„DIE GROSSE“  war schon immer groß*

Am Anfang stand ein Investment von 1.300.000 Goldmark. Die
hatten die Künstler des 1898 gegründeten Vereins zur Veranstaltung
von Kunstausstellungen sowie Düsseldorfer Bürger und Wirtschafts-
magnaten durch Zeichnung von Anteilsscheinen für den Bau
des Kunstpalastes aufgebracht. Dieser  sollte nach dem Vorbild des
„Grand Palais“ in Paris entstehen.

1902 war es soweit: Die erste Ausstellung konnte im neu errichteten Kunstpalast an der damaligen Golzheimer Insel am Rhein stattfinden. Sie trug den langen Namen „Industrie- und Gewerbeausstellung für Rheinland, Westfalen und benachbarte Bezirke, verbunden mit einer Deutsch-Nationalen Kunstausstellung“. 

1904 erzielte die „Große Kunst- und Gartenbauausstellung Düsseldorf“ einen so großen Gewinn, dass alle Einlagen an die Künstler und Bürger zurückgezahlt werden konnten. Die Künstlerschaft übergab den schuldenfreien Kunstpalast der Stadt Düsseldorf. Diese räumte im Gegenzug dem Verein ein dauerndes Ausstellungsrecht ein. 

Seit 1906 hießen die Ausstellungen dann „Große Kunstausstellung Düsseldorf“ und fanden meist im Abstand von zwei Jahren statt. August Rodin, Käthe Kollwitz, Max Slevogt, Franz Marc, Paula Modersohn, Wilhelm Lehmbruck, Oskar Kokoschka, Max Ernst, Wassily Kandinsky, Max Beckmann, Lyonel Feininger u. v. a. mehr zeigten ihre Werke in Düsseldorf.

1922 rief das „Junge Rheinland“ die deutsche Künstlerschaft und die deutschen Kunstfreunde zum Boykott der „Großen Kunstausstellung Düsseldorf“ auf. 

1924 beschlagnahmte die Besatzungsmacht in Düsseldorf den Kunstpalast. Die Ausstellung wurde kurzerhand in den Kölner Messepalast verlegt. 

Bis in die 1930-erJahre bleib die Stimmung zwischen der Rheinischen Sezession und dem Verein zur Veranstaltung von Kunstausstellungen unversöhnlich. Wer Mitglied im Verein zur Veranstaltung von Kunstausstellungen war und Mitglied der Rheinischen Sezession werden wollte, verlor laut Satzung seine Mitgliedschaft im ersteren.

Anfang der 1930-er Jahre prozessierte der Verein gegen die Stadt Düsseldorf, um seine Ausstellungsrechte im Kunstpalast durchzusetzen und gewann den Prozess. 

Während des Dritten Reichs stellte der Verein seine Tätigkeit ein. 1947fand in der Kunsthalle Düsseldorf eine „Düsseldorfer Kunstausstellung“ statt. 1951 setzt die Ausstellungstätigkeit im Ehrenhof mit den sogenannten „Winterausstellungen“ wieder ein, die im Nachkriegsdeutschland eine wichtige soziale Funktion hatten. So ging ein Prozentsatz vom Verkaufserlös in die Witwen- und Waisenkasse des „Vereins Düsseldorfer Künstler zur gegenseitigen Unterstützung und Hilfe 1844“, der die „Winterausstellungen“ auch in den Folgejahren organisierte. Bis 1969wurden insgesamt 10.520 Werke der Öffentlichkeit vorgestellt, 2.680 Werke wurden direkt vor Ort erworben. Die „Winterausstellungen“ endeten 1977

Seit 1978 firmiert die Ausstellung unter „Große Kunstausstellung NRW Düsseldorf“ und lag nun wieder in den Händen des Vereins zur Veranstaltung von Kunstausstellungen. Diese finden jährlich im Kunstpalast statt. Während der Zeit des Umbaus zog „DIE GROSSE“ von 1998 bis 2001 in die Messe Düsseldorf. Seit 2002finden die Ausstellungen im Kunstpalast im Ehrenhof statt und seit 2021 auch im NRW-Forum sowie im Außenbereich.

Susan Tuchel

Die Ausstellung läuft seit dem 12. Juni und geht noch bis zum 17. Juli. Für die, die noch nicht da waren. Was erwartet die Besucher in diesem Jahr?

Eine zeitgenössische Ausstellung mit 330 Kunstwerken von 185 Künstlerinnen und Künstlern aus den Bereichen Malerei, Fotografie, Grafik, Bildhauerei, Installation und Video. Zum zweiten Mal wird auch der Außenbereich miteinbezogen mit einer Skulpturenausstellung. Hier zeigt z. B. der Kölner Künstler Ivo Weber auf 18 Einzelplakaten seine Kunstwerke. Die Skulpturen und Outdoor-Kunstwerke bilden eine visuelle Verknüpfung, eine Art verbindende Blickachse zwischen Kunstpalast und NRW-Forum. Und weil die im letzten Jahr so gut ankam, werden wir das wohl jetzt immer so handhaben. 

