Mann der Stunde: Strafverteidiger Ingo Bott verteidigte beim Love-Parade-Prozess den früheren Planungsdezernenten Jürgen Dressler, beim Cum-Ex-Skandal den Londoner Fondsmanager Henry Gabay. Beim Diesel-Skandal gelang es dem Juristen, seinem Mandanten die Anklagebank zu ersparen.

2023 flog Bott nach Paraguay, um im Fall der Steakhouse-Erbin Christina Block wegen Kindesentführung zu vermitteln. Aktuell steht er als Verteidiger Blocks wieder vor der Richterbank. Doch der mediale Wind hat sich gedreht. Ingo Bott steht jetzt selbst statt seiner Mandantschaft im Mittelpunkt der Berichterstattung. Der Professor für Strafrecht an der Universität Passau und Strafverteidiger Holm Putzke hatte sich daran gestört, dass Bott auf seiner Homepage die Titel Prof. Dr. Dr. führte, ohne zu kennzeichnen, dass es sich bei dem Professorentitel sowie bei einem der beiden Doktortitel um verliehene akademische Ehrentitel einer ausländischen Universität handele. Diese müssen laut Gesetz immer in der Originalform und unter Angabe der verleihenden Institution geführt werden. Das Strafgesetzbuch lässt da im § 132a Strafgesetzbuch (StGB) keine Spielräume. Mittlerweile ermittelt die Staatsanwaltschaft Hamburg gegen Bott wegen des Missbrauchs von Titeln.

Schuldig oder nicht?

Das Interview, das Bott dem ZOO:M Magazin https://zoom-duesseldorf.net/zwei-gerissene-typen-ingo-bott-und-pirlo/ gab, ist kein Fall zur Beanstandung. Wie im Journalismus üblich, heißt er im Artikel einfach Ingo Bott. Und im Info-Kasten zu seiner Person steht: „Seit 2021 ist der Jurist Honorarprofessor für Strafrecht, Strafprozessrecht und Compliance an der Universidad Tecnológica in Lima, der größten Privatuniversität in Peru.“

Was ist also dran am Medienrummel um Bott? Der Anwalt reagierte prompt, nahm alles Zweifelhafte von seiner Website und verfasste eine Stellungnahme, die er auf Facebook veröffentlichte. Jedoch wissen alle, die zum Beispiel schon einmal mit der Verletzung von Urheberrechten zu tun hatten, dass man durch Löschen auf der eigenen Website juristisch nicht aus dem Schneider ist. Denkbar wäre auch, dass Bott die strittigen Titel von der Website genommen hat, um seinen Berufsgenossen kein Futter für eine Abmahnung zu liefern. Anwälte, die am „unteren Ende der Nahrungskette“ sitzen, wittern in solchen Fällen schon fette Abmahn-Beute.

Sollte Bott der Missbrauch von Titeln nachgewiesen werden, wird dieser Verstoß mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder einer Geldstrafe geahndet. Bott wird vermutlich nicht hinter schwedischen Gardinen landen. Wie seine Romanfigur Pirlo weiß er sich zu helfen. Der saß auch schon in Untersuchungshaft, konnte aber seine Unschuld beweisen. Oder Bott nimmt das Ganze als Aufhänger für seinen 6. Pirlo-Roman, diesmal dann wirklich ganz nah dran an der Realität.

Pin It on Pinterest