Wenn Alexander (6) nachmittags aus der Kita kommt, zeigt er seinem Bruder David (9) gerne ein paar Tricks. Die beiden tollen draußen herum, Alexander schlägt Rad und übt Spagat. „Und das, seitdem unsere Kita bei dem Projekt Powerplay mitmacht“, freut sich seine Mutter Inna Bechler. Was Alexander aus der Kita über Bewegung, Ernährung und ökologische Nachhaltigkeit erzählt, hat das ganze Familienleben verändert. Inna Bechler meldet sich gerade in einem Fitnessstudio an und auch ernährungstechnisch stellt sich die Familie um. „Wir sind Fast-Vegetarier geworden, kaufen viel Gemüse und Obst auf dem Markt ein und trennen den Müll ganz genau.“
Die Familie Bechler ist eine von vielen Familien, die am 8. Juni am Abschlussfest des Projektes Powerplay zum Familien-Hub Kiwifalter in Düsseldorf Kalkum gekommen sind. Die Sonne scheint, Kinder toben auf der Wiese, zielen auf die Torwand, springen indoor auf riesigen Matten und Trampolins im Parcours und nehmen mit Feuereifer an einem Quiz mit 40 Stationen teil. Stärken können sich die Powerplayer jederzeit im Foyer des Kiwifalter mit frischem Obst und Gemüse, das viele Hände am Morgen liebevoll geschnipselt haben.
Inna und Michael Bechler mit ihren Söhnen David (9) und Alexander (6)
Fotos: Michael Gstettenbauer
„Wir freuen uns, dass wir neue Ideen in die Familien bringen konnten“, erklärt Angela Fedlmeier, Geschäftsführerin und Inhaberin der Kinderumweltakademie und Projektleiterin Powerplay. Die ehemalige Unternehmerin, die verschiedene Kindertagespflegestätten gegründet und geführt hat, hob im Frühjahr 2023 die Kinderumweltakademie aus der Taufe und setzte sogleich alle Hebel in Bewegung, um Bildung mit nachhaltiger Entwicklung in verschiedenen Projekten in die Tat umzusetzen.
Die Sustainability Managerin initiierte Umweltprojekte in Düsseldorfer Schulen und startete mit Unterstützung der Landeshauptstadt Düsseldorf im Kindergartenjahr 2023/24 das Gemeinschaftsprojekt Powerplay zusammen mit dem gemeinnützigen Verein Klasse in Sport und der VIACTIV-Krankenkasse, wo Christina Tolksdorf für die Krankenkasse die Projektleitung übernahm.
Die Powerplay-Pioniere
20 Kitas konnten im letzten Sommer als Powerplay-Pioniere an den Start gehen, beworben hatten sich weitaus mehr. Das Powerplay-Team besuchte jede Kita, checkte die Räumlichkeiten vor Ort und stellte in Kooperation mit den Mitarbeitenden das Programm zusammen. Die Kitas erhielten Materialien wie Schaumstoffbälle, Jongliertücher, Kinder-Yoga-Karten, ein Modulhandbuch, Fachliteratur und Elternbroschüren. „Und alles, was wir mitbringen, bleibt auch nach dem Projekt da“, erklärt Fedlmeier. Das Herz des Powerplay-Projekts sind die Lernmodule, die so genannten Basis-Powernuggets, welche die Kinder an die Themen Ernährung, Bewegung und ökologische Nachhaltigkeit spielerisch heranführen. Entwickelt wurden diese Konzepte von Mathias Bellinghausen, Professor für Prävention und Gesundheitskompetenz an der HAM – Hochschule für angewandtes Management, der das Projekt wissenschaftlich begleitet. Bellinghausen war im Jahr 2006 Mitgründer des Vereins Klasse in Sport, um der zunehmenden Bewegungsarmut bei Kindern gegenzusteuern. Er hat es geschafft, dass Kinder im Großraum Köln, Hamburg oder Berlin an über 700 Grundschulen und nun auch in Kindergärten aktiver und gesünder werden können.
Der Ansatz von Powerplay geht noch weiter: Neben Bewegung werden Ernährung und ökologische Nachhaltigkeit großgeschrieben. Und so heißen die gemeinsam entwickelten Powernuggets Zucker-Detektiv, Kita-Putz-Munter, Müll-Detektive in Bewegung, Kinderyoga, Fitter als ein Turnschuh und Die gesunde Brotdose. Das Kita-Personal wurde fortgebildet und die Eltern mit ins Boot geholt. „Gesundheitsförderung als Verhaltensprävention und Nachhaltigkeitserziehung funktionieren nur, wenn alle Beteiligten mitmachen“, erklärt Fedlmeier. Dazu gehört z. B. eine Whatsapp-Gruppe für Eltern und Erziehende mit Terminen, Tipps und Impulsen. Ergänzt wird das wöchentliche Kita-Angebot im Powerplay-Projekt durch monatliche themenbezogene Präsenz-Workshops im Aquazoo Löbbecke Museum Düsseldorf für die Kinder und deren Angehörige.
Hier ist Theresa Abeln vor allem der Vortrag eines Kardiologen im Gedächtnis geblieben, während ihr Sohn Jakob (5) und ihre Tochter Carolina (7) den Aquazoo erkundeten. „Für die Kinder ist Powerplay ein tolles Projekt und auch die Erwachsenen bekommen viele Inspirationen“, schwärmt sie – ein Projekt mit Langzeitfolgen, denn Jakob sammelt seitdem überall Müll ein und Theresa Abeln taut regelmäßig ihren Gefrierschrank ab. Auch sportliche Aktivitäten spielen seitdem in der Familie eine größere Rolle.
Powerplay geht in die zweite Runde
Angela Fedlmeier freut sich, dass das Projekt zum neuen Kindergartenjahr 2024/25 mit den nächsten 20 Kitas nach den Sommerferien in die zweite Runde geht. Auch die Krankenkasse VIACTIV wird das Projekt weiterhin unterstützen, nicht ganz ohne „Hintergedanken“, denn die Grundsteine für eine gute Gesundheit im Erwachsenenalter werden im Kindesalter gelegt. „Kinder für ein gesundes, bewusstes und aktives Leben zu begeistern – das ist einfach sinnvoll“, findet Powerplay-Teammitglied Christina Tolksdorf.
v.l. Christina Tolksdorf, Angela Fedlmeier und Prof. Mathias Bellinghausen
Wenn alles gut läuft, könnten nach dem Schneeballprinzip im Laufe der nächsten fünf Jahre 100 Kindertagesstätten in städtischer oder anderer Trägerschaft von dem Projekt profitieren. „Die Erzieherinnen und Erzieher werden in dem Projektjahr so gut von uns geschult und unterstützt, dass Bewegung, Ernährung und ökologische Nachhaltigkeit quasi in die Kindergarten-DNA übergehen“, freut sich die Initiatorin Angela Fedlmeier. Sie steht mit Power-Paula auf dem Polohemd, dem Maskottchen des Projektes, hinter einem Tisch und füllt Urkunden aus. Gerade ist Leo dran, der das Powerplay-Quiz mit höchster Punktzahl gewonnen hat und die Ehrung freudestrahlend entgegennimmt. Danach stürmt er nach draußen auf die Wiese.
Mehr Infos und Aktuelles rund um Powerplay unter: https://powerplay-kita.de