Spielt das 120-jährige Jubiläum eine Rolle?

Ja, wir zeigen in einer Sonderausstellung historische  Ausstellungskataloge. Die liegen uns durchgehend von 1909 bis 1926 vor, außerdem die Kataloge von 1937 und 1941. Ab 1951 hieß die Ausstellung dann „Winterausstellung“ und ab 1978 „Große Kunstausstellung NRW Düsseldorf“. Die Kataloge sind selbst kleine, grafische Kunstwerke und zeigen zugleich eine 120-jährige Vereinsarbeit. 

Seit letztem Jahr müssen die Künstlerinnen und Künstler
ein Jahr pausieren mit ihrer
Bewerbung, warum?

Weil wir es einfach nicht mehr schaffen der großen Anzahl von Bewerberinnen und Bewerbern gerecht zu werden, obwohl die Jury immer schon im November des Vorjahres startet. Dann läuft nämlich die Bewerbungsfrist. Bei uns kann sich jede Künstlerin und jeder Künstler bewerben, die oder der einen Bezug zu Düsseldorf oder NRW hat. Als ich 2010 als Kurator bei „DIE GROSSE“ anfing, mussten wir aus 400 Bewerbungen auswählen. In diesem Jahr waren es über 900. Das ist ein sehr großer Aufwand für die Jury, die seit meiner Amtszeit im Übrigen unabhängig ist und in der Mehrzahl aus Künstlerinnen und Künstlern besteht. 

Woher kommen die Künstlerinnen und Künstler bei „DIE GROSSE“ in diesem Jahr?

Die meisten kommen aus Düsseldorf, Neuss und Umgebung, aber wir zeigen auch viele Werke von Künstlern aus ganz NRW, Berlin, Hamburg und München. Auch die Städtepartnerschaft Düsseldorfs zu Palermo erreicht „DIE GROSSE“. Zwei Künstler sind aus Palermo dabei, außerdem eine Künstlerin aus Modica/Italien mit palermitanischen Wurzeln, einer aus den Niederlanden und eine aus Wien. Besonders erwähnen möchte ich auch die 22 Künstlerinnen und Künstler aus Köln, wo man leider immer noch sehr zögerlich über die Düsseldorfer Ausstellung in den Medien berichtet (lacht).

Wer sich bewirbt, hat auch die Chance auf den Kunstpreis der Künstler und den Förderpreis. Öffnet das Tür und Tor auf dem Kunstmarkt?

In vielen Fällen sicherlich. Generell ist die Auszeichnung für die Künstler aber sehr wichtig, weil sie eine Wertschätzung ihrer Arbeit ist und weil doch der eine oder die andere wirtschaftlich nicht so gut aufgestellt sind. Deshalb sind die Preise auch jeweils mit 5.000 Euro dotiert. Zudem ist es von großer Bedeutung, dass der Preis von Künstlern und Künstlerinnen an Kollegen und Kolleginnen vergeben wird. 

Seit wann gibt es die Kunstpreise?

Der Kunstpreis der Künstler wird seit 1975 vergeben, der Förderpreis seit 1985. 1977 hat übrigens der Bildhauer Bert Gerresheim den Kunstpreis verliehen bekommen. 

Und in diesem Jahr?

Den Kunstpreis der Künstler hat die Düsseldorfer Künstlerin Norika Nienstedt bekommen. Die war übrigens richtig aus dem Häuschen, als wir sie Anfang des Jahres anriefen und sagte: „Nun arbeite ich seit fast 50 Jahren als Künstlerin, aber das ist mein erster Preis.“ Den Förderpreis erhielt der Düsseldorfer Bildhauer Emil Walde. Beide Künstler waren bei der Eröffnungsveranstaltung mit dabei. Auch das ist neu, dass das Publikum mit den Künstlern ins Gespräch kommen kann. Außerdem bekommen die Preisträger sehr viel Raum für ihre Kunstwerke.

Was reizt die Menschen daran, Kunst im Museum
nicht nur anzuschauen, sondern zu kaufen?

Vielleicht, weil es niedrigschwelliger ist, ein Kunstwerk bei uns zu erstehen als in einer Galerie. Und vielen Menschen gefällt auch die Idee, dass vom Verkaufspreis mehr bei den Künstlern ankommt. Eine gewisse „Sogwirkung“ geht auch von den vielen roten Punkten aus. Da überlegt sich der eine oder die andere, ein zeitgenössisches Kunstwerk zu kaufen, das womöglich im Wert steigt. Das ist ein regelrechter Boom. Ich kann das jetzt nur für meine Zeit als Ausstellungsleiter sagen. Als ich 2010 anfing, haben wir 4.500 Euro durch Privatverkäufe umgesetzt, 2021 war es das 50-fache. Ansonsten kaufen natürlich auch viele Institutionen, Unternehmen wie Banken, Versicherungen und auch die Stadt bei uns ein. 

