„Musik war nie eine Option – sie war immer mein Zuhause“

Sängerin Clara Krum über ihr erstes Soloalbum, Frauen in der Rockmusik und die Kraft, immer weiterzumachen

Der Ratinger Hof war voll, die Stimmung elektrisierend – und live on Stage: Clara Krum. Mit ihrem ersten Soloalbum feierte die Neusser Musikerin, die nun in Düsseldorf lebt, die große Release-Party ihres neuen Solo-Albums. Drei Jahre hat sie an den Songs gearbeitet. „Das war auf ganz vielen Ebenen besonders – mein erstes eigenes Album, mein erstes großes Projekt unter meinem Namen.“

„Musik war immer da“

Dass sie einmal hauptberuflich Musik machen würde, stand für Clara früh fest. „Eigentlich immer“, sagt sie. „Ich habe zwar auf Lehramt studiert – Englisch und Spanisch – aber Musik war nie nur ein Hobby.“

Schon mit vier Jahren sang sie im Kirchenchor, mit sechs folgte die Blockflöte, später Gitarre, Klavier, Gesang und Songwriting. „Ich komme aus einer Musikerfamilie, bei uns spielt jeder etwas. Mein Vater ist Schlagzeuger, meine Mutter war Sängerin, mein Bruder spielt auch Schlagzeug. Musik war einfach immer da.“

Heute spielt sie rund hundert Konzerte im Jahr, unterrichtet Gesang und Gitarre an der Musikschule in Neuss, coacht junge Bands – und ist hauptberufliche Sängerin.

Von Lateinamerika bis zum Rockclub

Einige Songs ihres Albums – etwa Bueonos Aires – sind inspiriert von den Jahren, die sie in Lateinamerika verbracht hat. „Diese Zeit hat mich sehr geprägt“, erzählt sie. In ihren Texten geht es ums Verlieben und Entlieben, um Freiheit, um das Leben unterwegs.

Der Song I Like It handelt dagegen von den Schwierigkeiten als Frau in der Rockmusik – und von sexistischen Vorurteilen. „Ich habe alles erlebt: Mansplaining, blöde Kommentare, ungefragte Belehrungen – bis hin zu Bemerkungen unter der Gürtellinie“, sagt sie. „Frauen sind in der Rockmusik immer noch unterrepräsentiert. Und wenn es kaum weibliche Vorbilder gibt, fehlt vielen Mädchen der Mut, in einer Band zu spielen. Das will ich ändern.“

„Ich will jungen Frauen zeigen, dass Rockmusik auch Frauensache ist. Dass man E-Gitarre spielen und laut sein darf – und dass das verdammt gut sein kann.“

von links nach rechts: David Ucher (Schlagzeug), Alex Könen (Keyboard), Clara Krum (Gesang, Akustikgitarre), Lukas Kaminski (Bass), Amadeus Sektas (Gitarre). Fotos: Hans Krum

„Ich war nie die Coolste – aber ich konnte singen.“

Auf der Bühne steht sie heute mit einer natürlichen Selbstsicherheit, obwohl sie ansonsten eher schüchtern war. „Ich war nie die Super-Beliebte in der Schule. Aber ich hatte die Musik. Das war mein Anker, mein Schutzraum und irgendwann mein Selbstbewusstsein.“

„Social Media kann brutal sein“

Krum sieht die Entwicklung in den sozialen Medien mit gemischten Gefühlen.

„Ich gehöre zu den Glücklichen, die als Teenie noch ohne Social Media aufgewachsen sind. Ich bin ein Kind der 90er Jahre. Heute sehe ich bei meinen Schülerinnen, wie viel Druck das erzeugen kann. Da gibt es oft keine Hemmschwelle mehr, wie man über andere urteilt oder kommentiert. Dieses permanente Bewerten – das kann richtig weh tun.“

Sie selbst nutzt Instagram, Facebook und TikTok ausschließlich beruflich: „Für mich ist das ein Werbewerkzeug. Aber für junge Menschen ist es ein sensibles Thema. Da braucht es Grenzen und Begleitung.“

Elf Songs, ein Leben

Ihr neues Album ist persönlich, ehrlich, kompromisslos.
„Elf Songs erzählen fünf Jahre meines Lebens – mit absoluten Höhen und Tiefen. Es geht darum, immer weiterzumachen, egal was passiert.“

Ein Song – November – entstand in der Nacht einer großen Trennung. „Mehr Herz auf Papier geht nicht“, sagt sie und lacht.

„Ich schreibe diese Songs ganz aus meiner Sicht – und plötzlich werden sie nicht mehr nur meine, sondern auch die Songs anderer Menschen. Das ist das Schönste an Musik: Sie verbindet.“

Besonders bewegend war das Release-Konzert, als Freunde und Familie zum ersten Mal alle Songs hörten. „Für Menschen zu spielen, die mich gut kennen, war fast aufregender als vor Fremden. Weil plötzlich jeder wusste, worüber ich singe.“

„Man muss es einfach machen“

Ihr zweites Release-Konzert steht schon bevor – im Okiedokie, im Rahmen der Lokalrunde, einer Nacht voller Livemusik. Parallel probt sie für neue Songs, geht mit der Punkband Pascow auf Tour und schmiedet neue Pläne.

„Wir sind schon wieder im Proberaum und schreiben fleißig. Es wird verrückte Änderungen geben, die wir aber noch nicht verraten dürfen. Nur so viel: Es bleibt spannend.“

Trotzdem bleibt sie realistisch, was das Musikbusiness angeht:

„Viele Clubs kämpfen ums Überleben, während gleichzeitig Ed Sheeran dreimal die Merkur-Spielarena ausverkauft. Die Lücke zwischen großen und kleinen Konzerten wird immer größer. Deswegen sage ich: Geht zu kleinen Konzerten! Lernt neue Musik kennen. Nur so bleibt die Szene lebendig.“

Und an junge Musiker:innen hat sie eine klare Botschaft:

„Ich habe kein Label, kein Management, keinen Verlag, keine Promo. Ich mache alles allein. Man braucht das alles nicht zwingend – man braucht Leidenschaft. Und Mut.“

„Rock am Ring wäre schön“

Wo sie einmal spielen möchte? „Rock am Ring“, sagt sie ohne zu zögern – und lacht. „Wenn schon, denn schon. Und ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass das unrealistisch ist.“

Einen Plan B gibt es ohnehin nicht.

„Musik war nie eine Option. Sie war immer mein Zuhause.“

 Clara Krums Debütalbum jetzt auf Spotify anhören:

 Live: Zweites Release-Konzert im Okiedokie Hammer Landstraße 5, 41460 Neuss am 25.10.2025 ab 20.30 Uhr im Rahmen der Lokalrunde.

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