Seit 1982 gibt es „DAS KLEINE FORMAT“ zum Mitnehmen.
Da ist der Andrang immer besonders groß …

Genau, das ist dann wirklich Kunst für den kleinen Geldbeutel. In diesem Jahr bieten rund 95 Künstlerinnen und Künstler gerahmte Kunstwerke im Erdgeschoss des Kunstpalastes an. Der Mindestpreis liegt bei 250 Euro, der Höchstpreis bei 600 Euro. Die verkauften Bilder werden dann auch direkt abgehängt und durch ein anderes Kunstwerk des Künstlers ersetzt. Sonst würden die Besucher am Ende der Ausstellung vor leeren Wänden stehen. 

12. Juni – 17. Juli 2022 im Kunstpalast 

Ehrenhof 4-5 
40479 Düsseldorf

Dienstag bis Sonntag: 11-18 Uhr
Donnerstag: 11-21 Uhr
Montags geschlossen

Was ist neu in diesem Jahr?

Anlässlich des 120-jährigen Jubiläums vergeben wir zum ersten Mal einen Publikumspreis. Die Besucher der Ausstellung entscheiden mit ihrem Stimmzettel, welcher Künstler oder welche Künstlerin ihnen am besten beim Rundgang gefallen hat. Auch dieser Preis ist mit 5.000 Euro dotiert und zweckgebunden für einen Studien- oder Projektaufenthalt in Paris. Diese Summe konnten wir dann auch nicht mehr aus Bordmitteln aufbringen und ich habe mich auf Sponsorensuche begeben. Übernommen hat das Sponsoring dankenswerterweise der EUREF-Campus Düsseldorf.

Nur abstimmen oder gibt es auch etwas fürs Publikum?

Selbstverständlich. Unter allen Teilnehmern werden drei Editionsarbeiten der Kunstpreisträgerin Norika Nienstedt verlost. 

Und die Besucherzahlen?

Im Corona-Jahr 2021 haben rund 14.000 Menschen „DIE GROSSE“ besucht. Wir gehen davon aus, dass wir diesen Rekord in diesem Jahr knacken werden.

Susan Tuchel

Veranstaltungen während der Ausstellung

Donnerhall NRW-Forum Open Air ab 19.00 Uhr vor dem nrw-Forum

LOBBY BOY am 30. Juni 

Das Berlin-Dortmunder Rockduo LOBBY BOY präsentiert mit „FIEBER“ die erste Single aus dem im November kommenden Debütalbum „Autobahngold“. LOBBY BOY sind ein brodelndes Gemisch aus Berliner Schnauze, versetzt mit Dortmunder Bordsteinromantik. 

JOYMATIC am 7. Juli

Seit ihren Anfängen als „Claywheels“ spielen sie Surf mit unterschiedlichen Einflüssen, von Garage Rock bis Jazz. Wenn Dick Dale auf Heino steht, dann stehen die Beach Boys auf JOYMATIC. Besonders praktisch: Wer rheinabwärts wohnt, kann mit dem Brett nach Hause fahren, denn die Rheinwellen kann man quasi von der Bühne aus hören … 

Brigitte Handley am 14. Juli 

Brigitte Handley ist eine australische Singer-Songwriterin und Gitarristin der Dark Shadows aus Sydney. Brigitte ist bekannt für ihre dunklen, sphärischen Vocals und ihre Solo-Electric-Shows mit atmosphärischen Video-Kunst-Projektionen und Sound Effekten. In Düsseldorf tritt sie als Trio auf mit Bass, Synths und Drum loops.

Sonntagsmatinee von 11.55 Uhr bis 13.00 Uhr im Kunstpalast Saal 2

Back to the Roots mit Taka Kagitomi am 26. Juni

Ein Apfel fällt nicht weit vom Stamm … Der Künstler Taka Kagitomi beschäftigt sich mit Schwingungen. Aktuell mit Ton eines Stammes und eines Holzstuhls.  Ein künstliches hybrides Objekt ist zugleich Musikinstrument geworden … 

Poetry Jam mit Morgaine Prinz und
Björn Klaus am 03. Juli 

Poesie & Jazz mit Poetry-Slammerin
Morgaine Prinz und Jazz-Bassist Björn Klaus. Björn Klaus begleitet seit einem Jahrzehnt verschiedene Bonner Bands und Events, unter anderem die Universitäts-Bigband und den Bonner Poetry Slam „Raus mit der Sprache“. 

Morgaine Prinz ist eine der gefragtesten Slam-Poetinnen des Landes. 2020 wurde sie Trize-Meisterin Rheinland-Pfalz und erreichte 2021 das Finale der NRW-Meisterschaften.

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